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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Begrenzung der aufgabe. die jahre 466--55.

5) Iustinus und Nepos sind ganz unbrauchbar.

6) Eusebius liegt uns entstellt vor und hat die ereignisse schon so
vielfach umgerechnet und verschoben überkommen, dass er nur subsidiär
herangezogen werden kann. zu grunde liegen aber die genauen attischen
archontenjahre.

Die ereignisse des ersten jahrzehntes sind oben (I 142--47) geordnetDie jahre
466--55.

für die folgenden bildet den absolut zuverlässigen ausgangspunkt die
niederlage bei Drabeskos im neunundzwanzigsten jahre vor Euthymenes
437/6, also unter Lysitheos 465/4.2) Thukydides lässt darüber keinen
zweifel, dass dieses jahr zugleich das erste des thasischen aufstandes ist,
der im dritten jahre beendigt ward, also unter Tlepolemos 463/2. als
Kimon heimkehrt, hat er einen schweren rechenschaftsprocess zu be-
stehen; freigesprochen sticht er wieder in see, und in seiner abwesen-
heit wird der Areopag gestürzt, also unter Konon 462/1. so ergibt die
rechnung nach Plutarch. die rechnung ist richtig, denn der sturz des
Areopages ist auf das jahr des Konon durch Aristoteles absolut fixirt.
nun gleicht sich aber ein thukydideisches kriegsjahr mit zwei attischen
jahren; wir bedürfen also noch einer näheren bestimmung, ob der tha-
sische krieg 465--63 oder 464--62 reicht. das entscheidet sich durch
den fortgang der geschichte Kimons. als er von jenem unbestimmten
zuge heimkehrt und den Areopag gestürzt findet, setzt er die hilfleistung
für Sparta durch, wird dort abgewiesen und verfällt zu hause dem ostra-
kismos. die vorfrage nach dem ostrakismos wird in der sechsten pry-
tanie gestellt, also in dem anfange eines julianischen jahres. in dessen
vorjahr, aber in dasselbe attische, fällt der zug nach Messene, davor der
sturz des Areopages, unter Konon fixirt. also ist Kimon frühjahr 460
verbannt3), der thasische krieg 465--63.4) wer den versuch machen

2) Thuk. I 100, IV 102. schol. Aischin. 2, 31 von Clinton verbessert.
3) Der bericht Plutarchs ist wichtig und wird sehr vielfach misbraucht. eine
interpretation, die den schriftsteller zunächst selbst interpretirt, ergibt aber ein
gutes und verlässliches resultat. nach dem rechenschaftsprocesse (14) geht Komon
wieder wie gewöhnlich als feldherr in see (os de palin exepleusen epi strateian
15, 1), während seiner abwesenheit wird der Areopag gestürzt, Kimon kehrt heim
(a`s epanelthen 15, 2) und tritt in den parteikampf, der sich nun wider seine person
richtet. bei der gelegenheit legt Plutarch eine anzahl belege für die lakonischen
sympathien Kimons ein (Eupolis, Stesimbrotos u. a. 15, 3--16, 3). nun kommt er
auf das spartanische erdbeben und die bittgesandtschaft, an die er wieder eine menge
von schönen citaten anschliesst (Aristophanes, Kritias, Ion). nun muss er wieder in
das historische fahrwasser einlenken (17, 2), d. h. in wahrheit an 15, 2 anschliessen.
denn die schilderung des erdbebens selbst (16, 5--7) stammt in ihrer anschaulichen
4) Köhler (Herm. 24) hat die verlustliste I 432 richtig bezogen und datirt.
sie enthält die gefallenen vom Hellespont und Thasos, und Köhler hat die ersteren
aus Plut. Kim. 14 vorzüglich erläutert. das totenfest der Epitaphien fällt auf den
6./7. pyanopsion, und die jahre dieser listen laufen selbstverständlich von fest zu
fest, sind also eben so wenig attische kalenderjahre wie die von den Panathenaeen
laufenden der schatzmeister. deshalb steht auch niemals ein archon auf den ver-
lustlisten. unmöglich konnte man die gebeine der in den ersten drei monaten eines
jahres gefallenen über jahr und tag der grabesruhe entziehen, damit sie nach dem
kalenderjahre sortirt auf dem friedhofe lägen. also ist es ganz in der ordnung, dass
auf dieser liste die toten der hellespontischen gefechte stehen, obwol sie sicher
unter Lysanias, frühjahr 465, möglicherweise schon winter 466/65 gefallen sind, da-
gegen die toten von Drabeskos nicht, obwol sie unter Lysitheos gefallen sind. denn
diese schlacht hat nicht nur nach dem pyanopsion 465, sondern erst 464 statt-
gefunden. die leute wollten eine colonie gründen, deren voraussetzung die erfolge
Komons waren, die er durch jene gefechte errungen hatte, und das trieb andererseits
die Thasier zum abfall, weil sie die nachbarschaft einer athenischen colonie nicht
wünschten. also liegt zwischen jenen gefechten und dem untergange der colonisten
eine längere zeit, ein winter. es ist ebenfalls ganz in der ordnung, dass die toten
von Drabeskos ihre besondere liste hatten, aufgestellt im pyanopsion des Arche-
demides 464: aber das älteste grab im Kerameikos war dieses freilich nicht. Pau-
sanias irrt (I 29, 4); sein irrtum wird jedoch dadurch erzeugt sein, dass er auf das
wirklich älteste grab die Herodotstelle (IX 75) bezog, weil seine inschrift eine
niederlage in Thrakien erwähnte, während das grab den toten von 475 galt. dass
damals im anschlusse an die gründung des Theseusgrabes auch der staatsfriedhof
eingerichtet ist, erscheint mir durchaus wahrscheinlich.
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Begrenzung der aufgabe. die jahre 466—55.

5) Iustinus und Nepos sind ganz unbrauchbar.

6) Eusebius liegt uns entstellt vor und hat die ereignisse schon so
vielfach umgerechnet und verschoben überkommen, daſs er nur subsidiär
herangezogen werden kann. zu grunde liegen aber die genauen attischen
archontenjahre.

Die ereignisse des ersten jahrzehntes sind oben (I 142—47) geordnetDie jahre
466—55.

für die folgenden bildet den absolut zuverläſsigen ausgangspunkt die
niederlage bei Drabeskos im neunundzwanzigsten jahre vor Euthymenes
437/6, also unter Lysitheos 465/4.2) Thukydides läſst darüber keinen
zweifel, daſs dieses jahr zugleich das erste des thasischen aufstandes ist,
der im dritten jahre beendigt ward, also unter Tlepolemos 463/2. als
Kimon heimkehrt, hat er einen schweren rechenschaftsprocess zu be-
stehen; freigesprochen sticht er wieder in see, und in seiner abwesen-
heit wird der Areopag gestürzt, also unter Konon 462/1. so ergibt die
rechnung nach Plutarch. die rechnung ist richtig, denn der sturz des
Areopages ist auf das jahr des Konon durch Aristoteles absolut fixirt.
nun gleicht sich aber ein thukydideisches kriegsjahr mit zwei attischen
jahren; wir bedürfen also noch einer näheren bestimmung, ob der tha-
sische krieg 465—63 oder 464—62 reicht. das entscheidet sich durch
den fortgang der geschichte Kimons. als er von jenem unbestimmten
zuge heimkehrt und den Areopag gestürzt findet, setzt er die hilfleistung
für Sparta durch, wird dort abgewiesen und verfällt zu hause dem ostra-
kismos. die vorfrage nach dem ostrakismos wird in der sechsten pry-
tanie gestellt, also in dem anfange eines julianischen jahres. in dessen
vorjahr, aber in dasselbe attische, fällt der zug nach Messene, davor der
sturz des Areopages, unter Konon fixirt. also ist Kimon frühjahr 460
verbannt3), der thasische krieg 465—63.4) wer den versuch machen

2) Thuk. I 100, IV 102. schol. Aischin. 2, 31 von Clinton verbessert.
3) Der bericht Plutarchs ist wichtig und wird sehr vielfach misbraucht. eine
interpretation, die den schriftsteller zunächst selbst interpretirt, ergibt aber ein
gutes und verläſsliches resultat. nach dem rechenschaftsprocesse (14) geht Komon
wieder wie gewöhnlich als feldherr in see (ὡς δὲ πάλιν ἐξέπλευσεν ἐπὶ στϱατείαν
15, 1), während seiner abwesenheit wird der Areopag gestürzt, Kimon kehrt heim
(α῾ς ἐπανῆλϑεν 15, 2) und tritt in den parteikampf, der sich nun wider seine person
richtet. bei der gelegenheit legt Plutarch eine anzahl belege für die lakonischen
sympathien Kimons ein (Eupolis, Stesimbrotos u. a. 15, 3—16, 3). nun kommt er
auf das spartanische erdbeben und die bittgesandtschaft, an die er wieder eine menge
von schönen citaten anschlieſst (Aristophanes, Kritias, Ion). nun muſs er wieder in
das historische fahrwasser einlenken (17, 2), d. h. in wahrheit an 15, 2 anschlieſsen.
denn die schilderung des erdbebens selbst (16, 5—7) stammt in ihrer anschaulichen
4) Köhler (Herm. 24) hat die verlustliste I 432 richtig bezogen und datirt.
sie enthält die gefallenen vom Hellespont und Thasos, und Köhler hat die ersteren
aus Plut. Kim. 14 vorzüglich erläutert. das totenfest der Epitaphien fällt auf den
6./7. pyanopsion, und die jahre dieser listen laufen selbstverständlich von fest zu
fest, sind also eben so wenig attische kalenderjahre wie die von den Panathenaeen
laufenden der schatzmeister. deshalb steht auch niemals ein archon auf den ver-
lustlisten. unmöglich konnte man die gebeine der in den ersten drei monaten eines
jahres gefallenen über jahr und tag der grabesruhe entziehen, damit sie nach dem
kalenderjahre sortirt auf dem friedhofe lägen. also ist es ganz in der ordnung, daſs
auf dieser liste die toten der hellespontischen gefechte stehen, obwol sie sicher
unter Lysanias, frühjahr 465, möglicherweise schon winter 466/65 gefallen sind, da-
gegen die toten von Drabeskos nicht, obwol sie unter Lysitheos gefallen sind. denn
diese schlacht hat nicht nur nach dem pyanopsion 465, sondern erst 464 statt-
gefunden. die leute wollten eine colonie gründen, deren voraussetzung die erfolge
Komons waren, die er durch jene gefechte errungen hatte, und das trieb andererseits
die Thasier zum abfall, weil sie die nachbarschaft einer athenischen colonie nicht
wünschten. also liegt zwischen jenen gefechten und dem untergange der colonisten
eine längere zeit, ein winter. es ist ebenfalls ganz in der ordnung, daſs die toten
von Drabeskos ihre besondere liste hatten, aufgestellt im pyanopsion des Arche-
demides 464: aber das älteste grab im Kerameikos war dieses freilich nicht. Pau-
sanias irrt (I 29, 4); sein irrtum wird jedoch dadurch erzeugt sein, daſs er auf das
wirklich älteste grab die Herodotstelle (IX 75) bezog, weil seine inschrift eine
niederlage in Thrakien erwähnte, während das grab den toten von 475 galt. daſs
damals im anschlusse an die gründung des Theseusgrabes auch der staatsfriedhof
eingerichtet ist, erscheint mir durchaus wahrscheinlich.
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[291/0301] Begrenzung der aufgabe. die jahre 466—55. 5) Iustinus und Nepos sind ganz unbrauchbar. 6) Eusebius liegt uns entstellt vor und hat die ereignisse schon so vielfach umgerechnet und verschoben überkommen, daſs er nur subsidiär herangezogen werden kann. zu grunde liegen aber die genauen attischen archontenjahre. Die ereignisse des ersten jahrzehntes sind oben (I 142—47) geordnet für die folgenden bildet den absolut zuverläſsigen ausgangspunkt die niederlage bei Drabeskos im neunundzwanzigsten jahre vor Euthymenes 437/6, also unter Lysitheos 465/4. 2) Thukydides läſst darüber keinen zweifel, daſs dieses jahr zugleich das erste des thasischen aufstandes ist, der im dritten jahre beendigt ward, also unter Tlepolemos 463/2. als Kimon heimkehrt, hat er einen schweren rechenschaftsprocess zu be- stehen; freigesprochen sticht er wieder in see, und in seiner abwesen- heit wird der Areopag gestürzt, also unter Konon 462/1. so ergibt die rechnung nach Plutarch. die rechnung ist richtig, denn der sturz des Areopages ist auf das jahr des Konon durch Aristoteles absolut fixirt. nun gleicht sich aber ein thukydideisches kriegsjahr mit zwei attischen jahren; wir bedürfen also noch einer näheren bestimmung, ob der tha- sische krieg 465—63 oder 464—62 reicht. das entscheidet sich durch den fortgang der geschichte Kimons. als er von jenem unbestimmten zuge heimkehrt und den Areopag gestürzt findet, setzt er die hilfleistung für Sparta durch, wird dort abgewiesen und verfällt zu hause dem ostra- kismos. die vorfrage nach dem ostrakismos wird in der sechsten pry- tanie gestellt, also in dem anfange eines julianischen jahres. in dessen vorjahr, aber in dasselbe attische, fällt der zug nach Messene, davor der sturz des Areopages, unter Konon fixirt. also ist Kimon frühjahr 460 verbannt 3), der thasische krieg 465—63. 4) wer den versuch machen Die jahre 466—55. 2) Thuk. I 100, IV 102. schol. Aischin. 2, 31 von Clinton verbessert. 3) Der bericht Plutarchs ist wichtig und wird sehr vielfach misbraucht. eine interpretation, die den schriftsteller zunächst selbst interpretirt, ergibt aber ein gutes und verläſsliches resultat. nach dem rechenschaftsprocesse (14) geht Komon wieder wie gewöhnlich als feldherr in see (ὡς δὲ πάλιν ἐξέπλευσεν ἐπὶ στϱατείαν 15, 1), während seiner abwesenheit wird der Areopag gestürzt, Kimon kehrt heim (α῾ς ἐπανῆλϑεν 15, 2) und tritt in den parteikampf, der sich nun wider seine person richtet. bei der gelegenheit legt Plutarch eine anzahl belege für die lakonischen sympathien Kimons ein (Eupolis, Stesimbrotos u. a. 15, 3—16, 3). nun kommt er auf das spartanische erdbeben und die bittgesandtschaft, an die er wieder eine menge von schönen citaten anschlieſst (Aristophanes, Kritias, Ion). nun muſs er wieder in das historische fahrwasser einlenken (17, 2), d. h. in wahrheit an 15, 2 anschlieſsen. denn die schilderung des erdbebens selbst (16, 5—7) stammt in ihrer anschaulichen 4) Köhler (Herm. 24) hat die verlustliste I 432 richtig bezogen und datirt. sie enthält die gefallenen vom Hellespont und Thasos, und Köhler hat die ersteren aus Plut. Kim. 14 vorzüglich erläutert. das totenfest der Epitaphien fällt auf den 6./7. pyanopsion, und die jahre dieser listen laufen selbstverständlich von fest zu fest, sind also eben so wenig attische kalenderjahre wie die von den Panathenaeen laufenden der schatzmeister. deshalb steht auch niemals ein archon auf den ver- lustlisten. unmöglich konnte man die gebeine der in den ersten drei monaten eines jahres gefallenen über jahr und tag der grabesruhe entziehen, damit sie nach dem kalenderjahre sortirt auf dem friedhofe lägen. also ist es ganz in der ordnung, daſs auf dieser liste die toten der hellespontischen gefechte stehen, obwol sie sicher unter Lysanias, frühjahr 465, möglicherweise schon winter 466/65 gefallen sind, da- gegen die toten von Drabeskos nicht, obwol sie unter Lysitheos gefallen sind. denn diese schlacht hat nicht nur nach dem pyanopsion 465, sondern erst 464 statt- gefunden. die leute wollten eine colonie gründen, deren voraussetzung die erfolge Komons waren, die er durch jene gefechte errungen hatte, und das trieb andererseits die Thasier zum abfall, weil sie die nachbarschaft einer athenischen colonie nicht wünschten. also liegt zwischen jenen gefechten und dem untergange der colonisten eine längere zeit, ein winter. es ist ebenfalls ganz in der ordnung, daſs die toten von Drabeskos ihre besondere liste hatten, aufgestellt im pyanopsion des Arche- demides 464: aber das älteste grab im Kerameikos war dieses freilich nicht. Pau- sanias irrt (I 29, 4); sein irrtum wird jedoch dadurch erzeugt sein, daſs er auf das wirklich älteste grab die Herodotstelle (IX 75) bezog, weil seine inschrift eine niederlage in Thrakien erwähnte, während das grab den toten von 475 galt. daſs damals im anschlusse an die gründung des Theseusgrabes auch der staatsfriedhof eingerichtet ist, erscheint mir durchaus wahrscheinlich. 19*

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/301>, abgerufen am 19.04.2024.