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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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der Menschen überhaupt.
§. 11.

Nemlich da die Wohlfahrt derHaupt-
Gesetze
einer Ge-
sellschaft.

Gesellschaft die einige Absicht ist, warumb
man sich darein begiebet (§. 4); alle beson-
dere Absichten aber dergestalt einzurichten
sind, daß sie endlich ein Mittel zur Haupt-
Absicht werden (§. 140. Mor.); so ist dieses
die Regel, darnach diejenigen ihre Hand-
lungen einzurichten haben, die in einer Ge-
sellschaft mit einander leben, in so weit sie
nemlich in derselben leben: Thue, was die
Wohlfahrt der Gesellschaft befördert; un-
terlaß, was ihr hinderlich, oder sonst
nachtheilig ist. Da wir nun nach dieser
Regel unsere Handlungen einzurichten ver-
bunden sind; so ist sie das letzte Gesetze in
einer Gesellschaft, und saget man nicht oh-
ne Grund, die gemeine Wohlfahrt ist das
höchste oder letzte Gesetze in einer Gesell-
schaft. (§. 16. Mor.)

§. 12.

Derowegen wenn es geschehenWenn
die ge-
meine
Wohl-
fahrt der
besonde-
ren vor-
zuziehen

sollte, daß die besondere Wohlfahrt eines
einigen, der in der Gesellschaft lebet, mit
der gemeinen Wohlfahrt nicht bestehen
könnte, und dannenhero nöthig wäre, ei-
ne Ausnahme zu machen (§. 165 Met.); so
müste die gemeine Wohlfahrt der beson-
deren vorgezogen, die besondere aber der
gemeinen nachgesetzet werden. Man muß
aber wohl darauf acht haben, daß man
die gemeine Wohlfahrt nicht weiter erstre-

cket,
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der Menſchen uͤberhaupt.
§. 11.

Nemlich da die Wohlfahrt derHaupt-
Geſetze
einer Ge-
ſellſchaft.

Geſellſchaft die einige Abſicht iſt, warumb
man ſich darein begiebet (§. 4); alle beſon-
dere Abſichten aber dergeſtalt einzurichten
ſind, daß ſie endlich ein Mittel zur Haupt-
Abſicht werden (§. 140. Mor.); ſo iſt dieſes
die Regel, darnach diejenigen ihre Hand-
lungen einzurichten haben, die in einer Ge-
ſellſchaft mit einander leben, in ſo weit ſie
nemlich in derſelben leben: Thue, was die
Wohlfahrt der Geſellſchaft befoͤrdert; un-
terlaß, was ihr hinderlich, oder ſonſt
nachtheilig iſt. Da wir nun nach dieſer
Regel unſere Handlungen einzurichten ver-
bunden ſind; ſo iſt ſie das letzte Geſetze in
einer Geſellſchaft, und ſaget man nicht oh-
ne Grund, die gemeine Wohlfahrt iſt das
hoͤchſte oder letzte Geſetze in einer Geſell-
ſchaft. (§. 16. Mor.)

§. 12.

Derowegen wenn es geſchehenWenn
die ge-
meine
Wohl-
fahrt der
beſonde-
ren vor-
zuziehen

ſollte, daß die beſondere Wohlfahrt eines
einigen, der in der Geſellſchaft lebet, mit
der gemeinen Wohlfahrt nicht beſtehen
koͤnnte, und dannenhero noͤthig waͤre, ei-
ne Ausnahme zu machen (§. 165 Met.); ſo
muͤſte die gemeine Wohlfahrt der beſon-
deren vorgezogen, die beſondere aber der
gemeinen nachgeſetzet werden. Man muß
aber wohl darauf acht haben, daß man
die gemeine Wohlfahrt nicht weiter erſtre-

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[7/0025] der Menſchen uͤberhaupt. §. 11.Nemlich da die Wohlfahrt der Geſellſchaft die einige Abſicht iſt, warumb man ſich darein begiebet (§. 4); alle beſon- dere Abſichten aber dergeſtalt einzurichten ſind, daß ſie endlich ein Mittel zur Haupt- Abſicht werden (§. 140. Mor.); ſo iſt dieſes die Regel, darnach diejenigen ihre Hand- lungen einzurichten haben, die in einer Ge- ſellſchaft mit einander leben, in ſo weit ſie nemlich in derſelben leben: Thue, was die Wohlfahrt der Geſellſchaft befoͤrdert; un- terlaß, was ihr hinderlich, oder ſonſt nachtheilig iſt. Da wir nun nach dieſer Regel unſere Handlungen einzurichten ver- bunden ſind; ſo iſt ſie das letzte Geſetze in einer Geſellſchaft, und ſaget man nicht oh- ne Grund, die gemeine Wohlfahrt iſt das hoͤchſte oder letzte Geſetze in einer Geſell- ſchaft. (§. 16. Mor.) Haupt- Geſetze einer Ge- ſellſchaft. §. 12.Derowegen wenn es geſchehen ſollte, daß die beſondere Wohlfahrt eines einigen, der in der Geſellſchaft lebet, mit der gemeinen Wohlfahrt nicht beſtehen koͤnnte, und dannenhero noͤthig waͤre, ei- ne Ausnahme zu machen (§. 165 Met.); ſo muͤſte die gemeine Wohlfahrt der beſon- deren vorgezogen, die beſondere aber der gemeinen nachgeſetzet werden. Man muß aber wohl darauf acht haben, daß man die gemeine Wohlfahrt nicht weiter erſtre- cket, Wenn die ge- meine Wohl- fahrt der beſonde- ren vor- zuziehen A 4

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/25>, abgerufen am 29.03.2024.