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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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hinaus zu dem inneren Zusammenhang der sei es konformen, sei es pwo_IV.002
variablen Erscheinungen vorschreitet, - zumal die Hauptstufen der pwo_IV.003
Entwicklung menschlicher Poesie im großen sich so oft nachweislich mit pwo_IV.004
nur schnellerer Folge in den Litteraturen der Einzelvölker gesetzmäßig pwo_IV.005
wiederholen.

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Wo es sich um Erhellung der für eine solche Betrachtung immer pwo_IV.007
besonders wichtigen Anfänge handelt, steht mein Verfahren wohl dem pwo_IV.008
weithin auf die heutigen Naturvölker fußenden Vorgehen Diltheys pwo_IV.009
ferner als einem Verfahren, wie es Hermann Paul zur Erkenntnis pwo_IV.010
der "Prinzipien der Sprachgeschichte" anwendet: "Wir haben es pwo_IV.011
uns," erläutert Paul treffend, "zum Gesetz gemacht uns unsere Anschauungen pwo_IV.012
über die sprachlichen Vorgänge aus solchen Beobachtungen pwo_IV.013
zu bilden, die wir an der historisch deutlich zu verfolgenden Entwicklung pwo_IV.014
machen konnten, und erst von diesen aus Rückschlüsse auf die pwo_IV.015
Urgeschichte der Sprache zu machen." An anderer Stelle nimmt pwo_IV.016
Paul bereits für seine Methode in Anspruch, was ähnlich in vorliegender pwo_IV.017
Schrift für die Poetik zur Geltung gebracht wird: "Wenn pwo_IV.018
unsere Betrachtungsweise richtig durchgeführt wird, so müssen die allgemeinen pwo_IV.019
Ergebnisse derselben auf alle Sprachen und auf alle Entwicklungsstufen pwo_IV.020
derselben anwendbar sein, auch auf die Anfänge der pwo_IV.021
Sprache überhaupt."

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Von ausgeführten Lehrbüchern konnte für meine Zwecke nur die pwo_IV.023
an litteraturgeschichtlichem Material reiche "Poetik, Rhetorik und pwo_IV.024
Stilistik" von Wilhelm Wackernagel bahnweisend wirken. Andererseits pwo_IV.025
drängten die zusammenhängenden Betrachtungen der Weltlitteratur pwo_IV.026
von Moritz Carriere, Adolf Stern und Julius Hart immer pwo_IV.027
entschiedener auf eine systematische Zusammenordnung verwandter Erscheinungen pwo_IV.028
hin. Daneben war es namentlich die "Griechische Litteraturgeschichte" pwo_IV.029
von Theodor Bergk, die mich in organischer Auffassung pwo_IV.030
der Poesieentwicklung bestärkte.

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Die Notwendigkeit des von mir ausgeübten Verfahrens entwickelten pwo_IV.032
bereits 1890 meine "Prolegomena der litterar-evolutionistischen pwo_IV.033
Poetik". Proben der Ausführung erschienen alsdann in der "Zeitschrift pwo_IV.034
für vergleichende Litteraturgeschichte" (Neue Folge, Band VI, pwo_IV.035
S. 423 ff.) sowie in der Beilage der "Täglichen Rundschau" (Herbst pwo_IV.036
1897). Jnzwischen sind einige in der erstgenannten Schrift entwickelte

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hinaus zu dem inneren Zusammenhang der sei es konformen, sei es pwo_IV.002
variablen Erscheinungen vorschreitet, – zumal die Hauptstufen der pwo_IV.003
Entwicklung menschlicher Poesie im großen sich so oft nachweislich mit pwo_IV.004
nur schnellerer Folge in den Litteraturen der Einzelvölker gesetzmäßig pwo_IV.005
wiederholen.

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  Wo es sich um Erhellung der für eine solche Betrachtung immer pwo_IV.007
besonders wichtigen Anfänge handelt, steht mein Verfahren wohl dem pwo_IV.008
weithin auf die heutigen Naturvölker fußenden Vorgehen Diltheys pwo_IV.009
ferner als einem Verfahren, wie es Hermann Paul zur Erkenntnis pwo_IV.010
der „Prinzipien der Sprachgeschichte“ anwendet: „Wir haben es pwo_IV.011
uns,“ erläutert Paul treffend, „zum Gesetz gemacht uns unsere Anschauungen pwo_IV.012
über die sprachlichen Vorgänge aus solchen Beobachtungen pwo_IV.013
zu bilden, die wir an der historisch deutlich zu verfolgenden Entwicklung pwo_IV.014
machen konnten, und erst von diesen aus Rückschlüsse auf die pwo_IV.015
Urgeschichte der Sprache zu machen.“ An anderer Stelle nimmt pwo_IV.016
Paul bereits für seine Methode in Anspruch, was ähnlich in vorliegender pwo_IV.017
Schrift für die Poetik zur Geltung gebracht wird: „Wenn pwo_IV.018
unsere Betrachtungsweise richtig durchgeführt wird, so müssen die allgemeinen pwo_IV.019
Ergebnisse derselben auf alle Sprachen und auf alle Entwicklungsstufen pwo_IV.020
derselben anwendbar sein, auch auf die Anfänge der pwo_IV.021
Sprache überhaupt.“

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  Von ausgeführten Lehrbüchern konnte für meine Zwecke nur die pwo_IV.023
an litteraturgeschichtlichem Material reiche „Poetik, Rhetorik und pwo_IV.024
Stilistik“ von Wilhelm Wackernagel bahnweisend wirken. Andererseits pwo_IV.025
drängten die zusammenhängenden Betrachtungen der Weltlitteratur pwo_IV.026
von Moritz Carriere, Adolf Stern und Julius Hart immer pwo_IV.027
entschiedener auf eine systematische Zusammenordnung verwandter Erscheinungen pwo_IV.028
hin. Daneben war es namentlich die „Griechische Litteraturgeschichte“ pwo_IV.029
von Theodor Bergk, die mich in organischer Auffassung pwo_IV.030
der Poesieentwicklung bestärkte.

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  Die Notwendigkeit des von mir ausgeübten Verfahrens entwickelten pwo_IV.032
bereits 1890 meine „Prolegomena der litterar-evolutionistischen pwo_IV.033
Poetik“. Proben der Ausführung erschienen alsdann in der „Zeitschrift pwo_IV.034
für vergleichende Litteraturgeschichte“ (Neue Folge, Band VI, pwo_IV.035
S. 423 ff.) sowie in der Beilage der „Täglichen Rundschau“ (Herbst pwo_IV.036
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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. RIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/10>, abgerufen am 28.03.2024.