Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

bei jedem Schritt einen so großen Umfang der
Oberfläche als sein breiter Fuß bedecket, tief
in dem weichen Boden hinein, und begräbt
also jedesmahl einen ansehnlichen Theil seines
künftigen Unterhalts. Mit jedem Tage nimt
diese Verwüstung zu. Das junge Graß wird
unaufhörlich verbissen, und wächst nie von der
Erde empor. Unaufhörlich werden die saft-
vollen Wurzeln und zarten Keime desselben zer-
quetscht, und gerathen daher nach dieser Ver-
wundung bey feuchter und warmer Witterung
nothwendig in Fäulung; und so ist es in der
That ein Wunder der gütigen Natur, daß sie
bey solcher Mißhandlung noch auf den Grad
ergiebig ist, als wirklich geschiehet. Man solte,
wenn man denn ja das Vieh weiden will, sol-
ches von Rechtswegen nicht ehender auf die
Hütung bringen, bis das Erdreich von der
Winterfeuchtigkeit hinlänglich trocken, und
das Graß groß genung gewachsen wäre, dem
Vieh die erforderliche Sättigung zu verschaf-
fen. Jedennoch aber würde auch hier der
Satz noch immer wahr bleiben: daß auf jeder
Weide Verhältnißweise, allemahl mehr Graß
zertreten als gefressen wird.

2. Hiernächst ist noch ein Ruin der Weide
dieser, daß der häufige Unflath, den eine solche
Heerde Vieh täglich auf der Weide fallen läs-
set, solche auf eine erheblichere Weise verderbet

als

bei jedem Schritt einen ſo großen Umfang der
Oberflaͤche als ſein breiter Fuß bedecket, tief
in dem weichen Boden hinein, und begraͤbt
alſo jedesmahl einen anſehnlichen Theil ſeines
kuͤnftigen Unterhalts. Mit jedem Tage nimt
dieſe Verwuͤſtung zu. Das junge Graß wird
unaufhoͤrlich verbiſſen, und waͤchſt nie von der
Erde empor. Unaufhoͤrlich werden die ſaft-
vollen Wurzeln und zarten Keime deſſelben zer-
quetſcht, und gerathen daher nach dieſer Ver-
wundung bey feuchter und warmer Witterung
nothwendig in Faͤulung; und ſo iſt es in der
That ein Wunder der guͤtigen Natur, daß ſie
bey ſolcher Mißhandlung noch auf den Grad
ergiebig iſt, als wirklich geſchiehet. Man ſolte,
wenn man denn ja das Vieh weiden will, ſol-
ches von Rechtswegen nicht ehender auf die
Huͤtung bringen, bis das Erdreich von der
Winterfeuchtigkeit hinlaͤnglich trocken, und
das Graß groß genung gewachſen waͤre, dem
Vieh die erforderliche Saͤttigung zu verſchaf-
fen. Jedennoch aber wuͤrde auch hier der
Satz noch immer wahr bleiben: daß auf jeder
Weide Verhaͤltnißweiſe, allemahl mehr Graß
zertreten als gefreſſen wird.

2. Hiernaͤchſt iſt noch ein Ruin der Weide
dieſer, daß der haͤufige Unflath, den eine ſolche
Heerde Vieh taͤglich auf der Weide fallen laͤſ-
ſet, ſolche auf eine erheblichere Weiſe verderbet

als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0030" n="12"/>
bei jedem Schritt einen &#x017F;o großen Umfang der<lb/>
Oberfla&#x0364;che als &#x017F;ein breiter Fuß bedecket, tief<lb/>
in dem weichen Boden hinein, und begra&#x0364;bt<lb/>
al&#x017F;o jedesmahl einen an&#x017F;ehnlichen Theil &#x017F;eines<lb/>
ku&#x0364;nftigen Unterhalts. Mit jedem Tage nimt<lb/>
die&#x017F;e Verwu&#x0364;&#x017F;tung zu. Das junge Graß wird<lb/>
unaufho&#x0364;rlich verbi&#x017F;&#x017F;en, und wa&#x0364;ch&#x017F;t nie von der<lb/>
Erde empor. Unaufho&#x0364;rlich werden die &#x017F;aft-<lb/>
vollen Wurzeln und zarten Keime de&#x017F;&#x017F;elben zer-<lb/>
quet&#x017F;cht, und gerathen daher nach die&#x017F;er Ver-<lb/>
wundung bey feuchter und warmer Witterung<lb/>
nothwendig in Fa&#x0364;ulung; und &#x017F;o i&#x017F;t es in der<lb/>
That ein Wunder der gu&#x0364;tigen Natur, daß &#x017F;ie<lb/>
bey &#x017F;olcher Mißhandlung noch auf den Grad<lb/>
ergiebig i&#x017F;t, als wirklich ge&#x017F;chiehet. Man &#x017F;olte,<lb/>
wenn man denn ja das Vieh weiden will, &#x017F;ol-<lb/>
ches von Rechtswegen nicht ehender auf die<lb/>
Hu&#x0364;tung bringen, bis das Erdreich von der<lb/>
Winterfeuchtigkeit hinla&#x0364;nglich trocken, und<lb/>
das Graß groß genung gewach&#x017F;en wa&#x0364;re, dem<lb/>
Vieh die erforderliche Sa&#x0364;ttigung zu ver&#x017F;chaf-<lb/>
fen. Jedennoch aber wu&#x0364;rde auch hier der<lb/>
Satz noch immer wahr bleiben: daß auf jeder<lb/>
Weide Verha&#x0364;ltnißwei&#x017F;e, allemahl mehr Graß<lb/>
zertreten als gefre&#x017F;&#x017F;en wird.</p><lb/>
            <p>2. Hierna&#x0364;ch&#x017F;t i&#x017F;t noch ein Ruin der Weide<lb/>
die&#x017F;er, daß der ha&#x0364;ufige Unflath, den eine &#x017F;olche<lb/>
Heerde Vieh ta&#x0364;glich auf der Weide fallen la&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et, &#x017F;olche auf eine erheblichere Wei&#x017F;e verderbet<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0030] bei jedem Schritt einen ſo großen Umfang der Oberflaͤche als ſein breiter Fuß bedecket, tief in dem weichen Boden hinein, und begraͤbt alſo jedesmahl einen anſehnlichen Theil ſeines kuͤnftigen Unterhalts. Mit jedem Tage nimt dieſe Verwuͤſtung zu. Das junge Graß wird unaufhoͤrlich verbiſſen, und waͤchſt nie von der Erde empor. Unaufhoͤrlich werden die ſaft- vollen Wurzeln und zarten Keime deſſelben zer- quetſcht, und gerathen daher nach dieſer Ver- wundung bey feuchter und warmer Witterung nothwendig in Faͤulung; und ſo iſt es in der That ein Wunder der guͤtigen Natur, daß ſie bey ſolcher Mißhandlung noch auf den Grad ergiebig iſt, als wirklich geſchiehet. Man ſolte, wenn man denn ja das Vieh weiden will, ſol- ches von Rechtswegen nicht ehender auf die Huͤtung bringen, bis das Erdreich von der Winterfeuchtigkeit hinlaͤnglich trocken, und das Graß groß genung gewachſen waͤre, dem Vieh die erforderliche Saͤttigung zu verſchaf- fen. Jedennoch aber wuͤrde auch hier der Satz noch immer wahr bleiben: daß auf jeder Weide Verhaͤltnißweiſe, allemahl mehr Graß zertreten als gefreſſen wird. 2. Hiernaͤchſt iſt noch ein Ruin der Weide dieſer, daß der haͤufige Unflath, den eine ſolche Heerde Vieh taͤglich auf der Weide fallen laͤſ- ſet, ſolche auf eine erheblichere Weiſe verderbet als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/30
Zitationshilfe: Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/30>, abgerufen am 20.04.2024.