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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Schwere.
Manometer, das zur Messung des absoluten Drucks eines Gases be-
stimmt ist, nennt man ein Barometer. Die häufigste Anwendung findet
das Barometer bekanntlich zur Messung des Drucks der atmosphären
Luft. Man setzt es zu diesem Zweck gewöhnlich aus einem weiteren
offenen Gefäss und aus einem damit communicirenden, oben geschlos-
senen und luftleer gemachten Rohre zusammen. In dem weiteren Ge-
fäss befindet sich Quecksilber, welches durch den Luftdruck in der
luftleeren Röhre bis zu einer der Grösse dieses Drucks entsprechenden
Höhe emporgetrieben wird.

Die Höhe des Quecksilbers in der Barometerröhre beträgt un-
gefähr 760 Millim.: so gross ist also der Druck, welchen die atmos-
phärische Luft an der Erdoberfläche ausübt. Hiernach beträgt der
Druck, der auf der Fläche eines Quadratcentimeters lastet, ungefähr
1,033 Kilogr. Da dieser Druck das Gewicht darstellt, welches die an
dem betreffenden Ort vorhandene Luftsäule besitzt, so nimmt derselbe
ab mit der Erhebung über das Niveau der Meeresfläche, indem hierbei
die Höhe jener Luftsäule sich vermindert. Besässe die Luft bis zur
Grenze der Atmosphäre überall die gleiche Dichtigkeit, so würde die
Barometerhöhe proportional der Erhebungshöhe über die Meeresfläche
abnehmen. Dies würde der Fall sein, wenn die Atmosphäre die Ei-
genschaft tropfbarer Flüssigkeiten hätte, auch durch einen bedeutenden
Druck nur unmerklich comprimirt zu werden. Aber die Luft hat wie
alle Gase kein constantes Volum, sie dehnt sich vermöge ihrer Expan-
sivkraft so weit aus, als der auf ihr lastende Druck es gestattet. Nun
erleidet jede Schichte der Atmosphäre den Druck der ganzen über ihr
stehenden Luftsäule, dieser Druck ist also in den tieferen Luftschichten
grösser als in den höheren, und demnach muss auch die Dichtigkeit
der Luft mit der Erhebung in die Höhe abnehmen. Nach einem ein-
fachen Gesetze, das wir demnächst (in §. 100) kennen lernen werden,
ist die Dichtigkeit jedes Gases direct proportional dem Druck, der
auf ihm lastet. Daraus folgt, dass die Dichtigkeit der Luft mit der
Erhebung über die Erdoberfläche sich vermindert, und es muss sonach
der Luftdruck oder die zu ihrer Messung dienende Quecksilberhöhe
in der Barometerröhre mit der Erhebung über das Niveau der Meeres-
fläche aus dem doppelten Grund sich vermindern, weil die Höhe der
drückenden Luftsäule abnimmt, und weil die Dichtigkeit derselben
geringer wird. Erheben wir uns z. B. um 1 Meter über die Meeres-
fläche, so muss der Luftdruck um so viel abnehmen, als der Druck
der untersten 1 Meter hohen Luftsäule beträgt. Denken wir uns nun,
die Dichtigkeit der Luft bliebe in einer Schichte von je einem Meter
Höhe constant, eine Voraussetzung, die ohne erheblichen Fehler
gemacht werden kann, so wird jener Druck aus dem specifischen
Gewicht der Luft leicht zu finden sein. Dieses ist, wie wir oben ge-
sehen haben, bei 0° im Mittel = 0,00129. Nun ist das specifische

Von der Schwere.
Manometer, das zur Messung des absoluten Drucks eines Gases be-
stimmt ist, nennt man ein Barometer. Die häufigste Anwendung findet
das Barometer bekanntlich zur Messung des Drucks der atmosphären
Luft. Man setzt es zu diesem Zweck gewöhnlich aus einem weiteren
offenen Gefäss und aus einem damit communicirenden, oben geschlos-
senen und luftleer gemachten Rohre zusammen. In dem weiteren Ge-
fäss befindet sich Quecksilber, welches durch den Luftdruck in der
luftleeren Röhre bis zu einer der Grösse dieses Drucks entsprechenden
Höhe emporgetrieben wird.

Die Höhe des Quecksilbers in der Barometerröhre beträgt un-
gefähr 760 Millim.: so gross ist also der Druck, welchen die atmos-
phärische Luft an der Erdoberfläche ausübt. Hiernach beträgt der
Druck, der auf der Fläche eines Quadratcentimeters lastet, ungefähr
1,033 Kilogr. Da dieser Druck das Gewicht darstellt, welches die an
dem betreffenden Ort vorhandene Luftsäule besitzt, so nimmt derselbe
ab mit der Erhebung über das Niveau der Meeresfläche, indem hierbei
die Höhe jener Luftsäule sich vermindert. Besässe die Luft bis zur
Grenze der Atmosphäre überall die gleiche Dichtigkeit, so würde die
Barometerhöhe proportional der Erhebungshöhe über die Meeresfläche
abnehmen. Dies würde der Fall sein, wenn die Atmosphäre die Ei-
genschaft tropfbarer Flüssigkeiten hätte, auch durch einen bedeutenden
Druck nur unmerklich comprimirt zu werden. Aber die Luft hat wie
alle Gase kein constantes Volum, sie dehnt sich vermöge ihrer Expan-
sivkraft so weit aus, als der auf ihr lastende Druck es gestattet. Nun
erleidet jede Schichte der Atmosphäre den Druck der ganzen über ihr
stehenden Luftsäule, dieser Druck ist also in den tieferen Luftschichten
grösser als in den höheren, und demnach muss auch die Dichtigkeit
der Luft mit der Erhebung in die Höhe abnehmen. Nach einem ein-
fachen Gesetze, das wir demnächst (in §. 100) kennen lernen werden,
ist die Dichtigkeit jedes Gases direct proportional dem Druck, der
auf ihm lastet. Daraus folgt, dass die Dichtigkeit der Luft mit der
Erhebung über die Erdoberfläche sich vermindert, und es muss sonach
der Luftdruck oder die zu ihrer Messung dienende Quecksilberhöhe
in der Barometerröhre mit der Erhebung über das Niveau der Meeres-
fläche aus dem doppelten Grund sich vermindern, weil die Höhe der
drückenden Luftsäule abnimmt, und weil die Dichtigkeit derselben
geringer wird. Erheben wir uns z. B. um 1 Meter über die Meeres-
fläche, so muss der Luftdruck um so viel abnehmen, als der Druck
der untersten 1 Meter hohen Luftsäule beträgt. Denken wir uns nun,
die Dichtigkeit der Luft bliebe in einer Schichte von je einem Meter
Höhe constant, eine Voraussetzung, die ohne erheblichen Fehler
gemacht werden kann, so wird jener Druck aus dem specifischen
Gewicht der Luft leicht zu finden sein. Dieses ist, wie wir oben ge-
sehen haben, bei 0° im Mittel = 0,00129. Nun ist das specifische

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[138/0160] Von der Schwere. Manometer, das zur Messung des absoluten Drucks eines Gases be- stimmt ist, nennt man ein Barometer. Die häufigste Anwendung findet das Barometer bekanntlich zur Messung des Drucks der atmosphären Luft. Man setzt es zu diesem Zweck gewöhnlich aus einem weiteren offenen Gefäss und aus einem damit communicirenden, oben geschlos- senen und luftleer gemachten Rohre zusammen. In dem weiteren Ge- fäss befindet sich Quecksilber, welches durch den Luftdruck in der luftleeren Röhre bis zu einer der Grösse dieses Drucks entsprechenden Höhe emporgetrieben wird. Die Höhe des Quecksilbers in der Barometerröhre beträgt un- gefähr 760 Millim.: so gross ist also der Druck, welchen die atmos- phärische Luft an der Erdoberfläche ausübt. Hiernach beträgt der Druck, der auf der Fläche eines Quadratcentimeters lastet, ungefähr 1,033 Kilogr. Da dieser Druck das Gewicht darstellt, welches die an dem betreffenden Ort vorhandene Luftsäule besitzt, so nimmt derselbe ab mit der Erhebung über das Niveau der Meeresfläche, indem hierbei die Höhe jener Luftsäule sich vermindert. Besässe die Luft bis zur Grenze der Atmosphäre überall die gleiche Dichtigkeit, so würde die Barometerhöhe proportional der Erhebungshöhe über die Meeresfläche abnehmen. Dies würde der Fall sein, wenn die Atmosphäre die Ei- genschaft tropfbarer Flüssigkeiten hätte, auch durch einen bedeutenden Druck nur unmerklich comprimirt zu werden. Aber die Luft hat wie alle Gase kein constantes Volum, sie dehnt sich vermöge ihrer Expan- sivkraft so weit aus, als der auf ihr lastende Druck es gestattet. Nun erleidet jede Schichte der Atmosphäre den Druck der ganzen über ihr stehenden Luftsäule, dieser Druck ist also in den tieferen Luftschichten grösser als in den höheren, und demnach muss auch die Dichtigkeit der Luft mit der Erhebung in die Höhe abnehmen. Nach einem ein- fachen Gesetze, das wir demnächst (in §. 100) kennen lernen werden, ist die Dichtigkeit jedes Gases direct proportional dem Druck, der auf ihm lastet. Daraus folgt, dass die Dichtigkeit der Luft mit der Erhebung über die Erdoberfläche sich vermindert, und es muss sonach der Luftdruck oder die zu ihrer Messung dienende Quecksilberhöhe in der Barometerröhre mit der Erhebung über das Niveau der Meeres- fläche aus dem doppelten Grund sich vermindern, weil die Höhe der drückenden Luftsäule abnimmt, und weil die Dichtigkeit derselben geringer wird. Erheben wir uns z. B. um 1 Meter über die Meeres- fläche, so muss der Luftdruck um so viel abnehmen, als der Druck der untersten 1 Meter hohen Luftsäule beträgt. Denken wir uns nun, die Dichtigkeit der Luft bliebe in einer Schichte von je einem Meter Höhe constant, eine Voraussetzung, die ohne erheblichen Fehler gemacht werden kann, so wird jener Druck aus dem specifischen Gewicht der Luft leicht zu finden sein. Dieses ist, wie wir oben ge- sehen haben, bei 0° im Mittel = 0,00129. Nun ist das specifische

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/160>, abgerufen am 25.04.2024.