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Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898.

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Die zweispännigen Luxus-Equipagen.
"Torturinstrument" aus der Welt zu schaffen, alles beim alten
geblieben.

Wir sprachen soeben von einem vernünftigen Gebrauch des
Aufsatzzügels. Ein solcher ist allerdings vollkommen ausge-
schlossen, wenn man sich der in Fig. 53 abgebildeten, ver-
schärften Form dieses Zügels bedient. Hier haben wir es näm-
lich mit einer hebenden Kraft zu thun, die doppelt so gross,
als die der Aufsatzzügel älterer Gattung. Der Schmerz, der
dem Pferde dadurch verursacht wird, muss ein sehr intensiver
sein. Jede Bewegung der Nacken- und
Halsmuskeln ist behindert, und sollte
das Pferd einen Fehltritt machen, so
kann von einer Wiedergewinnung des
Gleichgewichtes keine Rede sein. Eine
natürliche Folge hiervon ist, dass das
gemarterte Tier unruhig und wider-
spenstig wird. Man braucht dasselbe
jedoch nur anzusehen, um die Über-
zeugung zu gewinnen, dass die Ursache
dieser Gemütsstimmung nicht Bosheit,
sondern unleidlicher Schmerz ist. Hier-
zu kommt ausserdem noch, dass ein
solcher Aufsatzzügel nicht losgehakt

[Abbildung] Fig. 53.

Zu scharf wirkender
Aufsatzzügel.

werden kann, ohne dass die Trense dem Pferde aus dem Maul
fällt. Das beklagenswerte Tier muss deshalb die Zwangsjacke
auch während längerem Stillstehen oder beim Erklimmen steiler
Anhöhen anbehalten.

Ganz anders aber verhält es sich mit dem Aufsatzzügel der
gewöhnlichen altbewährten Form. Dieser kann sogar unter ge-
wissen Umständen von grossem praktischem Nutzen, ja voll-
kommen unentbehrlich sein.

Erfahrene Fachmänner -- wir nennen nur den Herzog von
Beaufort, Major Dixon, Colonel Hugh Smith Baillie, Lord Al-
gernon St. Maur, Lord William Pitt Lennox, Captain Malet, die

Die zweispännigen Luxus-Equipagen.
„Torturinstrument“ aus der Welt zu schaffen, alles beim alten
geblieben.

Wir sprachen soeben von einem vernünftigen Gebrauch des
Aufsatzzügels. Ein solcher ist allerdings vollkommen ausge-
schlossen, wenn man sich der in Fig. 53 abgebildeten, ver-
schärften Form dieses Zügels bedient. Hier haben wir es näm-
lich mit einer hebenden Kraft zu thun, die doppelt so gross,
als die der Aufsatzzügel älterer Gattung. Der Schmerz, der
dem Pferde dadurch verursacht wird, muss ein sehr intensiver
sein. Jede Bewegung der Nacken- und
Halsmuskeln ist behindert, und sollte
das Pferd einen Fehltritt machen, so
kann von einer Wiedergewinnung des
Gleichgewichtes keine Rede sein. Eine
natürliche Folge hiervon ist, dass das
gemarterte Tier unruhig und wider-
spenstig wird. Man braucht dasselbe
jedoch nur anzusehen, um die Über-
zeugung zu gewinnen, dass die Ursache
dieser Gemütsstimmung nicht Bosheit,
sondern unleidlicher Schmerz ist. Hier-
zu kommt ausserdem noch, dass ein
solcher Aufsatzzügel nicht losgehakt

[Abbildung] Fig. 53.

Zu scharf wirkender
Aufsatzzügel.

werden kann, ohne dass die Trense dem Pferde aus dem Maul
fällt. Das beklagenswerte Tier muss deshalb die Zwangsjacke
auch während längerem Stillstehen oder beim Erklimmen steiler
Anhöhen anbehalten.

Ganz anders aber verhält es sich mit dem Aufsatzzügel der
gewöhnlichen altbewährten Form. Dieser kann sogar unter ge-
wissen Umständen von grossem praktischem Nutzen, ja voll-
kommen unentbehrlich sein.

Erfahrene Fachmänner — wir nennen nur den Herzog von
Beaufort, Major Dixon, Colonel Hugh Smith Baillie, Lord Al-
gernon St. Maur, Lord William Pitt Lennox, Captain Malet, die

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[83/0097] Die zweispännigen Luxus-Equipagen. „Torturinstrument“ aus der Welt zu schaffen, alles beim alten geblieben. Wir sprachen soeben von einem vernünftigen Gebrauch des Aufsatzzügels. Ein solcher ist allerdings vollkommen ausge- schlossen, wenn man sich der in Fig. 53 abgebildeten, ver- schärften Form dieses Zügels bedient. Hier haben wir es näm- lich mit einer hebenden Kraft zu thun, die doppelt so gross, als die der Aufsatzzügel älterer Gattung. Der Schmerz, der dem Pferde dadurch verursacht wird, muss ein sehr intensiver sein. Jede Bewegung der Nacken- und Halsmuskeln ist behindert, und sollte das Pferd einen Fehltritt machen, so kann von einer Wiedergewinnung des Gleichgewichtes keine Rede sein. Eine natürliche Folge hiervon ist, dass das gemarterte Tier unruhig und wider- spenstig wird. Man braucht dasselbe jedoch nur anzusehen, um die Über- zeugung zu gewinnen, dass die Ursache dieser Gemütsstimmung nicht Bosheit, sondern unleidlicher Schmerz ist. Hier- zu kommt ausserdem noch, dass ein solcher Aufsatzzügel nicht losgehakt [Abbildung Fig. 53. Zu scharf wirkender Aufsatzzügel.] werden kann, ohne dass die Trense dem Pferde aus dem Maul fällt. Das beklagenswerte Tier muss deshalb die Zwangsjacke auch während längerem Stillstehen oder beim Erklimmen steiler Anhöhen anbehalten. Ganz anders aber verhält es sich mit dem Aufsatzzügel der gewöhnlichen altbewährten Form. Dieser kann sogar unter ge- wissen Umständen von grossem praktischem Nutzen, ja voll- kommen unentbehrlich sein. Erfahrene Fachmänner — wir nennen nur den Herzog von Beaufort, Major Dixon, Colonel Hugh Smith Baillie, Lord Al- gernon St. Maur, Lord William Pitt Lennox, Captain Malet, die

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Zitationshilfe: Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wrangel_luxusfuhrwerk_1898/97>, abgerufen am 28.03.2024.