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Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898.

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Praktische Winke.
die Sonnenstrahlen sind, wie jede Hausmutter bestätigen kann,
der Ruin aller lackierten Holzsachen. Eigentümlicherweise ist
die Frühjahrssonne am meisten zu fürchten.

Nachdem der Wagen auf einen passenden Platz gebracht
worden, werden alle Kissen und Teppiche herausgenommen, das
Verdeck aufgeschlagen -- oder wenn es ein gedeckter Wagen
sein sollte, die Fenster heraufgezogen -- und ein Ortscheit
unter die Deichsel gestellt.

Es handelt sich nun zunächst darum, den am Wagen haf-
tenden Kot aufzuweichen. Am zweckmässigsten verwendet
man hiezu eine kleine Gartenspritze oder in Ermangelung einer
solchen eine gewöhnliche Giesskanne. Der Erfolg dieser Arbeit
ist an die Bedingung geknüpft, dass nicht mit dem Wasser ge-
spart wird. Je mehr Wasser, desto schneller und gründlicher die
Reinigung. Regenwasser ist der Lackierung am zuträglichsten.

Um beim Abspülen nicht jene Teile zu beschmutzen, die
bereits gereinigt worden, ist es unerlässlich, dieses in einer ge-
wissen Reihenfolge vorzunehmen. Zuerst kommt das Verdeck an
die Reihe, dann der Kasten, darauf das Untergestell und zuletzt
die Räder. Zum Abschwammen des Verdecks und des Kastens
benötigt der Kutscher einen sehr grossen Schwamm. Noch nicht
gebrauchte Schwämme müssen erst in reinem Wasser sorgfältig
von den vielen Steinchen und Muschelsplittern befreit werden, die
ihnen anzuhaften pflegen. Unterlässt der Kutscher dies und nimmt
er einen neuen Schwamm ohne weiteres in Gebrauch, so kann
es ihm passieren, dass er mit einem einzigen Strich eine tiefe
Schramme in der glänzenden Lackierung seines Wagens hervorruft.

In vielen Ställen wird eine sog. Wagenbürste zum Reinigen
des Kastens und der Räder verwendet. Dies ist jedoch nie zu
gestatten, sondern stets nur ein Schwamm und Putzleder zu
diesem Zwecke gebrauchen zu lassen. Denn erstens wirkt die
Bürste mit den in ihren Borsten angesammelten Schmutzpar-
tikelchen wie Sandpapier auf die Lackierung und zweitens wird
der mit der Bürste hantierende Kutscher auch bei der grössten

Praktische Winke.
die Sonnenstrahlen sind, wie jede Hausmutter bestätigen kann,
der Ruin aller lackierten Holzsachen. Eigentümlicherweise ist
die Frühjahrssonne am meisten zu fürchten.

Nachdem der Wagen auf einen passenden Platz gebracht
worden, werden alle Kissen und Teppiche herausgenommen, das
Verdeck aufgeschlagen — oder wenn es ein gedeckter Wagen
sein sollte, die Fenster heraufgezogen — und ein Ortscheit
unter die Deichsel gestellt.

Es handelt sich nun zunächst darum, den am Wagen haf-
tenden Kot aufzuweichen. Am zweckmässigsten verwendet
man hiezu eine kleine Gartenspritze oder in Ermangelung einer
solchen eine gewöhnliche Giesskanne. Der Erfolg dieser Arbeit
ist an die Bedingung geknüpft, dass nicht mit dem Wasser ge-
spart wird. Je mehr Wasser, desto schneller und gründlicher die
Reinigung. Regenwasser ist der Lackierung am zuträglichsten.

Um beim Abspülen nicht jene Teile zu beschmutzen, die
bereits gereinigt worden, ist es unerlässlich, dieses in einer ge-
wissen Reihenfolge vorzunehmen. Zuerst kommt das Verdeck an
die Reihe, dann der Kasten, darauf das Untergestell und zuletzt
die Räder. Zum Abschwammen des Verdecks und des Kastens
benötigt der Kutscher einen sehr grossen Schwamm. Noch nicht
gebrauchte Schwämme müssen erst in reinem Wasser sorgfältig
von den vielen Steinchen und Muschelsplittern befreit werden, die
ihnen anzuhaften pflegen. Unterlässt der Kutscher dies und nimmt
er einen neuen Schwamm ohne weiteres in Gebrauch, so kann
es ihm passieren, dass er mit einem einzigen Strich eine tiefe
Schramme in der glänzenden Lackierung seines Wagens hervorruft.

In vielen Ställen wird eine sog. Wagenbürste zum Reinigen
des Kastens und der Räder verwendet. Dies ist jedoch nie zu
gestatten, sondern stets nur ein Schwamm und Putzleder zu
diesem Zwecke gebrauchen zu lassen. Denn erstens wirkt die
Bürste mit den in ihren Borsten angesammelten Schmutzpar-
tikelchen wie Sandpapier auf die Lackierung und zweitens wird
der mit der Bürste hantierende Kutscher auch bei der grössten

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[165/0179] Praktische Winke. die Sonnenstrahlen sind, wie jede Hausmutter bestätigen kann, der Ruin aller lackierten Holzsachen. Eigentümlicherweise ist die Frühjahrssonne am meisten zu fürchten. Nachdem der Wagen auf einen passenden Platz gebracht worden, werden alle Kissen und Teppiche herausgenommen, das Verdeck aufgeschlagen — oder wenn es ein gedeckter Wagen sein sollte, die Fenster heraufgezogen — und ein Ortscheit unter die Deichsel gestellt. Es handelt sich nun zunächst darum, den am Wagen haf- tenden Kot aufzuweichen. Am zweckmässigsten verwendet man hiezu eine kleine Gartenspritze oder in Ermangelung einer solchen eine gewöhnliche Giesskanne. Der Erfolg dieser Arbeit ist an die Bedingung geknüpft, dass nicht mit dem Wasser ge- spart wird. Je mehr Wasser, desto schneller und gründlicher die Reinigung. Regenwasser ist der Lackierung am zuträglichsten. Um beim Abspülen nicht jene Teile zu beschmutzen, die bereits gereinigt worden, ist es unerlässlich, dieses in einer ge- wissen Reihenfolge vorzunehmen. Zuerst kommt das Verdeck an die Reihe, dann der Kasten, darauf das Untergestell und zuletzt die Räder. Zum Abschwammen des Verdecks und des Kastens benötigt der Kutscher einen sehr grossen Schwamm. Noch nicht gebrauchte Schwämme müssen erst in reinem Wasser sorgfältig von den vielen Steinchen und Muschelsplittern befreit werden, die ihnen anzuhaften pflegen. Unterlässt der Kutscher dies und nimmt er einen neuen Schwamm ohne weiteres in Gebrauch, so kann es ihm passieren, dass er mit einem einzigen Strich eine tiefe Schramme in der glänzenden Lackierung seines Wagens hervorruft. In vielen Ställen wird eine sog. Wagenbürste zum Reinigen des Kastens und der Räder verwendet. Dies ist jedoch nie zu gestatten, sondern stets nur ein Schwamm und Putzleder zu diesem Zwecke gebrauchen zu lassen. Denn erstens wirkt die Bürste mit den in ihren Borsten angesammelten Schmutzpar- tikelchen wie Sandpapier auf die Lackierung und zweitens wird der mit der Bürste hantierende Kutscher auch bei der grössten

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Zitationshilfe: Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wrangel_luxusfuhrwerk_1898/179>, abgerufen am 29.03.2024.