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Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ward. Ja, der Tisch ist leer, bestätigte Ohlerich. So setzten sie sich und fingen an, Porter mit Ale zu trinken.

IV.

Als Liesbeth in der nächsten Morgenfrühe, nach kurzem Schlaf und qualvollem Wachen, mit schwerem Herzen erwachte, wunderte sie sich sehr, daß sie an der verschlossenen Hausthür klopfen hörte. Sie stand auf und sah nach der Uhr; es war zwischen Vier und Fünf. Das Klopfen wiederholte sich im Takt, wie nach einer lustigen Melodie. Sie verwunderte sich noch mehr, fuhr in ihre Kleider und ging über den Flur, um zu öffnen. Draußen standen die Beiden, an die sie die ganze Nacht, im Traum und im Wachen, gedacht hatte; aber nicht als Gegner mit gezogenen Messern, sondern äußerst friedlich, Jeder gegen einen der Thürpfosten gelehnt. Sie schienen etwas zu frieren, ein frischer Morgenwind ging ihnen durch die wirren Haare. Aber sie summten Beide ein Lied vor sich hin und warfen heitere Blicke aus ihren überwachten, großen Augen. Bei diesem gänzlich' unerwarteten Anblick fuhr Liesbeth zurück, und da sie nicht begriff, was sie dazu sagen sollte, sagte sie kein Wort.

Du könntest uns einen Kaffee machen, Liesbeth, fing Ohlerich an, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen, mit einem eigenthümlich humoristischen Ausdruck um die Lippen. Mit dem Kaffee muß man allemal abschließen; und du machst ihn ja gut, sagt der Herr Julius. Das ist ein Mann, der es wissen muß! Also Kaffee, vom besten.

Ja du mein Gott, wo kommt ihr denn aber her? fragte die junge Frau immer noch fassungslos.

Weißt du denn nicht mehr, wer Peter Jungmann ist? antwortete Ohlerich.

Liesbeth griff sich vor Verwunderung an den Kopf. Wie, seid ihr denn die ganze Nacht im Wirthshaus gewesen?

ward. Ja, der Tisch ist leer, bestätigte Ohlerich. So setzten sie sich und fingen an, Porter mit Ale zu trinken.

IV.

Als Liesbeth in der nächsten Morgenfrühe, nach kurzem Schlaf und qualvollem Wachen, mit schwerem Herzen erwachte, wunderte sie sich sehr, daß sie an der verschlossenen Hausthür klopfen hörte. Sie stand auf und sah nach der Uhr; es war zwischen Vier und Fünf. Das Klopfen wiederholte sich im Takt, wie nach einer lustigen Melodie. Sie verwunderte sich noch mehr, fuhr in ihre Kleider und ging über den Flur, um zu öffnen. Draußen standen die Beiden, an die sie die ganze Nacht, im Traum und im Wachen, gedacht hatte; aber nicht als Gegner mit gezogenen Messern, sondern äußerst friedlich, Jeder gegen einen der Thürpfosten gelehnt. Sie schienen etwas zu frieren, ein frischer Morgenwind ging ihnen durch die wirren Haare. Aber sie summten Beide ein Lied vor sich hin und warfen heitere Blicke aus ihren überwachten, großen Augen. Bei diesem gänzlich' unerwarteten Anblick fuhr Liesbeth zurück, und da sie nicht begriff, was sie dazu sagen sollte, sagte sie kein Wort.

Du könntest uns einen Kaffee machen, Liesbeth, fing Ohlerich an, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen, mit einem eigenthümlich humoristischen Ausdruck um die Lippen. Mit dem Kaffee muß man allemal abschließen; und du machst ihn ja gut, sagt der Herr Julius. Das ist ein Mann, der es wissen muß! Also Kaffee, vom besten.

Ja du mein Gott, wo kommt ihr denn aber her? fragte die junge Frau immer noch fassungslos.

Weißt du denn nicht mehr, wer Peter Jungmann ist? antwortete Ohlerich.

Liesbeth griff sich vor Verwunderung an den Kopf. Wie, seid ihr denn die ganze Nacht im Wirthshaus gewesen?

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[0044] ward. Ja, der Tisch ist leer, bestätigte Ohlerich. So setzten sie sich und fingen an, Porter mit Ale zu trinken. IV. Als Liesbeth in der nächsten Morgenfrühe, nach kurzem Schlaf und qualvollem Wachen, mit schwerem Herzen erwachte, wunderte sie sich sehr, daß sie an der verschlossenen Hausthür klopfen hörte. Sie stand auf und sah nach der Uhr; es war zwischen Vier und Fünf. Das Klopfen wiederholte sich im Takt, wie nach einer lustigen Melodie. Sie verwunderte sich noch mehr, fuhr in ihre Kleider und ging über den Flur, um zu öffnen. Draußen standen die Beiden, an die sie die ganze Nacht, im Traum und im Wachen, gedacht hatte; aber nicht als Gegner mit gezogenen Messern, sondern äußerst friedlich, Jeder gegen einen der Thürpfosten gelehnt. Sie schienen etwas zu frieren, ein frischer Morgenwind ging ihnen durch die wirren Haare. Aber sie summten Beide ein Lied vor sich hin und warfen heitere Blicke aus ihren überwachten, großen Augen. Bei diesem gänzlich' unerwarteten Anblick fuhr Liesbeth zurück, und da sie nicht begriff, was sie dazu sagen sollte, sagte sie kein Wort. Du könntest uns einen Kaffee machen, Liesbeth, fing Ohlerich an, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen, mit einem eigenthümlich humoristischen Ausdruck um die Lippen. Mit dem Kaffee muß man allemal abschließen; und du machst ihn ja gut, sagt der Herr Julius. Das ist ein Mann, der es wissen muß! Also Kaffee, vom besten. Ja du mein Gott, wo kommt ihr denn aber her? fragte die junge Frau immer noch fassungslos. Weißt du denn nicht mehr, wer Peter Jungmann ist? antwortete Ohlerich. Liesbeth griff sich vor Verwunderung an den Kopf. Wie, seid ihr denn die ganze Nacht im Wirthshaus gewesen?

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:21:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:21:33Z)

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Zitationshilfe: Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/44>, abgerufen am 19.04.2024.