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Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898.

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Die zweispännigen Luxus-Equipagen.
bekannten Sporting-Schriftsteller Nimrod, Harry Hieover, Fried-
rich Hamelmann u. v. a. Meister der Fahrkunst -- empfehlen da-
her auch einstimmig eine vernünftige Anwendung des Aufsatz-
zügels. Der Herzog von Beaufort z. B. schreibt: "Wo ist der
Mann, der mehrere Stunden nacheinander vier kräftige Pferde
halten könnte? Wie richtig es auch sein möge, Rücksicht auf
das Wohlbefinden der Pferde zu nehmen, fordert also die Sorge
für unsere eigene Sicherheit, dass wir uns beim Vierspännig-
fahren des Aufsatzzügels bedienen. Dies ist um so notwendiger,
als ein Pferd, das den Kopf nach Belieben bewegen kann,
jeden Augenblick imstande ist, das Kopfgeschirr an dem Ge-
nossen oder der Deichsel abzustreifen und ein Unglück dann
kaum zu vermeiden sein dürfte." Harry Hieover äussert sich
folgendermassen: "Die Equipage ohne Rucke und Stösse an
einer Menge anderer Wagen vorbei zu lotsen, ist eine Aufgabe,
die den Kutscher auf dem "qui vive" erhält, und soll er dies
leisten können, so müssen auch die Pferde auf den "qui vive"
sein. Das ist's eben, was wir mit dem Aufsatzzügel erreichen
wollen." Altmeister Friedrich Hamelmann hält es ebenfalls
nicht mit den Theoretikern. In seinem vortrefflichen Werkchen
"Die Fahrkunst" kommen nämlich Seite 31 und 32 folgende
Zeilen vor: "Der Aufsatzzügel spielt beim Fahren eine wesent-
liche Rolle. -- -- Ist das Pferd auf seinem Vorderteil schwach
und die hintere Partie stark gebaut, so hat man den Aufsatz-
zügel kräftig wirken zu lassen, damit die eigene Last des
Pferdes dadurch mehr auf das stärkere Hinterteil verlegt werde,
ist es aber auf seinem Hinterteil schwach, so soll so wenig
als möglich aufgesetzt werden; auch ist auf die Bauart des
Halses und des Kopfes hierbei Rücksicht zu nehmen. Ver-
möge des Aufsatzzügels sind wir imstande, das Pferd in ein
natürliches Gleichgewicht zu setzen und in Schwächen und Ge-
brechen zu unterstützen -- -- Ausser den eben besprochenen
Vorteilen, welche das Aufsetzen gewährt, erhöht es auch noch
um ein bedeutendes das Ansehen des Pferdes, welches dadurch

Die zweispännigen Luxus-Equipagen.
bekannten Sporting-Schriftsteller Nimrod, Harry Hieover, Fried-
rich Hamelmann u. v. a. Meister der Fahrkunst — empfehlen da-
her auch einstimmig eine vernünftige Anwendung des Aufsatz-
zügels. Der Herzog von Beaufort z. B. schreibt: „Wo ist der
Mann, der mehrere Stunden nacheinander vier kräftige Pferde
halten könnte? Wie richtig es auch sein möge, Rücksicht auf
das Wohlbefinden der Pferde zu nehmen, fordert also die Sorge
für unsere eigene Sicherheit, dass wir uns beim Vierspännig-
fahren des Aufsatzzügels bedienen. Dies ist um so notwendiger,
als ein Pferd, das den Kopf nach Belieben bewegen kann,
jeden Augenblick imstande ist, das Kopfgeschirr an dem Ge-
nossen oder der Deichsel abzustreifen und ein Unglück dann
kaum zu vermeiden sein dürfte.“ Harry Hieover äussert sich
folgendermassen: „Die Equipage ohne Rucke und Stösse an
einer Menge anderer Wagen vorbei zu lotsen, ist eine Aufgabe,
die den Kutscher auf dem „qui vive“ erhält, und soll er dies
leisten können, so müssen auch die Pferde auf den „qui vive
sein. Das ist’s eben, was wir mit dem Aufsatzzügel erreichen
wollen.“ Altmeister Friedrich Hamelmann hält es ebenfalls
nicht mit den Theoretikern. In seinem vortrefflichen Werkchen
„Die Fahrkunst“ kommen nämlich Seite 31 und 32 folgende
Zeilen vor: „Der Aufsatzzügel spielt beim Fahren eine wesent-
liche Rolle. — — Ist das Pferd auf seinem Vorderteil schwach
und die hintere Partie stark gebaut, so hat man den Aufsatz-
zügel kräftig wirken zu lassen, damit die eigene Last des
Pferdes dadurch mehr auf das stärkere Hinterteil verlegt werde,
ist es aber auf seinem Hinterteil schwach, so soll so wenig
als möglich aufgesetzt werden; auch ist auf die Bauart des
Halses und des Kopfes hierbei Rücksicht zu nehmen. Ver-
möge des Aufsatzzügels sind wir imstande, das Pferd in ein
natürliches Gleichgewicht zu setzen und in Schwächen und Ge-
brechen zu unterstützen — — Ausser den eben besprochenen
Vorteilen, welche das Aufsetzen gewährt, erhöht es auch noch
um ein bedeutendes das Ansehen des Pferdes, welches dadurch

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[84/0098] Die zweispännigen Luxus-Equipagen. bekannten Sporting-Schriftsteller Nimrod, Harry Hieover, Fried- rich Hamelmann u. v. a. Meister der Fahrkunst — empfehlen da- her auch einstimmig eine vernünftige Anwendung des Aufsatz- zügels. Der Herzog von Beaufort z. B. schreibt: „Wo ist der Mann, der mehrere Stunden nacheinander vier kräftige Pferde halten könnte? Wie richtig es auch sein möge, Rücksicht auf das Wohlbefinden der Pferde zu nehmen, fordert also die Sorge für unsere eigene Sicherheit, dass wir uns beim Vierspännig- fahren des Aufsatzzügels bedienen. Dies ist um so notwendiger, als ein Pferd, das den Kopf nach Belieben bewegen kann, jeden Augenblick imstande ist, das Kopfgeschirr an dem Ge- nossen oder der Deichsel abzustreifen und ein Unglück dann kaum zu vermeiden sein dürfte.“ Harry Hieover äussert sich folgendermassen: „Die Equipage ohne Rucke und Stösse an einer Menge anderer Wagen vorbei zu lotsen, ist eine Aufgabe, die den Kutscher auf dem „qui vive“ erhält, und soll er dies leisten können, so müssen auch die Pferde auf den „qui vive“ sein. Das ist’s eben, was wir mit dem Aufsatzzügel erreichen wollen.“ Altmeister Friedrich Hamelmann hält es ebenfalls nicht mit den Theoretikern. In seinem vortrefflichen Werkchen „Die Fahrkunst“ kommen nämlich Seite 31 und 32 folgende Zeilen vor: „Der Aufsatzzügel spielt beim Fahren eine wesent- liche Rolle. — — Ist das Pferd auf seinem Vorderteil schwach und die hintere Partie stark gebaut, so hat man den Aufsatz- zügel kräftig wirken zu lassen, damit die eigene Last des Pferdes dadurch mehr auf das stärkere Hinterteil verlegt werde, ist es aber auf seinem Hinterteil schwach, so soll so wenig als möglich aufgesetzt werden; auch ist auf die Bauart des Halses und des Kopfes hierbei Rücksicht zu nehmen. Ver- möge des Aufsatzzügels sind wir imstande, das Pferd in ein natürliches Gleichgewicht zu setzen und in Schwächen und Ge- brechen zu unterstützen — — Ausser den eben besprochenen Vorteilen, welche das Aufsetzen gewährt, erhöht es auch noch um ein bedeutendes das Ansehen des Pferdes, welches dadurch

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Zitationshilfe: Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wrangel_luxusfuhrwerk_1898/98>, abgerufen am 29.03.2024.