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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Schall.
quelle den Radius bildet. Da aber die Grösse einer Kugeloberfläche
im Verhältniss des Quadrates ihres Radius wächst, so steht demnach
die Schallintensität selbst im umgekehrten Verhältniss des
Quadrates der Entfernung von der Schallquelle
.


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Reflexion der
Schallwellen.
Das Sprach-
und Hörrohr.

Trifft der in der Luft sich ausbreitende Schall auf ein anderes
Medium, einen festen oder flüssigen Körper, so gelten für seine Re-
flexion und Fortpflanzung dieselben Gesetze wie für die Wellenbewe-
gung überhaupt. Trifft also ein Schallstrahl senkrecht gegen eine
feste Wand, so wird er in derselben Richtung zurückgeworfen, trifft er
in schräger Richtung auf dieselbe, so ist der Winkel, welchen der
einfallende Strahl mit der auf der reflectirenden Fläche errichteten
Normalen, dem Einfallsloth, bildet, gleich dem Winkel, den der re-
flectirte Strahl mit der nämlichen Linie bildet. Befindet sich die re-
flectirende Wand in hinreichender Entfernung von der Schallquelle, so
dass zwischen der Auffassung des directen und des reflectirten Schalls
eine merkliche Zeit liegt, so entsteht das Echo. Befinden sich da-
gegen in kleiner Entfernung von der Schallquelle reflectirende Wände,
so dass die reflectirten Schallstrahlen sich mit den directen vermi-
schen, so wird eine Schallverstärkung hervorgerufen. Die zweck-
mässigste Einrichtung besitzt, um eine solche Verstärkung des Schalls
zu erzielen, das Sprachrohr (Fig. 63). Dasselbe ist ein conisch

[Abbildung] Fig. 63.
geformtes Rohr, der Ort der Schall-
erzeugung befindet sich an der enge-
ren Oeffnung des Conus, also bei a.
In Folge dessen wird der in der Rich-
tung der Axe gehende Schallwellen-
zug a m durch die an den Wandun-
gen reflectirten Schallwellen a b c, a d e u. s. w. verstärkt, da, wie
dies unmittelbar aus der Fig. 63 ersichtlich ist, die sämmtlichen auf
die Wände des Rohrs auffallenden Schallstrahlen, die von dem Punkte
a ausgehen, nach einmaliger Reflexion das Sprachrohr durch die Oeff-
nung verlassen. Wollte man das Sprachrohr umgekehrt benützen, in-
dem man an dem weiteren Ende o den Schall erregte und denselben
durch das engere Ende a ausstrahlen liesse, so würden die auf die
Wandung auffallenden Schallstrahlen grossentheils eine mehrmalige
Reflexion erfahren, wie man z. B. an dem Strahl o n p sieht; durch
solche mehrfache Reflexion müssen aber die Schallwellen geschwächt
werden und endlich ganz erlöschen.

Einen ähnlichen Zweck haben die Schallröhren, die man Schwer-
hörigen zur Benützung giebt. Trotzdem giebt man denselben gewöhn-
lich die umgekehrte Form des Sprachrohrs. Für ein Hörrohr aber, das
bloss zum äussern Anlegen an das Ohr bestimmt ist, würde offenbar

Von dem Schall.
quelle den Radius bildet. Da aber die Grösse einer Kugeloberfläche
im Verhältniss des Quadrates ihres Radius wächst, so steht demnach
die Schallintensität selbst im umgekehrten Verhältniss des
Quadrates der Entfernung von der Schallquelle
.


110
Reflexion der
Schallwellen.
Das Sprach-
und Hörrohr.

Trifft der in der Luft sich ausbreitende Schall auf ein anderes
Medium, einen festen oder flüssigen Körper, so gelten für seine Re-
flexion und Fortpflanzung dieselben Gesetze wie für die Wellenbewe-
gung überhaupt. Trifft also ein Schallstrahl senkrecht gegen eine
feste Wand, so wird er in derselben Richtung zurückgeworfen, trifft er
in schräger Richtung auf dieselbe, so ist der Winkel, welchen der
einfallende Strahl mit der auf der reflectirenden Fläche errichteten
Normalen, dem Einfallsloth, bildet, gleich dem Winkel, den der re-
flectirte Strahl mit der nämlichen Linie bildet. Befindet sich die re-
flectirende Wand in hinreichender Entfernung von der Schallquelle, so
dass zwischen der Auffassung des directen und des reflectirten Schalls
eine merkliche Zeit liegt, so entsteht das Echo. Befinden sich da-
gegen in kleiner Entfernung von der Schallquelle reflectirende Wände,
so dass die reflectirten Schallstrahlen sich mit den directen vermi-
schen, so wird eine Schallverstärkung hervorgerufen. Die zweck-
mässigste Einrichtung besitzt, um eine solche Verstärkung des Schalls
zu erzielen, das Sprachrohr (Fig. 63). Dasselbe ist ein conisch

[Abbildung] Fig. 63.
geformtes Rohr, der Ort der Schall-
erzeugung befindet sich an der enge-
ren Oeffnung des Conus, also bei a.
In Folge dessen wird der in der Rich-
tung der Axe gehende Schallwellen-
zug a m durch die an den Wandun-
gen reflectirten Schallwellen a b c, a d e u. s. w. verstärkt, da, wie
dies unmittelbar aus der Fig. 63 ersichtlich ist, die sämmtlichen auf
die Wände des Rohrs auffallenden Schallstrahlen, die von dem Punkte
a ausgehen, nach einmaliger Reflexion das Sprachrohr durch die Oeff-
nung verlassen. Wollte man das Sprachrohr umgekehrt benützen, in-
dem man an dem weiteren Ende o den Schall erregte und denselben
durch das engere Ende a ausstrahlen liesse, so würden die auf die
Wandung auffallenden Schallstrahlen grossentheils eine mehrmalige
Reflexion erfahren, wie man z. B. an dem Strahl o n p sieht; durch
solche mehrfache Reflexion müssen aber die Schallwellen geschwächt
werden und endlich ganz erlöschen.

Einen ähnlichen Zweck haben die Schallröhren, die man Schwer-
hörigen zur Benützung giebt. Trotzdem giebt man denselben gewöhn-
lich die umgekehrte Form des Sprachrohrs. Für ein Hörrohr aber, das
bloss zum äussern Anlegen an das Ohr bestimmt ist, würde offenbar

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[158/0180] Von dem Schall. quelle den Radius bildet. Da aber die Grösse einer Kugeloberfläche im Verhältniss des Quadrates ihres Radius wächst, so steht demnach die Schallintensität selbst im umgekehrten Verhältniss des Quadrates der Entfernung von der Schallquelle. Trifft der in der Luft sich ausbreitende Schall auf ein anderes Medium, einen festen oder flüssigen Körper, so gelten für seine Re- flexion und Fortpflanzung dieselben Gesetze wie für die Wellenbewe- gung überhaupt. Trifft also ein Schallstrahl senkrecht gegen eine feste Wand, so wird er in derselben Richtung zurückgeworfen, trifft er in schräger Richtung auf dieselbe, so ist der Winkel, welchen der einfallende Strahl mit der auf der reflectirenden Fläche errichteten Normalen, dem Einfallsloth, bildet, gleich dem Winkel, den der re- flectirte Strahl mit der nämlichen Linie bildet. Befindet sich die re- flectirende Wand in hinreichender Entfernung von der Schallquelle, so dass zwischen der Auffassung des directen und des reflectirten Schalls eine merkliche Zeit liegt, so entsteht das Echo. Befinden sich da- gegen in kleiner Entfernung von der Schallquelle reflectirende Wände, so dass die reflectirten Schallstrahlen sich mit den directen vermi- schen, so wird eine Schallverstärkung hervorgerufen. Die zweck- mässigste Einrichtung besitzt, um eine solche Verstärkung des Schalls zu erzielen, das Sprachrohr (Fig. 63). Dasselbe ist ein conisch [Abbildung Fig. 63.] geformtes Rohr, der Ort der Schall- erzeugung befindet sich an der enge- ren Oeffnung des Conus, also bei a. In Folge dessen wird der in der Rich- tung der Axe gehende Schallwellen- zug a m durch die an den Wandun- gen reflectirten Schallwellen a b c, a d e u. s. w. verstärkt, da, wie dies unmittelbar aus der Fig. 63 ersichtlich ist, die sämmtlichen auf die Wände des Rohrs auffallenden Schallstrahlen, die von dem Punkte a ausgehen, nach einmaliger Reflexion das Sprachrohr durch die Oeff- nung verlassen. Wollte man das Sprachrohr umgekehrt benützen, in- dem man an dem weiteren Ende o den Schall erregte und denselben durch das engere Ende a ausstrahlen liesse, so würden die auf die Wandung auffallenden Schallstrahlen grossentheils eine mehrmalige Reflexion erfahren, wie man z. B. an dem Strahl o n p sieht; durch solche mehrfache Reflexion müssen aber die Schallwellen geschwächt werden und endlich ganz erlöschen. Einen ähnlichen Zweck haben die Schallröhren, die man Schwer- hörigen zur Benützung giebt. Trotzdem giebt man denselben gewöhn- lich die umgekehrte Form des Sprachrohrs. Für ein Hörrohr aber, das bloss zum äussern Anlegen an das Ohr bestimmt ist, würde offenbar

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/180>, abgerufen am 25.04.2024.