Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

Auswahl der tragödien. Sallustius.
paraphrasen, und aus den obigen genaueren ausführungen über die
scholien zu einzelnen dramen ist ersichtlich, dass die gleichartig erhaltenen
scholien ganz verschieden aussehen, je nach dem materiale, das dem
compilator zur verfügung stand, dem wir sie verdanken. ob das aber
einer für alle dramen war, oder so und so viele, lässt sich nicht aus-
machen: compilatoren haben keine individualität.

Metrische scholien sind nur zum Aischylos ein par erhalten, wert-
voll, obwol sicherlich nicht älter als heliodorisch 152). kolometrie ist vor-
handen, aber man setzte ja die verse seit Aristophanes allgemein ab.
offenbar hat der grammatiker, der die auswahl machte, die metrik ganz wie
Symmachos unberücksichtigt gelassen.

Den namen dieses mannes kennen wir nicht. es kann aber scheinen,
als gäbe es bewerber um die ehre. die scholien selbst nennen noch
upomnemata von Irenaeus 153) Pius 154) und einem Alexander 155) den man
nicht genauer bestimmen kann. später entstehen überhaupt keine upo-
mnemata zu den tragikern mehr. nun besitzen wir aber zu Sophokles
Oid. Kol. und Antigone hypothesen von einem gewissen Sallustius, undSallustius.
die gleichartigkeit des tons weist ihm die des Aias und die dia ti

prota men en Nemee, in Byzanz geläufigen dingen, hat wol der schreiber des Laur.
erst den mangel einer hypothesis der Trachinierinnen ersetzt. von den zwei stellen
aus Apollonios (El. 445, 745) ist wenigstens die erste späterer zusatz, ebenso wie
die töricht citirte aus der Demonicea Tr. 118. aber wie wenig citate bleiben in diesen
scholien übrig, wenn man das alte hypomnema zum OK und die mythographischen
excerpte abzieht? das gilt noch dreimal so stark von den Aischylosscholien, wo
zufälligerweise Herodian auch nur einmal vorkommt (Eum. 189). die für späte zeit
beweisenden namen Strabon Dionysios periegetes Apollonios Rhodios sind alle von
einem spätling für geographisches zum Prometheus beigeschrieben. das excerpt aus
der mousike istoria vor dem Prometheus ist ersichtlich von demselben beigefügt;
wenigstens die epitome des Rufus hat sich lange erhalten. die benutzung der Sym-
machosausgabe des Aristophanes liegt nirgend erweislich vor: die der Epinikien des
Pindar überall.
152) Ein im übrigen verschollener grammatiker Eugenios (um 500) hat nach
Suidas eine Kolometrie apo dramaton ie zu den drei tragikern verfasst. ob er von
jedem 5 nahm oder wie er sonst verteilte, lässt sich nicht sagen: je 15 konnte er
nicht mehr kennen und einfluss hat er nicht gewonnen.
153) Med. 218.
154) Aias 408. die zeit des Pius, eines ziemlich törichten lytikers, scheint sich
nicht sicher bestimmen zu lassen. vgl. Schrader Porphyr. 434.
155) Et. M. armateion aus dem vollständigeren scholion zu Or. 1384. citirt
wird neben Palamedes auch Didumos kai Alexandros. auf den von Kotyaion hat
Lehrs qu. ep. 13 geraten. es ist aber ganz unsicher; eben so gut kann es ein obscurer
älterer sein, den Didymos citirte.

Auswahl der tragödien. Sallustius.
paraphrasen, und aus den obigen genaueren ausführungen über die
scholien zu einzelnen dramen ist ersichtlich, daſs die gleichartig erhaltenen
scholien ganz verschieden aussehen, je nach dem materiale, das dem
compilator zur verfügung stand, dem wir sie verdanken. ob das aber
einer für alle dramen war, oder so und so viele, läſst sich nicht aus-
machen: compilatoren haben keine individualität.

Metrische scholien sind nur zum Aischylos ein par erhalten, wert-
voll, obwol sicherlich nicht älter als heliodorisch 152). kolometrie ist vor-
handen, aber man setzte ja die verse seit Aristophanes allgemein ab.
offenbar hat der grammatiker, der die auswahl machte, die metrik ganz wie
Symmachos unberücksichtigt gelassen.

Den namen dieses mannes kennen wir nicht. es kann aber scheinen,
als gäbe es bewerber um die ehre. die scholien selbst nennen noch
ὑπομνήματα von Irenaeus 153) Pius 154) und einem Alexander 155) den man
nicht genauer bestimmen kann. später entstehen überhaupt keine ὑπο-
μνήματα zu den tragikern mehr. nun besitzen wir aber zu Sophokles
Oid. Kol. und Antigone hypothesen von einem gewissen Sallustius, undSallustius.
die gleichartigkeit des tons weist ihm die des Aias und die διὰ τί

πρῶτα μὲν ἐν Νεμέῃ, in Byzanz geläufigen dingen, hat wol der schreiber des Laur.
erst den mangel einer hypothesis der Trachinierinnen ersetzt. von den zwei stellen
aus Apollonios (El. 445, 745) ist wenigstens die erste späterer zusatz, ebenso wie
die töricht citirte aus der Demonicea Tr. 118. aber wie wenig citate bleiben in diesen
scholien übrig, wenn man das alte hypomnema zum OK und die mythographischen
excerpte abzieht? das gilt noch dreimal so stark von den Aischylosscholien, wo
zufälligerweise Herodian auch nur einmal vorkommt (Eum. 189). die für späte zeit
beweisenden namen Strabon Dionysios periegetes Apollonios Rhodios sind alle von
einem spätling für geographisches zum Prometheus beigeschrieben. das excerpt aus
der μουσιϰὴ ἱστορία vor dem Prometheus ist ersichtlich von demselben beigefügt;
wenigstens die epitome des Rufus hat sich lange erhalten. die benutzung der Sym-
machosausgabe des Aristophanes liegt nirgend erweislich vor: die der Epinikien des
Pindar überall.
152) Ein im übrigen verschollener grammatiker Eugenios (um 500) hat nach
Suidas eine Kolometrie ἀπὸ δραμάτων ιέ zu den drei tragikern verfaſst. ob er von
jedem 5 nahm oder wie er sonst verteilte, läſst sich nicht sagen: je 15 konnte er
nicht mehr kennen und einfluſs hat er nicht gewonnen.
153) Med. 218.
154) Aias 408. die zeit des Pius, eines ziemlich törichten lytikers, scheint sich
nicht sicher bestimmen zu lassen. vgl. Schrader Porphyr. 434.
155) Et. M. ἁρμάτειον aus dem vollständigeren scholion zu Or. 1384. citirt
wird neben Palamedes auch Δίδυμος ϰαὶ Ἀλέξανδρος. auf den von Kotyaion hat
Lehrs qu. ep. 13 geraten. es ist aber ganz unsicher; eben so gut kann es ein obscurer
älterer sein, den Didymos citirte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0217" n="197"/><fw place="top" type="header">Auswahl der tragödien. Sallustius.</fw><lb/>
paraphrasen, und aus den obigen genaueren ausführungen über die<lb/>
scholien zu einzelnen dramen ist ersichtlich, da&#x017F;s die gleichartig erhaltenen<lb/>
scholien ganz verschieden aussehen, je nach dem materiale, das dem<lb/>
compilator zur verfügung stand, dem wir sie verdanken. ob das aber<lb/>
einer für alle dramen war, oder so und so viele, lä&#x017F;st sich nicht aus-<lb/>
machen: compilatoren haben keine individualität.</p><lb/>
        <p>Metrische scholien sind nur zum Aischylos ein par erhalten, wert-<lb/>
voll, obwol sicherlich nicht älter als heliodorisch <note place="foot" n="152)">Ein im übrigen verschollener grammatiker Eugenios (um 500) hat nach<lb/>
Suidas eine Kolometrie &#x1F00;&#x03C0;&#x1F78; &#x03B4;&#x03C1;&#x03B1;&#x03BC;&#x03AC;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD; &#x03B9;&#x03AD; zu den drei tragikern verfa&#x017F;st. ob er von<lb/>
jedem 5 nahm oder wie er sonst verteilte, lä&#x017F;st sich nicht sagen: je 15 konnte er<lb/>
nicht mehr kennen und einflu&#x017F;s hat er nicht gewonnen.</note>. kolometrie ist vor-<lb/>
handen, aber man setzte ja die verse seit Aristophanes allgemein ab.<lb/>
offenbar hat der grammatiker, der die auswahl machte, die metrik ganz wie<lb/>
Symmachos unberücksichtigt gelassen.</p><lb/>
        <p>Den namen dieses mannes kennen wir nicht. es kann aber scheinen,<lb/>
als gäbe es bewerber um die ehre. die scholien selbst nennen noch<lb/>
&#x1F51;&#x03C0;&#x03BF;&#x03BC;&#x03BD;&#x03AE;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1; von Irenaeus <note place="foot" n="153)">Med. 218.</note> Pius <note place="foot" n="154)">Aias 408. die zeit des Pius, eines ziemlich törichten lytikers, scheint sich<lb/>
nicht sicher bestimmen zu lassen. vgl. Schrader Porphyr. 434.</note> und einem Alexander <note place="foot" n="155)">Et. M. &#x1F01;&#x03C1;&#x03BC;&#x03AC;&#x03C4;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD; aus dem vollständigeren scholion zu Or. 1384. citirt<lb/>
wird neben Palamedes auch &#x0394;&#x03AF;&#x03B4;&#x03C5;&#x03BC;&#x03BF;&#x03C2; &#x03F0;&#x03B1;&#x1F76; &#x1F08;&#x03BB;&#x03AD;&#x03BE;&#x03B1;&#x03BD;&#x03B4;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C2;. auf den von Kotyaion hat<lb/>
Lehrs <hi rendition="#i">qu. ep.</hi> 13 geraten. es ist aber ganz unsicher; eben so gut kann es ein obscurer<lb/>
älterer sein, den Didymos citirte.</note> den man<lb/>
nicht genauer bestimmen kann. später entstehen überhaupt keine &#x1F51;&#x03C0;&#x03BF;-<lb/>
&#x03BC;&#x03BD;&#x1F75;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1; zu den tragikern mehr. nun besitzen wir aber zu Sophokles<lb/>
Oid. Kol. und Antigone hypothesen von einem gewissen Sallustius, und<note place="right">Sallustius.</note><lb/>
die gleichartigkeit des tons weist ihm die des Aias und die &#x03B4;&#x03B9;&#x1F70; &#x03C4;&#x03AF;<lb/><note xml:id="note-0217" prev="#note-0216" place="foot" n="151)">&#x03C0;&#x03C1;&#x1FF6;&#x03C4;&#x03B1; &#x03BC;&#x1F72;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BD; &#x039D;&#x03B5;&#x03BC;&#x03AD;&#x1FC3;, in Byzanz geläufigen dingen, hat wol der schreiber des Laur.<lb/>
erst den mangel einer hypothesis der Trachinierinnen ersetzt. von den zwei stellen<lb/>
aus Apollonios (El. 445, 745) ist wenigstens die erste späterer zusatz, ebenso wie<lb/>
die töricht citirte aus der Demonicea Tr. 118. aber wie wenig citate bleiben in diesen<lb/>
scholien übrig, wenn man das alte hypomnema zum OK und die mythographischen<lb/>
excerpte abzieht? das gilt noch dreimal so stark von den Aischylosscholien, wo<lb/>
zufälligerweise Herodian auch nur einmal vorkommt (Eum. 189). die für späte zeit<lb/>
beweisenden namen Strabon Dionysios periegetes Apollonios Rhodios sind alle von<lb/>
einem spätling für geographisches zum Prometheus beigeschrieben. das excerpt aus<lb/>
der &#x03BC;&#x03BF;&#x03C5;&#x03C3;&#x03B9;&#x03F0;&#x1F74; &#x1F31;&#x03C3;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C1;&#x03AF;&#x03B1; vor dem Prometheus ist ersichtlich von demselben beigefügt;<lb/>
wenigstens die epitome des Rufus hat sich lange erhalten. die benutzung der Sym-<lb/>
machosausgabe des Aristophanes liegt nirgend erweislich vor: die der Epinikien des<lb/>
Pindar überall.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0217] Auswahl der tragödien. Sallustius. paraphrasen, und aus den obigen genaueren ausführungen über die scholien zu einzelnen dramen ist ersichtlich, daſs die gleichartig erhaltenen scholien ganz verschieden aussehen, je nach dem materiale, das dem compilator zur verfügung stand, dem wir sie verdanken. ob das aber einer für alle dramen war, oder so und so viele, läſst sich nicht aus- machen: compilatoren haben keine individualität. Metrische scholien sind nur zum Aischylos ein par erhalten, wert- voll, obwol sicherlich nicht älter als heliodorisch 152). kolometrie ist vor- handen, aber man setzte ja die verse seit Aristophanes allgemein ab. offenbar hat der grammatiker, der die auswahl machte, die metrik ganz wie Symmachos unberücksichtigt gelassen. Den namen dieses mannes kennen wir nicht. es kann aber scheinen, als gäbe es bewerber um die ehre. die scholien selbst nennen noch ὑπομνήματα von Irenaeus 153) Pius 154) und einem Alexander 155) den man nicht genauer bestimmen kann. später entstehen überhaupt keine ὑπο- μνήματα zu den tragikern mehr. nun besitzen wir aber zu Sophokles Oid. Kol. und Antigone hypothesen von einem gewissen Sallustius, und die gleichartigkeit des tons weist ihm die des Aias und die διὰ τί 151) Sallustius. 152) Ein im übrigen verschollener grammatiker Eugenios (um 500) hat nach Suidas eine Kolometrie ἀπὸ δραμάτων ιέ zu den drei tragikern verfaſst. ob er von jedem 5 nahm oder wie er sonst verteilte, läſst sich nicht sagen: je 15 konnte er nicht mehr kennen und einfluſs hat er nicht gewonnen. 153) Med. 218. 154) Aias 408. die zeit des Pius, eines ziemlich törichten lytikers, scheint sich nicht sicher bestimmen zu lassen. vgl. Schrader Porphyr. 434. 155) Et. M. ἁρμάτειον aus dem vollständigeren scholion zu Or. 1384. citirt wird neben Palamedes auch Δίδυμος ϰαὶ Ἀλέξανδρος. auf den von Kotyaion hat Lehrs qu. ep. 13 geraten. es ist aber ganz unsicher; eben so gut kann es ein obscurer älterer sein, den Didymos citirte. 151) πρῶτα μὲν ἐν Νεμέῃ, in Byzanz geläufigen dingen, hat wol der schreiber des Laur. erst den mangel einer hypothesis der Trachinierinnen ersetzt. von den zwei stellen aus Apollonios (El. 445, 745) ist wenigstens die erste späterer zusatz, ebenso wie die töricht citirte aus der Demonicea Tr. 118. aber wie wenig citate bleiben in diesen scholien übrig, wenn man das alte hypomnema zum OK und die mythographischen excerpte abzieht? das gilt noch dreimal so stark von den Aischylosscholien, wo zufälligerweise Herodian auch nur einmal vorkommt (Eum. 189). die für späte zeit beweisenden namen Strabon Dionysios periegetes Apollonios Rhodios sind alle von einem spätling für geographisches zum Prometheus beigeschrieben. das excerpt aus der μουσιϰὴ ἱστορία vor dem Prometheus ist ersichtlich von demselben beigefügt; wenigstens die epitome des Rufus hat sich lange erhalten. die benutzung der Sym- machosausgabe des Aristophanes liegt nirgend erweislich vor: die der Epinikien des Pindar überall.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/217
Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/217>, abgerufen am 24.04.2024.