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W. S. G. E.: Curieuse und sehr wunderbare Relation, von denen sich neuer Dingen in Servien erzeigenden Blut-Saugern oder Vampyrs. 1732.

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Gewißen, den fidem historicam so zu durch-
löchern, und erkennen die Glaubwürdigkeit der
Erzehlungen. Aber der eine gibt zur Raison
an das unter-irrdische Feuer; der andere die un-
ter-irrdische brausende Winde; der dritte das
Einfallen des Sargs; der vierte die Hyenam:
und ich weiß nicht, was uns hie Juden und
Türcken bald von einer Mauß, bald von einem
Engel, vorschwatzen wollen. Der Herr Au-
ctor
, der vor 4. Jahren de Masticationibus mor-
tuorum
geschrieben, meynt, er habe es bey de-
nen zischenden Schlangen und freßigen Wür-
mern ertappet, die sich sonderlich bey denen fet-
ten und wohl gemästeten ihre Mahlzeit so saff-
tig schmäcken ließen, daß man ihr behagliches
Schmatzen oben auf der Erden höre. Hingegen
finden andere hieran keinen gousto, und wol-
len lieber in die Tieffe fahren, und es den Teu-
fel bezüchtigen. Doch wissen sie nicht recht,
wie sie es auf ihn bringen sollen. Etliche mey-
nen, Satanas mache ein fallaciam acusticam,
so ein leeres Geräusch vor denen Ohren der Le-
bendigen; etliche, es seye zwar ein wahrhaffti-
ges Geräusch, aber nicht von den Todten, son-
dern von dem Teufel im Grabe angerichtet. So
hat D. Lutherus decidirt, wie mans ausführ-
lich lesen kan in Tisch-Reden c. IX. f. 151. und
nach ihm die meisten Theologi. Man sehe

Gewißen, den fidem historicam so zu durch-
loͤchern, und erkennen die Glaubwuͤrdigkeit der
Erzehlungen. Aber der eine gibt zur Raison
an das unter-irrdische Feuer; der andere die un-
ter-irrdische brausende Winde; der dritte das
Einfallen des Sargs; der vierte die Hyenam:
und ich weiß nicht, was uns hie Juden und
Tuͤrcken bald von einer Mauß, bald von einem
Engel, vorschwatzen wollen. Der Herr Au-
ctor
, der vor 4. Jahren de Masticationibus mor-
tuorum
geschrieben, meynt, er habe es bey de-
nen zischenden Schlangen und freßigen Wuͤr-
mern ertappet, die sich sonderlich bey denen fet-
ten und wohl gemaͤsteten ihre Mahlzeit so saff-
tig schmaͤcken ließen, daß man ihr behagliches
Schmatzen oben auf der Erden hoͤre. Hingegen
finden andere hieran keinen gousto, und wol-
len lieber in die Tieffe fahren, und es den Teu-
fel bezuͤchtigen. Doch wissen sie nicht recht,
wie sie es auf ihn bringen sollen. Etliche mey-
nen, Satanas mache ein fallaciam acusticam,
so ein leeres Geraͤusch vor denen Ohren der Le-
bendigen; etliche, es seye zwar ein wahrhaffti-
ges Geraͤusch, aber nicht von den Todten, son-
dern von dem Teufel im Grabe angerichtet. So
hat D. Lutherus decidirt, wie mans ausfuͤhr-
lich lesen kan in Tisch-Reden c. IX. f. 151. und
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[35/0035] Gewißen, den fidem historicam so zu durch- loͤchern, und erkennen die Glaubwuͤrdigkeit der Erzehlungen. Aber der eine gibt zur Raison an das unter-irrdische Feuer; der andere die un- ter-irrdische brausende Winde; der dritte das Einfallen des Sargs; der vierte die Hyenam: und ich weiß nicht, was uns hie Juden und Tuͤrcken bald von einer Mauß, bald von einem Engel, vorschwatzen wollen. Der Herr Au- ctor, der vor 4. Jahren de Masticationibus mor- tuorum geschrieben, meynt, er habe es bey de- nen zischenden Schlangen und freßigen Wuͤr- mern ertappet, die sich sonderlich bey denen fet- ten und wohl gemaͤsteten ihre Mahlzeit so saff- tig schmaͤcken ließen, daß man ihr behagliches Schmatzen oben auf der Erden hoͤre. Hingegen finden andere hieran keinen gousto, und wol- len lieber in die Tieffe fahren, und es den Teu- fel bezuͤchtigen. Doch wissen sie nicht recht, wie sie es auf ihn bringen sollen. Etliche mey- nen, Satanas mache ein fallaciam acusticam, so ein leeres Geraͤusch vor denen Ohren der Le- bendigen; etliche, es seye zwar ein wahrhaffti- ges Geraͤusch, aber nicht von den Todten, son- dern von dem Teufel im Grabe angerichtet. So hat D. Lutherus decidirt, wie mans ausfuͤhr- lich lesen kan in Tisch-Reden c. IX. f. 151. und nach ihm die meisten Theologi. Man sehe

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Zitationshilfe: W. S. G. E.: Curieuse und sehr wunderbare Relation, von denen sich neuer Dingen in Servien erzeigenden Blut-Saugern oder Vampyrs. 1732, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wsge_vampyr_1732/35>, abgerufen am 20.04.2024.