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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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Scholien zu den Alexandrinern.
texte, ja auch für die fährnisse, welche die grammatik selbst brachte, als sie
sich noch etwas zutraute. wir lesen die Theriaka in besserem zustande als
Athenaeus, der sie ohne scholien benutzte 136). unsere handschriften aber
zeigen starke abweichungen, controlliren sich aber selbst, einmal weil neben
dem durchweg jungen und unzuverlässig geschriebenen volke eine vorzüg-
liche handschrift steht, die von einem hervorragenden kenner, H. Keil, für
ganz ähnlich den Laur. 32, 9 des Apollonios erklärt ist (Paris. suppl. 247, P),
dann aber weil die jüngeren die scholien erhalten haben, von denen P
nur schwache spuren hat 137). und diese wieder lehren durch reichliche
proben, welche fülle schlechter einfälle von den kritikern auf den markt
gebracht war, glücklicherweise ohne viel zu schaden. die grammatik hatte
sich bald nach Nikanders tod der exegese angenommen, und zuerst Deme-
trios Chloros, dann Antigonos 138) hatten dem Theon vorgearbeitet, so dass
er nicht so bedeutend wie sonst erscheint. auf diese ältesten erklärer muss
die ganz singuläre belesenheit in seltenen dichtern der Alexandrinerzeit
zurückgehen, wol auch die stattliche reihe von bruchstücken technischer
schriftsteller 139). dann hat auch Plutarch sich am Nikander seltsamer-
weise versucht, und höchstens 100 jahre nach ihm muss unser corpus
gemacht sein. denn die zusätze sind gering und beschränken sich auf
schriftsteller dieser zeit 140). die atticisten, Herodian, die auswahlen der

136) Schneider Nicandrea 159. man darf also den zustand, in dem die reste
der Georgika bei Athenaeus vorliegen, zum teil auf rechnung seines exemplares
schieben. die interpolationen sind übrigens zum teil sachlicher art, gemacht von
so zu sagen ärzten, also ähnlich wie die astronomischen im Arat zu beurteilen. auch
die zusätze am schlusse der Alexipharmaka, welche P nicht kennt (offenbar auf
grund von kritischen scholien, denn die verse sind nicht byzantinisch), sind dieser
art, und der verfasser hat noch dazu selbst gesagt, dass er einen nachtrag liefert.
137) Die scholien der Alexipharmaka warten noch auf einen bearbeiter, der sie
wenigstens auf einen älteren zustand zurückführe als der jetzige ist, in welchem
Tzetzes erscheint und die orange nerantzion 533. O. Schneider hat die scholien
und die antike erklärung in unverantwortlicher weise vernachlässigt.
138) Er gehört noch ins erste jahrhundert v. Chr. (Erotian. praef. p. 32 Kl.), und
polemisirt gegen Chloros, Ther. 748. 585, wodurch man weiteres gewinnen kann.
139) Archelaos Idiophue, Numenios, Petrichos, Herondas und Parmenon die
iambographen, Menekrates (Ther. 172, doch wol der dichter der Erga aus Ephesos)
sind seltenheiten. viele von ihnen und daneben die glossographen, wie Epainetos
und Hermonax, kehren allerdings bei Pamphilos wieder: aber die dichter sind keines-
weges nur für glossen benutzt. die techniker sind in verbindung mit der medici-
nischen litteratur und besonders mit Plinius Nat. hist. zu setzen: dann dürfte sich
vieles ergeben.
140) Oppian für zwei glossen, Th. 98, 586, von denen die erste verdorben ist.
Dionysios der perieget zur stütze einer conjectur Th. 175, für eine sage Th. 607,

Scholien zu den Alexandrinern.
texte, ja auch für die fährnisse, welche die grammatik selbst brachte, als sie
sich noch etwas zutraute. wir lesen die Theriaka in besserem zustande als
Athenaeus, der sie ohne scholien benutzte 136). unsere handschriften aber
zeigen starke abweichungen, controlliren sich aber selbst, einmal weil neben
dem durchweg jungen und unzuverlässig geschriebenen volke eine vorzüg-
liche handschrift steht, die von einem hervorragenden kenner, H. Keil, für
ganz ähnlich den Laur. 32, 9 des Apollonios erklärt ist (Paris. suppl. 247, Π),
dann aber weil die jüngeren die scholien erhalten haben, von denen Π
nur schwache spuren hat 137). und diese wieder lehren durch reichliche
proben, welche fülle schlechter einfälle von den kritikern auf den markt
gebracht war, glücklicherweise ohne viel zu schaden. die grammatik hatte
sich bald nach Nikanders tod der exegese angenommen, und zuerst Deme-
trios Chloros, dann Antigonos 138) hatten dem Theon vorgearbeitet, so daſs
er nicht so bedeutend wie sonst erscheint. auf diese ältesten erklärer muſs
die ganz singuläre belesenheit in seltenen dichtern der Alexandrinerzeit
zurückgehen, wol auch die stattliche reihe von bruchstücken technischer
schriftsteller 139). dann hat auch Plutarch sich am Nikander seltsamer-
weise versucht, und höchstens 100 jahre nach ihm muſs unser corpus
gemacht sein. denn die zusätze sind gering und beschränken sich auf
schriftsteller dieser zeit 140). die atticisten, Herodian, die auswahlen der

136) Schneider Nicandrea 159. man darf also den zustand, in dem die reste
der Georgika bei Athenaeus vorliegen, zum teil auf rechnung seines exemplares
schieben. die interpolationen sind übrigens zum teil sachlicher art, gemacht von
so zu sagen ärzten, also ähnlich wie die astronomischen im Arat zu beurteilen. auch
die zusätze am schlusse der Alexipharmaka, welche Π nicht kennt (offenbar auf
grund von kritischen scholien, denn die verse sind nicht byzantinisch), sind dieser
art, und der verfasser hat noch dazu selbst gesagt, daſs er einen nachtrag liefert.
137) Die scholien der Alexipharmaka warten noch auf einen bearbeiter, der sie
wenigstens auf einen älteren zustand zurückführe als der jetzige ist, in welchem
Tzetzes erscheint und die orange νεράντζιον 533. O. Schneider hat die scholien
und die antike erklärung in unverantwortlicher weise vernachlässigt.
138) Er gehört noch ins erste jahrhundert v. Chr. (Erotian. praef. p. 32 Kl.), und
polemisirt gegen Chloros, Ther. 748. 585, wodurch man weiteres gewinnen kann.
139) Archelaos Ἰδιοφυῆ, Numenios, Petrichos, Herondas und Parmenon die
iambographen, Menekrates (Ther. 172, doch wol der dichter der Erga aus Ephesos)
sind seltenheiten. viele von ihnen und daneben die glossographen, wie Epainetos
und Hermonax, kehren allerdings bei Pamphilos wieder: aber die dichter sind keines-
weges nur für glossen benutzt. die techniker sind in verbindung mit der medici-
nischen litteratur und besonders mit Plinius Nat. hist. zu setzen: dann dürfte sich
vieles ergeben.
140) Oppian für zwei glossen, Th. 98, 586, von denen die erste verdorben ist.
Dionysios der perieget zur stütze einer conjectur Th. 175, für eine sage Th. 607,
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[189/0209] Scholien zu den Alexandrinern. texte, ja auch für die fährnisse, welche die grammatik selbst brachte, als sie sich noch etwas zutraute. wir lesen die Theriaka in besserem zustande als Athenaeus, der sie ohne scholien benutzte 136). unsere handschriften aber zeigen starke abweichungen, controlliren sich aber selbst, einmal weil neben dem durchweg jungen und unzuverlässig geschriebenen volke eine vorzüg- liche handschrift steht, die von einem hervorragenden kenner, H. Keil, für ganz ähnlich den Laur. 32, 9 des Apollonios erklärt ist (Paris. suppl. 247, Π), dann aber weil die jüngeren die scholien erhalten haben, von denen Π nur schwache spuren hat 137). und diese wieder lehren durch reichliche proben, welche fülle schlechter einfälle von den kritikern auf den markt gebracht war, glücklicherweise ohne viel zu schaden. die grammatik hatte sich bald nach Nikanders tod der exegese angenommen, und zuerst Deme- trios Chloros, dann Antigonos 138) hatten dem Theon vorgearbeitet, so daſs er nicht so bedeutend wie sonst erscheint. auf diese ältesten erklärer muſs die ganz singuläre belesenheit in seltenen dichtern der Alexandrinerzeit zurückgehen, wol auch die stattliche reihe von bruchstücken technischer schriftsteller 139). dann hat auch Plutarch sich am Nikander seltsamer- weise versucht, und höchstens 100 jahre nach ihm muſs unser corpus gemacht sein. denn die zusätze sind gering und beschränken sich auf schriftsteller dieser zeit 140). die atticisten, Herodian, die auswahlen der 136) Schneider Nicandrea 159. man darf also den zustand, in dem die reste der Georgika bei Athenaeus vorliegen, zum teil auf rechnung seines exemplares schieben. die interpolationen sind übrigens zum teil sachlicher art, gemacht von so zu sagen ärzten, also ähnlich wie die astronomischen im Arat zu beurteilen. auch die zusätze am schlusse der Alexipharmaka, welche Π nicht kennt (offenbar auf grund von kritischen scholien, denn die verse sind nicht byzantinisch), sind dieser art, und der verfasser hat noch dazu selbst gesagt, daſs er einen nachtrag liefert. 137) Die scholien der Alexipharmaka warten noch auf einen bearbeiter, der sie wenigstens auf einen älteren zustand zurückführe als der jetzige ist, in welchem Tzetzes erscheint und die orange νεράντζιον 533. O. Schneider hat die scholien und die antike erklärung in unverantwortlicher weise vernachlässigt. 138) Er gehört noch ins erste jahrhundert v. Chr. (Erotian. praef. p. 32 Kl.), und polemisirt gegen Chloros, Ther. 748. 585, wodurch man weiteres gewinnen kann. 139) Archelaos Ἰδιοφυῆ, Numenios, Petrichos, Herondas und Parmenon die iambographen, Menekrates (Ther. 172, doch wol der dichter der Erga aus Ephesos) sind seltenheiten. viele von ihnen und daneben die glossographen, wie Epainetos und Hermonax, kehren allerdings bei Pamphilos wieder: aber die dichter sind keines- weges nur für glossen benutzt. die techniker sind in verbindung mit der medici- nischen litteratur und besonders mit Plinius Nat. hist. zu setzen: dann dürfte sich vieles ergeben. 140) Oppian für zwei glossen, Th. 98, 586, von denen die erste verdorben ist. Dionysios der perieget zur stütze einer conjectur Th. 175, für eine sage Th. 607,

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/209>, abgerufen am 19.04.2024.