Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Schall.
Die in diese Tonleiter eingehenden drei Accorde sind:

der Mollaccord c es g
der Terzsextenaccord c es as
der Quartsextenaccord c f as.

Mit jedem Ton der C-Molltonleiter kann man wieder eine neue
Tonleiter (D-Moll, Es-Moll u. s. w.) beginnen; man könnte so in ähn-
licher Weise zu Tonreihen höherer Ordnung gelangen wie vermittelst
der Duraccorde, man beschränkt sich aber auch hier auf die Tonreihen
erster Ordnung und benützt wieder die zwischen je zwei Tönen der
siebenstufigen Scala eingeschalteten halben Töne für die zwischenlie-
genden Intervalle. Hierdurch wird das ganze Tonsystem auf folgende
12 Töne reducirt:

[Tabelle]

Indem die Musik sich darauf beschränkt, zwischen je zwei gan-
zen Tönen der C-Dur-Tonreihe nur ein zwischenliegendes Tonintervall
aufzunehmen, wird sie genöthigt nicht bloss diese zwischenliegenden
halben Töne, sondern auch die ganzen Töne, die zwischen dem Grund-
ton und seiner Octave vorkommen, nicht in ihrem eigentlichen Schwin-
gungsverhältniss zu belassen, weil sonst zwar einzelne Intervalle sehr
rein, andere dagegen um so unreiner klingen würden. Man opfert
daher lieber in geringem Grade die Reinheit aller Tonintervalle, um
sie wenigstens so viel als möglich in einem gleichen Grad der Rein-
heit zu erhalten. Dies geschieht durch die Stimmung nach gleich-
schwebender Temperatur
. Sie besteht darin, dass man nur den
Octaven eine reine Stimmung giebt, die zwölf innerhalb einer Octave
liegenden Töne aber gleich weit von einander abstehend annimmt,
also das Schwingungsverhältniss zweier auf einander folgender Töne
constant macht. Dieses constante Schwingungsverhältniss, welches
[Formel 1] 2 oder = 1,05986 ist, wird dann als das Intervall eines hal-
ben Tones betrachtet.


114
Die Klangfarbe.
Einfache und
zusammenge-
setzte Schall-
schwingungen.

Während die Tonhöhe von der Anzahl der in einer gegebenen
Zeit regelmässig auf einanderfolgenden Schwingungen abhängt, ist die
Klangfarbe durch die Form der Schwingungen bedingt. Die

[Abbildung] Fig. 64.
Form der Luftwellenzüge, welche in
unserm Ohr die Klangempfindung her-
vorrufen, kann nämlich offenbar bei
einer und derselben Tonhöhe eine äus-
serst verschiedene sein. So entspre-
chen die Wellenzüge A und B (Fig. 64.)
der gleichen Tonhöhe, d. h. in A fol-

Von dem Schall.
Die in diese Tonleiter eingehenden drei Accorde sind:

der Mollaccord c es g
der Terzsextenaccord c es as
der Quartsextenaccord c f as.

Mit jedem Ton der C-Molltonleiter kann man wieder eine neue
Tonleiter (D-Moll, Es-Moll u. s. w.) beginnen; man könnte so in ähn-
licher Weise zu Tonreihen höherer Ordnung gelangen wie vermittelst
der Duraccorde, man beschränkt sich aber auch hier auf die Tonreihen
erster Ordnung und benützt wieder die zwischen je zwei Tönen der
siebenstufigen Scala eingeschalteten halben Töne für die zwischenlie-
genden Intervalle. Hierdurch wird das ganze Tonsystem auf folgende
12 Töne reducirt:

[Tabelle]

Indem die Musik sich darauf beschränkt, zwischen je zwei gan-
zen Tönen der C-Dur-Tonreihe nur ein zwischenliegendes Tonintervall
aufzunehmen, wird sie genöthigt nicht bloss diese zwischenliegenden
halben Töne, sondern auch die ganzen Töne, die zwischen dem Grund-
ton und seiner Octave vorkommen, nicht in ihrem eigentlichen Schwin-
gungsverhältniss zu belassen, weil sonst zwar einzelne Intervalle sehr
rein, andere dagegen um so unreiner klingen würden. Man opfert
daher lieber in geringem Grade die Reinheit aller Tonintervalle, um
sie wenigstens so viel als möglich in einem gleichen Grad der Rein-
heit zu erhalten. Dies geschieht durch die Stimmung nach gleich-
schwebender Temperatur
. Sie besteht darin, dass man nur den
Octaven eine reine Stimmung giebt, die zwölf innerhalb einer Octave
liegenden Töne aber gleich weit von einander abstehend annimmt,
also das Schwingungsverhältniss zweier auf einander folgender Töne
constant macht. Dieses constante Schwingungsverhältniss, welches
[Formel 1] 2 oder = 1,05986 ist, wird dann als das Intervall eines hal-
ben Tones betrachtet.


114
Die Klangfarbe.
Einfache und
zusammenge-
setzte Schall-
schwingungen.

Während die Tonhöhe von der Anzahl der in einer gegebenen
Zeit regelmässig auf einanderfolgenden Schwingungen abhängt, ist die
Klangfarbe durch die Form der Schwingungen bedingt. Die

[Abbildung] Fig. 64.
Form der Luftwellenzüge, welche in
unserm Ohr die Klangempfindung her-
vorrufen, kann nämlich offenbar bei
einer und derselben Tonhöhe eine äus-
serst verschiedene sein. So entspre-
chen die Wellenzüge A und B (Fig. 64.)
der gleichen Tonhöhe, d. h. in A fol-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0186" n="164"/><fw place="top" type="header">Von dem Schall.</fw><lb/>
Die in diese Tonleiter eingehenden drei Accorde sind:</p><lb/>
          <list>
            <item>der Mollaccord c es g</item><lb/>
            <item>der Terzsextenaccord c es as</item><lb/>
            <item>der Quartsextenaccord c f as.</item>
          </list><lb/>
          <p>Mit jedem Ton der C-Molltonleiter kann man wieder eine neue<lb/>
Tonleiter (D-Moll, Es-Moll u. s. w.) beginnen; man könnte so in ähn-<lb/>
licher Weise zu Tonreihen höherer Ordnung gelangen wie vermittelst<lb/>
der Duraccorde, man beschränkt sich aber auch hier auf die Tonreihen<lb/>
erster Ordnung und benützt wieder die zwischen je zwei Tönen der<lb/>
siebenstufigen Scala eingeschalteten halben Töne für die zwischenlie-<lb/>
genden Intervalle. Hierdurch wird das ganze Tonsystem auf folgende<lb/>
12 Töne reducirt:<lb/><table><row><cell/></row></table></p>
          <p>Indem die Musik sich darauf beschränkt, zwischen je zwei gan-<lb/>
zen Tönen der C-Dur-Tonreihe nur <hi rendition="#g">ein</hi> zwischenliegendes Tonintervall<lb/>
aufzunehmen, wird sie genöthigt nicht bloss diese zwischenliegenden<lb/>
halben Töne, sondern auch die ganzen Töne, die zwischen dem Grund-<lb/>
ton und seiner Octave vorkommen, nicht in ihrem eigentlichen Schwin-<lb/>
gungsverhältniss zu belassen, weil sonst zwar einzelne Intervalle sehr<lb/>
rein, andere dagegen um so unreiner klingen würden. Man opfert<lb/>
daher lieber in geringem Grade die Reinheit <hi rendition="#g">aller</hi> Tonintervalle, um<lb/>
sie wenigstens so viel als möglich in einem <hi rendition="#g">gleichen</hi> Grad der Rein-<lb/>
heit zu erhalten. Dies geschieht durch die Stimmung nach <hi rendition="#g">gleich-<lb/>
schwebender Temperatur</hi>. Sie besteht darin, dass man nur den<lb/>
Octaven eine reine Stimmung giebt, die zwölf innerhalb einer Octave<lb/>
liegenden Töne aber gleich weit von einander abstehend annimmt,<lb/>
also das Schwingungsverhältniss zweier auf einander folgender Töne<lb/>
constant macht. Dieses constante Schwingungsverhältniss, welches<lb/><formula/> 2 oder = 1,05986 ist, wird dann als das Intervall eines hal-<lb/>
ben Tones betrachtet.</p><lb/>
          <note place="left">114<lb/>
Die Klangfarbe.<lb/>
Einfache und<lb/>
zusammenge-<lb/>
setzte Schall-<lb/>
schwingungen.</note>
          <p>Während die Tonhöhe von der Anzahl der in einer gegebenen<lb/>
Zeit regelmässig auf einanderfolgenden Schwingungen abhängt, ist die<lb/><hi rendition="#g">Klangfarbe</hi> durch die <hi rendition="#g">Form der Schwingungen</hi> bedingt. Die<lb/><figure><head>Fig. 64.</head></figure><lb/>
Form der Luftwellenzüge, welche in<lb/>
unserm Ohr die Klangempfindung her-<lb/>
vorrufen, kann nämlich offenbar bei<lb/>
einer und derselben Tonhöhe eine äus-<lb/>
serst verschiedene sein. So entspre-<lb/>
chen die Wellenzüge A und B (Fig. 64.)<lb/>
der gleichen Tonhöhe, d. h. in A fol-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[164/0186] Von dem Schall. Die in diese Tonleiter eingehenden drei Accorde sind: der Mollaccord c es g der Terzsextenaccord c es as der Quartsextenaccord c f as. Mit jedem Ton der C-Molltonleiter kann man wieder eine neue Tonleiter (D-Moll, Es-Moll u. s. w.) beginnen; man könnte so in ähn- licher Weise zu Tonreihen höherer Ordnung gelangen wie vermittelst der Duraccorde, man beschränkt sich aber auch hier auf die Tonreihen erster Ordnung und benützt wieder die zwischen je zwei Tönen der siebenstufigen Scala eingeschalteten halben Töne für die zwischenlie- genden Intervalle. Hierdurch wird das ganze Tonsystem auf folgende 12 Töne reducirt: Indem die Musik sich darauf beschränkt, zwischen je zwei gan- zen Tönen der C-Dur-Tonreihe nur ein zwischenliegendes Tonintervall aufzunehmen, wird sie genöthigt nicht bloss diese zwischenliegenden halben Töne, sondern auch die ganzen Töne, die zwischen dem Grund- ton und seiner Octave vorkommen, nicht in ihrem eigentlichen Schwin- gungsverhältniss zu belassen, weil sonst zwar einzelne Intervalle sehr rein, andere dagegen um so unreiner klingen würden. Man opfert daher lieber in geringem Grade die Reinheit aller Tonintervalle, um sie wenigstens so viel als möglich in einem gleichen Grad der Rein- heit zu erhalten. Dies geschieht durch die Stimmung nach gleich- schwebender Temperatur. Sie besteht darin, dass man nur den Octaven eine reine Stimmung giebt, die zwölf innerhalb einer Octave liegenden Töne aber gleich weit von einander abstehend annimmt, also das Schwingungsverhältniss zweier auf einander folgender Töne constant macht. Dieses constante Schwingungsverhältniss, welches [FORMEL] 2 oder = 1,05986 ist, wird dann als das Intervall eines hal- ben Tones betrachtet. Während die Tonhöhe von der Anzahl der in einer gegebenen Zeit regelmässig auf einanderfolgenden Schwingungen abhängt, ist die Klangfarbe durch die Form der Schwingungen bedingt. Die [Abbildung Fig. 64.] Form der Luftwellenzüge, welche in unserm Ohr die Klangempfindung her- vorrufen, kann nämlich offenbar bei einer und derselben Tonhöhe eine äus- serst verschiedene sein. So entspre- chen die Wellenzüge A und B (Fig. 64.) der gleichen Tonhöhe, d. h. in A fol-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/186
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/186>, abgerufen am 23.04.2024.