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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
nächsten dunkeln Zwischenraum: das Auge bei o sieht also nun den
Spiegel nicht mehr erleuchtet. Steigert man die Geschwindigkeit von
r noch mehr, so kommt wieder ein Punkt, wo der Spiegel gesehen
wird, weil nun das zurückkehrende Licht durch die nächste Oeffnung
des Rades hindurchtritt. Auf diese Weise kann man durch continuir-
liche Steigerung der Geschwindigkeit von r abwechselnd das Licht
zum Verschwinden und zum Wiedererscheinen bringen.

Das Rad, welches Fizeau zu seinen Versuchen benützte, hatte 720 Oeffnun-
gen. Da die dunkeln Zwischenräume von derselben Grösse wie die Oeffnungen waren,
so nahm also jede Oeffnung 1/1440 des Radumfangs ein. Der Raum von g nach s
betrug 8633 Meter. Fizeau fand nun, dass das Licht erstmals zum Verschwinden
kam, wenn das Rad 12,6 Umdrehungen in der Secunde machte. Hiernach beträgt die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts 2.8633 Meter in [Formel 1] Secunde, also
in 1 Secunde 2.8633.12,6.1440 Meter, d. i. ungefähr 42000 Meilen.


130
Fortpflanzungs-
schwindigkeit
in verschiede-
nen Medien.

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes wechselt nach
der Dichtigkeit des Mediums. In dichteren Medien ist sie kleiner.
So beträgt sie im Wasser nur ungefähr 3/4 des oben für die Luft be-
stimmten Werthes. Foucault wies dies durch ein dem Fizeau'-
schen ähnliches Verfahren nach, indem er das Licht, dessen Geschwin-
digkeit gemessen wurde, abwechselnd durch Luft und durch eine
Wassersäule gehen liess. Bei der Betrachtung der Wellenbewegungen
haben wir gesehen, dass die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen
in dichteren Medien abnimmt (§. 41). Der Foucault'sche Versuch
liefert daher eine directe Bestätigung der Undulationstheorie des
Lichtes.

Wären die Voraussetzungen der Emissionshypothese richtig, so müsste das
Licht in dichteren Medien schneller sich fortpflanzen. Der Foucault'sche Versuch
ist also zugleich eine Widerlegung der Emissionshypothese. Die Anordnung dieses

[Abbildung] Fig. 78.
Versuchs ist folgende (Fig. 78).
In ein dunkles Zimmer wird
durch die Oeffnung l eines Fen-
sterladens ein Lichtbüschel ein-
gelassen. Vor der Oeffnung l ist
ein feiner Draht e horizontal aus-
gespannt. Das Licht fällt durch
die schräg gestellte Glasplatte g
und durch die Convexlinse f nach
dem Spiegel s, dessen horizonta-
len Durchschnitt man in der Fig.
in zwei Stellungen a b und c d
sieht. Befindet sich der um seine
verticale Axe drehbare Spiegel in
der Stellung a b, so wird das
Licht nach dem Spiegel m hin

Von dem Lichte.
nächsten dunkeln Zwischenraum: das Auge bei o sieht also nun den
Spiegel nicht mehr erleuchtet. Steigert man die Geschwindigkeit von
r noch mehr, so kommt wieder ein Punkt, wo der Spiegel gesehen
wird, weil nun das zurückkehrende Licht durch die nächste Oeffnung
des Rades hindurchtritt. Auf diese Weise kann man durch continuir-
liche Steigerung der Geschwindigkeit von r abwechselnd das Licht
zum Verschwinden und zum Wiedererscheinen bringen.

Das Rad, welches Fizeau zu seinen Versuchen benützte, hatte 720 Oeffnun-
gen. Da die dunkeln Zwischenräume von derselben Grösse wie die Oeffnungen waren,
so nahm also jede Oeffnung 1/1440 des Radumfangs ein. Der Raum von g nach s
betrug 8633 Meter. Fizeau fand nun, dass das Licht erstmals zum Verschwinden
kam, wenn das Rad 12,6 Umdrehungen in der Secunde machte. Hiernach beträgt die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts 2.8633 Meter in [Formel 1] Secunde, also
in 1 Secunde 2.8633.12,6.1440 Meter, d. i. ungefähr 42000 Meilen.


130
Fortpflanzungs-
schwindigkeit
in verschiede-
nen Medien.

Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes wechselt nach
der Dichtigkeit des Mediums. In dichteren Medien ist sie kleiner.
So beträgt sie im Wasser nur ungefähr ¾ des oben für die Luft be-
stimmten Werthes. Foucault wies dies durch ein dem Fizeau’-
schen ähnliches Verfahren nach, indem er das Licht, dessen Geschwin-
digkeit gemessen wurde, abwechselnd durch Luft und durch eine
Wassersäule gehen liess. Bei der Betrachtung der Wellenbewegungen
haben wir gesehen, dass die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen
in dichteren Medien abnimmt (§. 41). Der Foucault’sche Versuch
liefert daher eine directe Bestätigung der Undulationstheorie des
Lichtes.

Wären die Voraussetzungen der Emissionshypothese richtig, so müsste das
Licht in dichteren Medien schneller sich fortpflanzen. Der Foucault’sche Versuch
ist also zugleich eine Widerlegung der Emissionshypothese. Die Anordnung dieses

[Abbildung] Fig. 78.
Versuchs ist folgende (Fig. 78).
In ein dunkles Zimmer wird
durch die Oeffnung l eines Fen-
sterladens ein Lichtbüschel ein-
gelassen. Vor der Oeffnung l ist
ein feiner Draht e horizontal aus-
gespannt. Das Licht fällt durch
die schräg gestellte Glasplatte g
und durch die Convexlinse f nach
dem Spiegel s, dessen horizonta-
len Durchschnitt man in der Fig.
in zwei Stellungen a b und c d
sieht. Befindet sich der um seine
verticale Axe drehbare Spiegel in
der Stellung a b, so wird das
Licht nach dem Spiegel m hin

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[194/0216] Von dem Lichte. nächsten dunkeln Zwischenraum: das Auge bei o sieht also nun den Spiegel nicht mehr erleuchtet. Steigert man die Geschwindigkeit von r noch mehr, so kommt wieder ein Punkt, wo der Spiegel gesehen wird, weil nun das zurückkehrende Licht durch die nächste Oeffnung des Rades hindurchtritt. Auf diese Weise kann man durch continuir- liche Steigerung der Geschwindigkeit von r abwechselnd das Licht zum Verschwinden und zum Wiedererscheinen bringen. Das Rad, welches Fizeau zu seinen Versuchen benützte, hatte 720 Oeffnun- gen. Da die dunkeln Zwischenräume von derselben Grösse wie die Oeffnungen waren, so nahm also jede Oeffnung 1/1440 des Radumfangs ein. Der Raum von g nach s betrug 8633 Meter. Fizeau fand nun, dass das Licht erstmals zum Verschwinden kam, wenn das Rad 12,6 Umdrehungen in der Secunde machte. Hiernach beträgt die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts 2.8633 Meter in [FORMEL] Secunde, also in 1 Secunde 2.8633.12,6.1440 Meter, d. i. ungefähr 42000 Meilen. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes wechselt nach der Dichtigkeit des Mediums. In dichteren Medien ist sie kleiner. So beträgt sie im Wasser nur ungefähr ¾ des oben für die Luft be- stimmten Werthes. Foucault wies dies durch ein dem Fizeau’- schen ähnliches Verfahren nach, indem er das Licht, dessen Geschwin- digkeit gemessen wurde, abwechselnd durch Luft und durch eine Wassersäule gehen liess. Bei der Betrachtung der Wellenbewegungen haben wir gesehen, dass die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen in dichteren Medien abnimmt (§. 41). Der Foucault’sche Versuch liefert daher eine directe Bestätigung der Undulationstheorie des Lichtes. Wären die Voraussetzungen der Emissionshypothese richtig, so müsste das Licht in dichteren Medien schneller sich fortpflanzen. Der Foucault’sche Versuch ist also zugleich eine Widerlegung der Emissionshypothese. Die Anordnung dieses [Abbildung Fig. 78.] Versuchs ist folgende (Fig. 78). In ein dunkles Zimmer wird durch die Oeffnung l eines Fen- sterladens ein Lichtbüschel ein- gelassen. Vor der Oeffnung l ist ein feiner Draht e horizontal aus- gespannt. Das Licht fällt durch die schräg gestellte Glasplatte g und durch die Convexlinse f nach dem Spiegel s, dessen horizonta- len Durchschnitt man in der Fig. in zwei Stellungen a b und c d sieht. Befindet sich der um seine verticale Axe drehbare Spiegel in der Stellung a b, so wird das Licht nach dem Spiegel m hin

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/216>, abgerufen am 19.04.2024.