Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 2. Von dem Ehestande.
Weil keine Vorstellung wieder einen so hef-
tigen Affect als die geile Liebe ist etwas fruch-
tet, die nicht auch selbst einen starcken Ein-
druck in das Gemüthe machet (§. 380.
Mor.); so muß man darauf bedacht seyn,
daß man durch Fabeln und Exempel den
unglückseeligen Zustand geiler Personen be-
greiffen lernet (§. 373 Mor.). Darnach
haben wir hauptsächlich zu mercken, daß,
weil eingewurtzelte Gewohnheiten schweer
zu ändern sind (§. 383 Mor.); man von
Jugend auf darauf zu sehen hat, wie man
keusch und züchtig werde, auch alle Gele-
genheit zu unkeuschen Wercken und alle
Gesellschafft, die einen dazu verleiten kön-
te, vermeidet. Und ist hier ins besondere
alles dasjenige anzubringen, was überhaupt
von der Besserung des Willens (§. 373. &
seqq. Mor.
), absonderlich von rechter Be-
urtheilung der Glückseligkeit (§. 389 Mor.),
gelehret worden.

Warum
unkeusche
Wercke
unzuläs-
sig.
§. 38.

Da nun aus allem diesem zur
Gnüge erhellet, wie viel Unheil aus Hure-
rey, Ehebruch und anderm unkeuschen We-
sen erfolget (§. 37); so begreiffet man von
neuem, warum alles unkeusche. Wesen böse
(§. 3. 4 Mor.) und folglich dem Gesetze der
Natur zuwieder ist (§. 9. 17. Mor.).

Was
v. Lohn-
Huren zuhalten.
§. 39.

Da der Beyschlaff, welcher der
blossen Lust halber geschiehet, unzuläßig ist
(§. 23); so ist auch unrecht, wenn eine

Weibs-

Cap. 2. Von dem Eheſtande.
Weil keine Vorſtellung wieder einen ſo hef-
tigen Affect als die geile Liebe iſt etwas fruch-
tet, die nicht auch ſelbſt einen ſtarcken Ein-
druck in das Gemuͤthe machet (§. 380.
Mor.); ſo muß man darauf bedacht ſeyn,
daß man durch Fabeln und Exempel den
ungluͤckſeeligen Zuſtand geiler Perſonen be-
greiffen lernet (§. 373 Mor.). Darnach
haben wir hauptſaͤchlich zu mercken, daß,
weil eingewurtzelte Gewohnheiten ſchweer
zu aͤndern ſind (§. 383 Mor.); man von
Jugend auf darauf zu ſehen hat, wie man
keuſch und zuͤchtig werde, auch alle Gele-
genheit zu unkeuſchen Wercken und alle
Geſellſchafft, die einen dazu verleiten koͤn-
te, vermeidet. Und iſt hier ins beſondere
alles dasjenige anzubringen, was uͤberhaupt
von der Beſſerung des Willens (§. 373. &
ſeqq. Mor.
), abſonderlich von rechter Be-
urtheilung der Gluͤckſeligkeit (§. 389 Mor.),
gelehret worden.

Warum
unkeuſche
Wercke
unzulaͤſ-
ſig.
§. 38.

Da nun aus allem dieſem zur
Gnuͤge erhellet, wie viel Unheil aus Hure-
rey, Ehebruch und anderm unkeuſchen We-
ſen erfolget (§. 37); ſo begreiffet man von
neuem, warum alles unkeuſche. Weſen boͤſe
(§. 3. 4 Mor.) und folglich dem Geſetze der
Natur zuwieder iſt (§. 9. 17. Mor.).

Was
v. Lohn-
Huren zuhalten.
§. 39.

Da der Beyſchlaff, welcher der
bloſſen Luſt halber geſchiehet, unzulaͤßig iſt
(§. 23); ſo iſt auch unrecht, wenn eine

Weibs-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0042" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 2. Von dem Ehe&#x017F;tande.</hi></fw><lb/>
Weil keine Vor&#x017F;tellung wieder einen &#x017F;o hef-<lb/>
tigen Affect als die geile Liebe i&#x017F;t etwas fruch-<lb/>
tet, die nicht auch &#x017F;elb&#x017F;t einen &#x017F;tarcken Ein-<lb/>
druck in das Gemu&#x0364;the machet (§. 380.<lb/><hi rendition="#aq">Mor.</hi>); &#x017F;o muß man darauf bedacht &#x017F;eyn,<lb/>
daß man durch Fabeln und Exempel den<lb/>
unglu&#x0364;ck&#x017F;eeligen Zu&#x017F;tand geiler Per&#x017F;onen be-<lb/>
greiffen lernet (§. 373 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>). Darnach<lb/>
haben wir haupt&#x017F;a&#x0364;chlich zu mercken, daß,<lb/>
weil eingewurtzelte Gewohnheiten &#x017F;chweer<lb/>
zu a&#x0364;ndern &#x017F;ind (§. 383 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>); man von<lb/>
Jugend auf darauf zu &#x017F;ehen hat, wie man<lb/>
keu&#x017F;ch und zu&#x0364;chtig werde, auch alle Gele-<lb/>
genheit zu unkeu&#x017F;chen Wercken und alle<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft, die einen dazu verleiten ko&#x0364;n-<lb/>
te, vermeidet. Und i&#x017F;t hier ins be&#x017F;ondere<lb/>
alles dasjenige anzubringen, was u&#x0364;berhaupt<lb/>
von der Be&#x017F;&#x017F;erung des Willens (§. 373. <hi rendition="#aq">&amp;<lb/>
&#x017F;eqq. Mor.</hi>), ab&#x017F;onderlich von rechter Be-<lb/>
urtheilung der Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit (§. 389 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>),<lb/>
gelehret worden.</p><lb/>
              <note place="left">Warum<lb/>
unkeu&#x017F;che<lb/>
Wercke<lb/>
unzula&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 38.</head>
              <p>Da nun aus allem die&#x017F;em zur<lb/>
Gnu&#x0364;ge erhellet, wie viel Unheil aus Hure-<lb/>
rey, Ehebruch und anderm unkeu&#x017F;chen We-<lb/>
&#x017F;en erfolget (§. 37); &#x017F;o begreiffet man von<lb/>
neuem, warum alles unkeu&#x017F;che. We&#x017F;en bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
(§. 3. 4 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>) und folglich dem Ge&#x017F;etze der<lb/>
Natur zuwieder i&#x017F;t (§. 9. 17. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).</p><lb/>
              <note place="left">Was<lb/>
v. Lohn-<lb/>
Huren zuhalten.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 39.</head>
              <p>Da der Bey&#x017F;chlaff, welcher der<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;en Lu&#x017F;t halber ge&#x017F;chiehet, unzula&#x0364;ßig i&#x017F;t<lb/>
(§. 23); &#x017F;o i&#x017F;t auch unrecht, wenn eine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Weibs-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0042] Cap. 2. Von dem Eheſtande. Weil keine Vorſtellung wieder einen ſo hef- tigen Affect als die geile Liebe iſt etwas fruch- tet, die nicht auch ſelbſt einen ſtarcken Ein- druck in das Gemuͤthe machet (§. 380. Mor.); ſo muß man darauf bedacht ſeyn, daß man durch Fabeln und Exempel den ungluͤckſeeligen Zuſtand geiler Perſonen be- greiffen lernet (§. 373 Mor.). Darnach haben wir hauptſaͤchlich zu mercken, daß, weil eingewurtzelte Gewohnheiten ſchweer zu aͤndern ſind (§. 383 Mor.); man von Jugend auf darauf zu ſehen hat, wie man keuſch und zuͤchtig werde, auch alle Gele- genheit zu unkeuſchen Wercken und alle Geſellſchafft, die einen dazu verleiten koͤn- te, vermeidet. Und iſt hier ins beſondere alles dasjenige anzubringen, was uͤberhaupt von der Beſſerung des Willens (§. 373. & ſeqq. Mor.), abſonderlich von rechter Be- urtheilung der Gluͤckſeligkeit (§. 389 Mor.), gelehret worden. §. 38.Da nun aus allem dieſem zur Gnuͤge erhellet, wie viel Unheil aus Hure- rey, Ehebruch und anderm unkeuſchen We- ſen erfolget (§. 37); ſo begreiffet man von neuem, warum alles unkeuſche. Weſen boͤſe (§. 3. 4 Mor.) und folglich dem Geſetze der Natur zuwieder iſt (§. 9. 17. Mor.). §. 39.Da der Beyſchlaff, welcher der bloſſen Luſt halber geſchiehet, unzulaͤßig iſt (§. 23); ſo iſt auch unrecht, wenn eine Weibs-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/42
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/42>, abgerufen am 29.03.2024.