Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Th. 1. H. Vom Unterschied menschl. Handl.
und äus-
sere, freye
und noth-
wendige.
würcklich werden; äußete Handlungen
aber sind diejenigen, welche durch die Be-
wegung der Theile unsers Körpers die Würck-
lichkeit erhalten. Es sind aber dieselben
entweder freye Handlungen, welche auf
einige Weise von dem freyen Willen ab-
hängen; oder natürliche (nothwendige),
welche von demselben nicht abhängen, sondern
durch das Wesen und die Natur der Seele
und des Körpers bestimmt werden. Daher
ist klar, daß es keine äußere freye
Handlungen giebt, ohne daß innere
dabey sind, mit welchen sie zusam-
menhängen.

§. 2.
Eine po-
sitive
oder be-
gangene
und pri-
vative
oder un-
terlassene
Hand-
lung.

Es ist überdem eine Handlung entwe-
der positiv, eine auszuübende (actio positi-
va),
wenn sie in der That ausgeübet wird;
oder privativ, eine zu unterlaßende (actio
privativa),
welche in der Unterlaßung einer
Handlung besteht, welche gethan werden
konnte. Eine positive freye Handlung heist
eine Begehungs-That (factum com-
missionis)
. Eine privative, oder verneinen-
de freye Handlung, heist eine Unterlas-
sungs-That
(factum omissionis). Diese
pflegt man auch schlechtweg die That (fa-
ctum),
jene die Unterlassung (non fa-
ctum)
zu nennen. Oft versteht man
auch, nach Beschaffenheit der Sache,

von

I. Th. 1. H. Vom Unterſchied menſchl. Handl.
und aͤuſ-
ſere, freye
und noth-
wendige.
wuͤrcklich werden; aͤußete Handlungen
aber ſind diejenigen, welche durch die Be-
wegung der Theile unſers Koͤrpers die Wuͤrck-
lichkeit erhalten. Es ſind aber dieſelben
entweder freye Handlungen, welche auf
einige Weiſe von dem freyen Willen ab-
haͤngen; oder natuͤrliche (nothwendige),
welche von demſelben nicht abhaͤngen, ſondern
durch das Weſen und die Natur der Seele
und des Koͤrpers beſtimmt werden. Daher
iſt klar, daß es keine aͤußere freye
Handlungen giebt, ohne daß innere
dabey ſind, mit welchen ſie zuſam-
menhaͤngen.

§. 2.
Eine po-
ſitive
oder be-
gangene
und pri-
vative
oder un-
terlaſſene
Hand-
lung.

Es iſt uͤberdem eine Handlung entwe-
der poſitiv, eine auszuuͤbende (actio poſiti-
va),
wenn ſie in der That ausgeuͤbet wird;
oder privativ, eine zu unterlaßende (actio
privativa),
welche in der Unterlaßung einer
Handlung beſteht, welche gethan werden
konnte. Eine poſitive freye Handlung heiſt
eine Begehungs-That (factum com-
miſſionis)
. Eine privative, oder verneinen-
de freye Handlung, heiſt eine Unterlaſ-
ſungs-That
(factum omiſſionis). Dieſe
pflegt man auch ſchlechtweg die That (fa-
ctum),
jene die Unterlaſſung (non fa-
ctum)
zu nennen. Oft verſteht man
auch, nach Beſchaffenheit der Sache,

von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0038" n="2"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Th. 1. H. Vom Unter&#x017F;chied men&#x017F;chl. Handl.</hi></fw><lb/><note place="left">und a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ere, freye<lb/>
und noth-<lb/>
wendige.</note>wu&#x0364;rcklich werden; <hi rendition="#fr">a&#x0364;ußete Handlungen</hi><lb/>
aber &#x017F;ind diejenigen, welche durch die Be-<lb/>
wegung der Theile un&#x017F;ers Ko&#x0364;rpers die Wu&#x0364;rck-<lb/>
lichkeit erhalten. Es &#x017F;ind aber die&#x017F;elben<lb/>
entweder <hi rendition="#fr">freye Handlungen,</hi> welche auf<lb/>
einige Wei&#x017F;e von dem freyen Willen ab-<lb/>
ha&#x0364;ngen; oder <hi rendition="#fr">natu&#x0364;rliche</hi> (nothwendige),<lb/>
welche von dem&#x017F;elben nicht abha&#x0364;ngen, &#x017F;ondern<lb/>
durch das We&#x017F;en und die Natur der Seele<lb/>
und des Ko&#x0364;rpers be&#x017F;timmt werden. Daher<lb/>
i&#x017F;t klar, <hi rendition="#fr">daß es keine a&#x0364;ußere freye<lb/>
Handlungen giebt, ohne daß innere<lb/>
dabey &#x017F;ind, mit welchen &#x017F;ie zu&#x017F;am-<lb/>
menha&#x0364;ngen.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 2.</head><lb/>
              <note place="left">Eine po-<lb/>
&#x017F;itive<lb/>
oder be-<lb/>
gangene<lb/>
und pri-<lb/>
vative<lb/>
oder un-<lb/>
terla&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Hand-<lb/>
lung.</note>
              <p>Es i&#x017F;t u&#x0364;berdem eine <hi rendition="#fr">Handlung</hi> entwe-<lb/>
der <hi rendition="#fr">po&#x017F;itiv,</hi> eine auszuu&#x0364;bende <hi rendition="#aq">(actio po&#x017F;iti-<lb/>
va),</hi> wenn &#x017F;ie in der That ausgeu&#x0364;bet wird;<lb/>
oder <hi rendition="#fr">privativ,</hi> eine zu unterlaßende <hi rendition="#aq">(actio<lb/>
privativa),</hi> welche in der Unterlaßung einer<lb/>
Handlung be&#x017F;teht, welche gethan werden<lb/>
konnte. Eine po&#x017F;itive freye Handlung hei&#x017F;t<lb/>
eine <hi rendition="#fr">Begehungs-That</hi> <hi rendition="#aq">(factum com-<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;ionis)</hi>. Eine privative, oder verneinen-<lb/>
de freye Handlung, hei&#x017F;t eine <hi rendition="#fr">Unterla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ungs-That</hi> <hi rendition="#aq">(factum omi&#x017F;&#x017F;ionis)</hi>. Die&#x017F;e<lb/>
pflegt man auch &#x017F;chlechtweg die <hi rendition="#fr">That</hi> <hi rendition="#aq">(fa-<lb/>
ctum),</hi> jene <hi rendition="#fr">die Unterla&#x017F;&#x017F;ung</hi> <hi rendition="#aq">(non fa-<lb/>
ctum)</hi> zu nennen. <hi rendition="#fr">Oft ver&#x017F;teht man<lb/>
auch, nach Be&#x017F;chaffenheit der Sache,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">von</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0038] I. Th. 1. H. Vom Unterſchied menſchl. Handl. wuͤrcklich werden; aͤußete Handlungen aber ſind diejenigen, welche durch die Be- wegung der Theile unſers Koͤrpers die Wuͤrck- lichkeit erhalten. Es ſind aber dieſelben entweder freye Handlungen, welche auf einige Weiſe von dem freyen Willen ab- haͤngen; oder natuͤrliche (nothwendige), welche von demſelben nicht abhaͤngen, ſondern durch das Weſen und die Natur der Seele und des Koͤrpers beſtimmt werden. Daher iſt klar, daß es keine aͤußere freye Handlungen giebt, ohne daß innere dabey ſind, mit welchen ſie zuſam- menhaͤngen. und aͤuſ- ſere, freye und noth- wendige. §. 2. Es iſt uͤberdem eine Handlung entwe- der poſitiv, eine auszuuͤbende (actio poſiti- va), wenn ſie in der That ausgeuͤbet wird; oder privativ, eine zu unterlaßende (actio privativa), welche in der Unterlaßung einer Handlung beſteht, welche gethan werden konnte. Eine poſitive freye Handlung heiſt eine Begehungs-That (factum com- miſſionis). Eine privative, oder verneinen- de freye Handlung, heiſt eine Unterlaſ- ſungs-That (factum omiſſionis). Dieſe pflegt man auch ſchlechtweg die That (fa- ctum), jene die Unterlaſſung (non fa- ctum) zu nennen. Oft verſteht man auch, nach Beſchaffenheit der Sache, von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/38
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/38>, abgerufen am 19.04.2024.