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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 2. Von dem Ehestande.
Weibs-Person denen, die ihn aus bloßer Lust
begehren, den Gebrauch ihres Leibes vor Geld
oder was Geldes werth ist, verstattet, oder
auch Manns-Personen für Geld sich din-
gen laßen geilen Weibs-Bildern beyzu-
wohnen. Gleichwie nun aber eine Lohn-Hure
nicht durch die Hefftigkeit der Brunst ange-
trieben wird, jederman zuzulassen, u. dahero
in ihren Handlungen freyer ist (§. 491. Met.);
so wird ihre Hurerey auch billig für ärger
als einer anderen Person gehalten, die ent-
weder den Regungen des Fleisches nicht wie
derstehenkönnen, oder durch allerhand Bere-
dungen einer Person, die leicht ihre Liebe er-
wecken können, dazu verleitet worden.

§. 40.

Da diejenigen, welche KinderWer für
die Auf-
erzie-
hung un-
ehelicher
Kinder
zusorgen
hat.

erzeugen, verbunden sind sie aufzuerziehen
(§. 18); so müssen auch diejenigen, welche
ausser der Ehe ein Kind erzeuget, davor sor
gen, wie es wohl erzogen werde. Derowegen
wenn die Mutter allein dazu nicht genung
ist; so ist derjenige, der sie beschlaf-
fen, das seinige beyzutragen verbunden: ja
wenn dieses nicht anders geschehen kan, als
woferne beyde Personen einander heyra-
then, so sind sie auch einander zu heyrathen
verbunden. Hingegen wenn durch diese
Heyrath die Eltern vielmehr in einen solchen
Zustand gesetzet würden, da sie die Aufer-
ziehung des Kindes weniger besorgen kön-
ten, als wenn sie von einander bleiben; so ist

klar,
B 5

Cap. 2. Von dem Eheſtande.
Weibs-Peꝛſon denen, die ihn aus bloßer Luſt
begehren, den Gebrauch ihres Leibes vor Geld
oder was Geldes werth iſt, verſtattet, oder
auch Manns-Perſonen fuͤr Geld ſich din-
gen laßen geilen Weibs-Bildern beyzu-
wohnen. Gleichwie nun aber eine Lohn-Hure
nicht durch die Hefftigkeit der Brunſt ange-
trieben wird, jederman zuzulaſſen, u. dahero
in ihren Handlungen freyer iſt (§. 491. Met.);
ſo wird ihre Hurerey auch billig fuͤr aͤrger
als einer anderen Perſon gehalten, die ent-
weder den Regungen des Fleiſches nicht wie
derſtehenkoͤnnen, oder durch allerhand Bere-
dungen einer Perſon, die leicht ihre Liebe er-
wecken koͤnnen, dazu verleitet worden.

§. 40.

Da diejenigen, welche KinderWer fuͤr
die Auf-
erzie-
hung un-
ehelicher
Kinder
zuſorgen
hat.

erzeugen, verbunden ſind ſie aufzuerziehen
(§. 18); ſo muͤſſen auch diejenigen, welche
auſſer der Ehe ein Kind erzeuget, davor ſor
gen, wie es wohl erzogen werde. Derowegen
wenn die Mutter allein dazu nicht genung
iſt; ſo iſt derjenige, der ſie beſchlaf-
fen, das ſeinige beyzutragen verbunden: ja
wenn dieſes nicht anders geſchehen kan, als
woferne beyde Perſonen einander heyra-
then, ſo ſind ſie auch einander zu heyrathen
verbunden. Hingegen wenn durch dieſe
Heyrath die Eltern vielmehr in einen ſolchen
Zuſtand geſetzet wuͤrden, da ſie die Aufer-
ziehung des Kindes weniger beſorgen koͤn-
ten, als wenn ſie von einander bleiben; ſo iſt

klar,
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[25/0043] Cap. 2. Von dem Eheſtande. Weibs-Peꝛſon denen, die ihn aus bloßer Luſt begehren, den Gebrauch ihres Leibes vor Geld oder was Geldes werth iſt, verſtattet, oder auch Manns-Perſonen fuͤr Geld ſich din- gen laßen geilen Weibs-Bildern beyzu- wohnen. Gleichwie nun aber eine Lohn-Hure nicht durch die Hefftigkeit der Brunſt ange- trieben wird, jederman zuzulaſſen, u. dahero in ihren Handlungen freyer iſt (§. 491. Met.); ſo wird ihre Hurerey auch billig fuͤr aͤrger als einer anderen Perſon gehalten, die ent- weder den Regungen des Fleiſches nicht wie derſtehenkoͤnnen, oder durch allerhand Bere- dungen einer Perſon, die leicht ihre Liebe er- wecken koͤnnen, dazu verleitet worden. §. 40.Da diejenigen, welche Kinder erzeugen, verbunden ſind ſie aufzuerziehen (§. 18); ſo muͤſſen auch diejenigen, welche auſſer der Ehe ein Kind erzeuget, davor ſor gen, wie es wohl erzogen werde. Derowegen wenn die Mutter allein dazu nicht genung iſt; ſo iſt derjenige, der ſie beſchlaf- fen, das ſeinige beyzutragen verbunden: ja wenn dieſes nicht anders geſchehen kan, als woferne beyde Perſonen einander heyra- then, ſo ſind ſie auch einander zu heyrathen verbunden. Hingegen wenn durch dieſe Heyrath die Eltern vielmehr in einen ſolchen Zuſtand geſetzet wuͤrden, da ſie die Aufer- ziehung des Kindes weniger beſorgen koͤn- ten, als wenn ſie von einander bleiben; ſo iſt klar, Wer fuͤr die Auf- erzie- hung un- ehelicher Kinder zuſorgen hat. B 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/43>, abgerufen am 24.04.2024.