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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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Vorrede.
re gar strenge in Obacht genommen, folgte,
und demnach alle Wörter mit einer voll-
ständigen Erklärung belegte, alle und jede
Sätze genugsam bestimmte, und beydes die
Erklärungen als auch die Sätze dergestalt
ordnete, daß sich die folgenden aus den vor-
hergehenden gäntzlich verstehen ließen, und
die Wahrheit der letztern aus den voraus-
gesetzten erhellen muste. Damit ich diese
mir vorgesteckte Absicht erhalten möchte, so
habe ich in dem weitläuftigen Wercke das
Natur- und Völckerrecht zu beweisen unter-
nommen, und es vor nicht gar zu langer
Zeit zum Ende gebracht; ich zweifle auch
keinesweges, ohne mich einer Ruhmräthig-
keit schuldig zu machen, daß ich dadurch
der gantzen Rechtsgelehrsamkeit ein Licht an-
gezündet habe, und es nun endlich klar sey,
was Cicero sehr geschicklich gesagt, daß die
Rechtswissenschaft nicht aus den zwölf Ta-
feln, noch aus den Befehlen der Prätoren,
sondern allerdings aus dem innersten der
Philosophie herzuholen sey. Denn ich ha-
be nicht nur die Naturgesetze, welche sich
sowol auf alle privat-, als auch öffentliche
und Völckerrechte erstrecken, in eine Ueber-
einstimmung gebracht; sondern es ist auch

von

Vorrede.
re gar ſtrenge in Obacht genommen, folgte,
und demnach alle Woͤrter mit einer voll-
ſtaͤndigen Erklaͤrung belegte, alle und jede
Saͤtze genugſam beſtimmte, und beydes die
Erklaͤrungen als auch die Saͤtze dergeſtalt
ordnete, daß ſich die folgenden aus den vor-
hergehenden gaͤntzlich verſtehen ließen, und
die Wahrheit der letztern aus den voraus-
geſetzten erhellen muſte. Damit ich dieſe
mir vorgeſteckte Abſicht erhalten moͤchte, ſo
habe ich in dem weitlaͤuftigen Wercke das
Natur- und Voͤlckerrecht zu beweiſen unter-
nommen, und es vor nicht gar zu langer
Zeit zum Ende gebracht; ich zweifle auch
keinesweges, ohne mich einer Ruhmraͤthig-
keit ſchuldig zu machen, daß ich dadurch
der gantzen Rechtsgelehrſamkeit ein Licht an-
gezuͤndet habe, und es nun endlich klar ſey,
was Cicero ſehr geſchicklich geſagt, daß die
Rechtswiſſenſchaft nicht aus den zwoͤlf Ta-
feln, noch aus den Befehlen der Praͤtoren,
ſondern allerdings aus dem innerſten der
Philoſophie herzuholen ſey. Denn ich ha-
be nicht nur die Naturgeſetze, welche ſich
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[0018] Vorrede. re gar ſtrenge in Obacht genommen, folgte, und demnach alle Woͤrter mit einer voll- ſtaͤndigen Erklaͤrung belegte, alle und jede Saͤtze genugſam beſtimmte, und beydes die Erklaͤrungen als auch die Saͤtze dergeſtalt ordnete, daß ſich die folgenden aus den vor- hergehenden gaͤntzlich verſtehen ließen, und die Wahrheit der letztern aus den voraus- geſetzten erhellen muſte. Damit ich dieſe mir vorgeſteckte Abſicht erhalten moͤchte, ſo habe ich in dem weitlaͤuftigen Wercke das Natur- und Voͤlckerrecht zu beweiſen unter- nommen, und es vor nicht gar zu langer Zeit zum Ende gebracht; ich zweifle auch keinesweges, ohne mich einer Ruhmraͤthig- keit ſchuldig zu machen, daß ich dadurch der gantzen Rechtsgelehrſamkeit ein Licht an- gezuͤndet habe, und es nun endlich klar ſey, was Cicero ſehr geſchicklich geſagt, daß die Rechtswiſſenſchaft nicht aus den zwoͤlf Ta- feln, noch aus den Befehlen der Praͤtoren, ſondern allerdings aus dem innerſten der Philoſophie herzuholen ſey. Denn ich ha- be nicht nur die Naturgeſetze, welche ſich ſowol auf alle privat-, als auch oͤffentliche und Voͤlckerrechte erſtrecken, in eine Ueber- einſtimmung gebracht; ſondern es iſt auch von

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/18>, abgerufen am 25.04.2024.