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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Druck und Gleichgewicht der Flüssigkeiten.

Die Bestimmung des specifischen Gewichts der Flüssigkeiten
mittelst der sogenannten Aräometer stützt sich gleichfalls auf das
Archimedische Princip. Das gewöhnliche Aräometer ist eine auf beiden
Seiten geschlossene Glasröhre, die an ihrem untern Ende zu einer kleinen
mit etwas Quecksilber gefüllten Kugel erweitert ist. Diese Glasröhre
sinkt in einer Flüssigkeit so weit unter, dass der eingetauchte Theil
derselben dem Gewicht der verdrängten Flüssigkeit gleich ist. In
Flüssigkeiten von grösserer Dichte sinkt daher das Aräometer weni-
ger tief ein als in solchen von geringerer Dichte. Gewöhnlich werden
die Aräometer empirisch graduirt, und sie bieten dann ein sehr be-
quemes und schnelles Hülfsmittel zur Bestimmung der specifischen
Gewichte der Flüssigkeiten. Uebrigens können die letzteren auch so
ermittelt werden, dass man ein Gläschen zuerst gefüllt mit Wasser
und dann gefüllt mit der zu untersuchenden Flüssigkeit abwägt; die
letztere Methode ist namentlich wo es auf grössere Genauigkeit an-
kommt vorzuziehen.

Die Bestimmung der specifischen Gewichte der Flüssigkeiten hat in der Medicin
hauptsächlich zu dem Zweck den ungefähren Wassergehalt thierischer Flüssigkeiten, z. B.
der Milch, des Urins, kennen zu lernen Anwendung gefunden. Es genügt in diesen
Fällen meistens die Anwendung des Aräometers. Je höher der dem destillirten Was-
ser entsprechende Nullpunkt des Aräometers über dem Spiegel der Flüssigkeit steht,
um so geringer ist der Wassergehalt derselben. Für die wichtigeren thierischen Flüs-
sigkeiten hat man den Wassergehalt, der den einzelnen specifischen Gewichten ent-
spricht, ein für allemal empirisch zu bestimmen gesucht. Solche Bestimmungen müs-
sen selbstverständlich höchst trügliche sein, da das specifische Gewicht nicht bloss
vom Wassergehalt sondern auch von dem gerade beim Harn und der Milch sehr wech-
selnden Mengenverhältniss der festen Bestandtheile abhängt, und also beim selben
spec. Gewicht der Wassergehalt immer noch ein ziemlich verschiedener sein kann. Ein
Blick auf die von mehreren Chemikern entworfenen Tabellen über die Beziehung
zwischen spec. Gewicht und Wassergehalt einzelner thierischer Flüssigkeiten zeigt
denn auch so beträchtliche Abweichungen, dass man sicherlich besser thut sich des
Aräometers lediglich als eines ungefähren Maasses für den Wassergehalt zu bedienen
und auf den Versuch, nach solchen Tabellen das spec. Gewicht in irgend eine Zahl
für den procentischen Wassergehalt zu übersetzen, lieber verzichtet.

Wo es sich um exactere specifische Gewichtsbestimmungen handelt, ist gleich-
zeitig die Temperatur in Rücksicht zu ziehen, und muss mittelst der bekannten Aus-
dehnung, die das Wasser, der feste Körper und das Glas, in welchem man die
Wägungen vornimmt, erfahren, das Resultat so berechnet werden, dass es für die
Temperatur von 4°C., bei welcher das Wasser seine grösste Dichtigkeit hat, gültig
ist (vergl. Abschn. V, Cap. 1). Endlich kann sogar der Einfluss des Barometerstandes
berücksichtigt werden, indem man den Gewichtsverlust, welchen der betreffende Kör-
per bei seiner Abwägung in der Luft erfährt, in ähnlicher Weise wie den Gewichts-
verlust in Wasser bestimmt. Siehe hierüber §. 94.

Da eine Flüssigkeit auf einen festen Körper, der in sie einge-71
Schwimmende
Körper.

taucht ist, einen der Schwere entgegengesetzten Druck ausübt, wel-

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Druck und Gleichgewicht der Flüssigkeiten.

Die Bestimmung des specifischen Gewichts der Flüssigkeiten
mittelst der sogenannten Aräometer stützt sich gleichfalls auf das
Archimedische Princip. Das gewöhnliche Aräometer ist eine auf beiden
Seiten geschlossene Glasröhre, die an ihrem untern Ende zu einer kleinen
mit etwas Quecksilber gefüllten Kugel erweitert ist. Diese Glasröhre
sinkt in einer Flüssigkeit so weit unter, dass der eingetauchte Theil
derselben dem Gewicht der verdrängten Flüssigkeit gleich ist. In
Flüssigkeiten von grösserer Dichte sinkt daher das Aräometer weni-
ger tief ein als in solchen von geringerer Dichte. Gewöhnlich werden
die Aräometer empirisch graduirt, und sie bieten dann ein sehr be-
quemes und schnelles Hülfsmittel zur Bestimmung der specifischen
Gewichte der Flüssigkeiten. Uebrigens können die letzteren auch so
ermittelt werden, dass man ein Gläschen zuerst gefüllt mit Wasser
und dann gefüllt mit der zu untersuchenden Flüssigkeit abwägt; die
letztere Methode ist namentlich wo es auf grössere Genauigkeit an-
kommt vorzuziehen.

Die Bestimmung der specifischen Gewichte der Flüssigkeiten hat in der Medicin
hauptsächlich zu dem Zweck den ungefähren Wassergehalt thierischer Flüssigkeiten, z. B.
der Milch, des Urins, kennen zu lernen Anwendung gefunden. Es genügt in diesen
Fällen meistens die Anwendung des Aräometers. Je höher der dem destillirten Was-
ser entsprechende Nullpunkt des Aräometers über dem Spiegel der Flüssigkeit steht,
um so geringer ist der Wassergehalt derselben. Für die wichtigeren thierischen Flüs-
sigkeiten hat man den Wassergehalt, der den einzelnen specifischen Gewichten ent-
spricht, ein für allemal empirisch zu bestimmen gesucht. Solche Bestimmungen müs-
sen selbstverständlich höchst trügliche sein, da das specifische Gewicht nicht bloss
vom Wassergehalt sondern auch von dem gerade beim Harn und der Milch sehr wech-
selnden Mengenverhältniss der festen Bestandtheile abhängt, und also beim selben
spec. Gewicht der Wassergehalt immer noch ein ziemlich verschiedener sein kann. Ein
Blick auf die von mehreren Chemikern entworfenen Tabellen über die Beziehung
zwischen spec. Gewicht und Wassergehalt einzelner thierischer Flüssigkeiten zeigt
denn auch so beträchtliche Abweichungen, dass man sicherlich besser thut sich des
Aräometers lediglich als eines ungefähren Maasses für den Wassergehalt zu bedienen
und auf den Versuch, nach solchen Tabellen das spec. Gewicht in irgend eine Zahl
für den procentischen Wassergehalt zu übersetzen, lieber verzichtet.

Wo es sich um exactere specifische Gewichtsbestimmungen handelt, ist gleich-
zeitig die Temperatur in Rücksicht zu ziehen, und muss mittelst der bekannten Aus-
dehnung, die das Wasser, der feste Körper und das Glas, in welchem man die
Wägungen vornimmt, erfahren, das Resultat so berechnet werden, dass es für die
Temperatur von 4°C., bei welcher das Wasser seine grösste Dichtigkeit hat, gültig
ist (vergl. Abschn. V, Cap. 1). Endlich kann sogar der Einfluss des Barometerstandes
berücksichtigt werden, indem man den Gewichtsverlust, welchen der betreffende Kör-
per bei seiner Abwägung in der Luft erfährt, in ähnlicher Weise wie den Gewichts-
verlust in Wasser bestimmt. Siehe hierüber §. 94.

Da eine Flüssigkeit auf einen festen Körper, der in sie einge-71
Schwimmende
Körper.

taucht ist, einen der Schwere entgegengesetzten Druck ausübt, wel-

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[99/0121] Druck und Gleichgewicht der Flüssigkeiten. Die Bestimmung des specifischen Gewichts der Flüssigkeiten mittelst der sogenannten Aräometer stützt sich gleichfalls auf das Archimedische Princip. Das gewöhnliche Aräometer ist eine auf beiden Seiten geschlossene Glasröhre, die an ihrem untern Ende zu einer kleinen mit etwas Quecksilber gefüllten Kugel erweitert ist. Diese Glasröhre sinkt in einer Flüssigkeit so weit unter, dass der eingetauchte Theil derselben dem Gewicht der verdrängten Flüssigkeit gleich ist. In Flüssigkeiten von grösserer Dichte sinkt daher das Aräometer weni- ger tief ein als in solchen von geringerer Dichte. Gewöhnlich werden die Aräometer empirisch graduirt, und sie bieten dann ein sehr be- quemes und schnelles Hülfsmittel zur Bestimmung der specifischen Gewichte der Flüssigkeiten. Uebrigens können die letzteren auch so ermittelt werden, dass man ein Gläschen zuerst gefüllt mit Wasser und dann gefüllt mit der zu untersuchenden Flüssigkeit abwägt; die letztere Methode ist namentlich wo es auf grössere Genauigkeit an- kommt vorzuziehen. Die Bestimmung der specifischen Gewichte der Flüssigkeiten hat in der Medicin hauptsächlich zu dem Zweck den ungefähren Wassergehalt thierischer Flüssigkeiten, z. B. der Milch, des Urins, kennen zu lernen Anwendung gefunden. Es genügt in diesen Fällen meistens die Anwendung des Aräometers. Je höher der dem destillirten Was- ser entsprechende Nullpunkt des Aräometers über dem Spiegel der Flüssigkeit steht, um so geringer ist der Wassergehalt derselben. Für die wichtigeren thierischen Flüs- sigkeiten hat man den Wassergehalt, der den einzelnen specifischen Gewichten ent- spricht, ein für allemal empirisch zu bestimmen gesucht. Solche Bestimmungen müs- sen selbstverständlich höchst trügliche sein, da das specifische Gewicht nicht bloss vom Wassergehalt sondern auch von dem gerade beim Harn und der Milch sehr wech- selnden Mengenverhältniss der festen Bestandtheile abhängt, und also beim selben spec. Gewicht der Wassergehalt immer noch ein ziemlich verschiedener sein kann. Ein Blick auf die von mehreren Chemikern entworfenen Tabellen über die Beziehung zwischen spec. Gewicht und Wassergehalt einzelner thierischer Flüssigkeiten zeigt denn auch so beträchtliche Abweichungen, dass man sicherlich besser thut sich des Aräometers lediglich als eines ungefähren Maasses für den Wassergehalt zu bedienen und auf den Versuch, nach solchen Tabellen das spec. Gewicht in irgend eine Zahl für den procentischen Wassergehalt zu übersetzen, lieber verzichtet. Wo es sich um exactere specifische Gewichtsbestimmungen handelt, ist gleich- zeitig die Temperatur in Rücksicht zu ziehen, und muss mittelst der bekannten Aus- dehnung, die das Wasser, der feste Körper und das Glas, in welchem man die Wägungen vornimmt, erfahren, das Resultat so berechnet werden, dass es für die Temperatur von 4°C., bei welcher das Wasser seine grösste Dichtigkeit hat, gültig ist (vergl. Abschn. V, Cap. 1). Endlich kann sogar der Einfluss des Barometerstandes berücksichtigt werden, indem man den Gewichtsverlust, welchen der betreffende Kör- per bei seiner Abwägung in der Luft erfährt, in ähnlicher Weise wie den Gewichts- verlust in Wasser bestimmt. Siehe hierüber §. 94. Da eine Flüssigkeit auf einen festen Körper, der in sie einge- taucht ist, einen der Schwere entgegengesetzten Druck ausübt, wel- 71 Schwimmende Körper. 7 *

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/121>, abgerufen am 19.04.2024.