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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Schwere.
fahren von derselben einen Druck, der dem Gewicht der ganzen über
ihnen befindlichen Luftsäule entspricht. Wenn dieser Druck von allen
Seiten stattfindet, so wird dadurch keine merkliche Wirkung erzeugt,
weil die in entgegengesetzten Richtungen vorhandenen Druckkräfte
gegenseitig sich aufheben. Hält man dagegen von der einen Seite
eines Körpers den Luftdruck ab, so wird das Gleichgewicht gestört,
und der Körper bewegt sich nun in derjenigen Richtung, in welcher
der Druck aufgehoben ist, so lange weiter, bis er einen Widerstand
findet, welcher dem von der entgegengesetzten Seite stattfindenden
Luftdruck das Gleichgewicht hält. Beim Barometer schon findet die-
ses Gesetz seine Anwendung, indem das Quecksilber in der Barome-
terröhre so hoch steigt, bis seine Schwere dem Luftdruck das Gleich-
gewicht hält. Wenn man eine Röhre in eine Flüssigkeit taucht und
am oberen Ende der Röhre saugt, so steigt in dem hierdurch erzeug-
ten luftverdünnten Raum die Flüssigkeit in die Höhe. Verschliesst
man nun rasch, ohne Luft zuzulassen, das obere Röhrenende, so kann
man die Röhre aus der Flüssigkeit herausnehmen, ohne dass etwas
aus ihr ausfliesst, weil oben der Atmosphärendruck vermindert
ist, während er unten in unverminderter Grösse fortbesteht. So wen-
det man das Princip des einseitigen Luftdrucks bei der Pipette und
bei dem Heber an, bei letzterem in Verbindung mit dem Princip der
communicirenden Röhren, denn es kann die Flüssigkeit, nachdem sie
einmal im Heber angesaugt ist, so lange durch denselben ausfliessen,
als seine Ausflussmündung sich tiefer als das Niveau der Flüssigkeit
in dem Gefässe befindet.


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Die Luftpumpe.

Um den Einfluss des aufgehobenen Luftdrucks zu untersuchen,
benützt man die Luftpumpe. Sie besteht im wesentlichen aus einem
Cylinder C (Fig. 58), in welchem der Kolben K vollkommen luftdicht

[Abbildung] Fig. 58.
hin- und her bewegt werden kann, und aus der Röhre R, welche in
der Mitte eines Tellers T mündet. Auf den letzteren kann eine Glas-

Von der Schwere.
fahren von derselben einen Druck, der dem Gewicht der ganzen über
ihnen befindlichen Luftsäule entspricht. Wenn dieser Druck von allen
Seiten stattfindet, so wird dadurch keine merkliche Wirkung erzeugt,
weil die in entgegengesetzten Richtungen vorhandenen Druckkräfte
gegenseitig sich aufheben. Hält man dagegen von der einen Seite
eines Körpers den Luftdruck ab, so wird das Gleichgewicht gestört,
und der Körper bewegt sich nun in derjenigen Richtung, in welcher
der Druck aufgehoben ist, so lange weiter, bis er einen Widerstand
findet, welcher dem von der entgegengesetzten Seite stattfindenden
Luftdruck das Gleichgewicht hält. Beim Barometer schon findet die-
ses Gesetz seine Anwendung, indem das Quecksilber in der Barome-
terröhre so hoch steigt, bis seine Schwere dem Luftdruck das Gleich-
gewicht hält. Wenn man eine Röhre in eine Flüssigkeit taucht und
am oberen Ende der Röhre saugt, so steigt in dem hierdurch erzeug-
ten luftverdünnten Raum die Flüssigkeit in die Höhe. Verschliesst
man nun rasch, ohne Luft zuzulassen, das obere Röhrenende, so kann
man die Röhre aus der Flüssigkeit herausnehmen, ohne dass etwas
aus ihr ausfliesst, weil oben der Atmosphärendruck vermindert
ist, während er unten in unverminderter Grösse fortbesteht. So wen-
det man das Princip des einseitigen Luftdrucks bei der Pipette und
bei dem Heber an, bei letzterem in Verbindung mit dem Princip der
communicirenden Röhren, denn es kann die Flüssigkeit, nachdem sie
einmal im Heber angesaugt ist, so lange durch denselben ausfliessen,
als seine Ausflussmündung sich tiefer als das Niveau der Flüssigkeit
in dem Gefässe befindet.


98
Die Luftpumpe.

Um den Einfluss des aufgehobenen Luftdrucks zu untersuchen,
benützt man die Luftpumpe. Sie besteht im wesentlichen aus einem
Cylinder C (Fig. 58), in welchem der Kolben K vollkommen luftdicht

[Abbildung] Fig. 58.
hin- und her bewegt werden kann, und aus der Röhre R, welche in
der Mitte eines Tellers T mündet. Auf den letzteren kann eine Glas-

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[140/0162] Von der Schwere. fahren von derselben einen Druck, der dem Gewicht der ganzen über ihnen befindlichen Luftsäule entspricht. Wenn dieser Druck von allen Seiten stattfindet, so wird dadurch keine merkliche Wirkung erzeugt, weil die in entgegengesetzten Richtungen vorhandenen Druckkräfte gegenseitig sich aufheben. Hält man dagegen von der einen Seite eines Körpers den Luftdruck ab, so wird das Gleichgewicht gestört, und der Körper bewegt sich nun in derjenigen Richtung, in welcher der Druck aufgehoben ist, so lange weiter, bis er einen Widerstand findet, welcher dem von der entgegengesetzten Seite stattfindenden Luftdruck das Gleichgewicht hält. Beim Barometer schon findet die- ses Gesetz seine Anwendung, indem das Quecksilber in der Barome- terröhre so hoch steigt, bis seine Schwere dem Luftdruck das Gleich- gewicht hält. Wenn man eine Röhre in eine Flüssigkeit taucht und am oberen Ende der Röhre saugt, so steigt in dem hierdurch erzeug- ten luftverdünnten Raum die Flüssigkeit in die Höhe. Verschliesst man nun rasch, ohne Luft zuzulassen, das obere Röhrenende, so kann man die Röhre aus der Flüssigkeit herausnehmen, ohne dass etwas aus ihr ausfliesst, weil oben der Atmosphärendruck vermindert ist, während er unten in unverminderter Grösse fortbesteht. So wen- det man das Princip des einseitigen Luftdrucks bei der Pipette und bei dem Heber an, bei letzterem in Verbindung mit dem Princip der communicirenden Röhren, denn es kann die Flüssigkeit, nachdem sie einmal im Heber angesaugt ist, so lange durch denselben ausfliessen, als seine Ausflussmündung sich tiefer als das Niveau der Flüssigkeit in dem Gefässe befindet. Um den Einfluss des aufgehobenen Luftdrucks zu untersuchen, benützt man die Luftpumpe. Sie besteht im wesentlichen aus einem Cylinder C (Fig. 58), in welchem der Kolben K vollkommen luftdicht [Abbildung Fig. 58.] hin- und her bewegt werden kann, und aus der Röhre R, welche in der Mitte eines Tellers T mündet. Auf den letzteren kann eine Glas-

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/162>, abgerufen am 29.03.2024.