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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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III. 1. Die phratrie der Demotioniden.
das haus der Dekeleer war, mögen wir wissen oder nicht wissen: nur bei
dieser construction seiner rechte hat der beschluss sinn. die bruder-
schaft der Demotioniden hat ihr heiligtum in Dekeleia, sie besteht aus
dem bevorrechteten hause der Dekeleer und einer unbestimmten hier nicht
weiter gegliederten menge von andern brüdern. die gemeinde Dekeleia
muss tatsächlich in einer nahen beziehung zu der bruderschaft stehn,
da der rendezvousplatz ihrer bürger in der stadt für eine proclamation
der bruderschaft benutzt wird.

Auch auf die anordnungen, die zu dem neuen beschlusse veranlassung
gegeben haben, ist ein rückschluss möglich. die opfer und somit die
einführungen neuer bürger haben an beliebigen andern orten ausser Deke-
leia stattgefunden. man mistraut dem brudermeister, ob er auch die
jährlichen prüfungen vornehmen wolle, die durch das Dekeleerhaus gehn.
man mistraut noch mehr dem Dekeleerhause, denn die feierlichkeit seiner
abstimmung wird erhöht, und vor allem, es wird von seiner prüfung, wenn
sie eine verwerfende ist, eine appellation an die bruderschaft gestattet:
das ist ein novum gegen das alte gesetz. aber die zulassung steht aller-
dings noch ganz bei dem Dekeleerhause. und der antragsteller ist diesem
in sofern nicht feindlich, als er seinem priester die opfer und die opfer-
gefälle sichert.

Ein ganz anderes bild gibt das unmittelbar folgende psephisma des
Nikodemos. "im übrigen soll es mit der einführung und prüfung bleiben,
wie früher beschlossen ist. aber 1) soll ein jeder die zeugen, drei an
der zahl, die schon früher bei der einführung gefordert worden sind,
aus seinem thiasos stellen, sie sollen die (offenbar solennen, früher ver-
ordneten) fragen beantworten, so wahr ihnen Zeus phratrios helfe, die hand
auf dem altare (67--75); eine neue eidesformel für sie wird am schlusse
nachgetragen (107--112); nur für den fall, dass der thiasos keine drei
leute enthält, dürfen die zeugen aus der übrigen bruderschaft genommen
werden. 2) bei der prüfung soll der brudermeister das plenum der
brüder nicht eher abstimmen lassen, als bis die thiasoten des einge-
führten geheim in feierlicher weise über diesen abgestimmt haben. die
zählung der stimmen und verkündigung des resultates hat der bruder-
meister in der versammlung vor dem plenum der bruderschaft vorzu-
nehmen (76--8)." 3) hier hat Nikodemos seine im einzelnen klaren
verordnungen ziemlich durch einander gewürfelt; er muss sich also die

teto de o ier[eus to Dekeleion oiko e] autos opheileto, oder wie ein schüler von
mir, Th. Teusch, vorschlägt o ier[eus to argurion touto e], aber dies ist richtig,
wie die parallelen lehren, deren keine ein object zu eisprattein weglässt.

III. 1. Die phratrie der Demotioniden.
das haus der Dekeleer war, mögen wir wissen oder nicht wissen: nur bei
dieser construction seiner rechte hat der beschluſs sinn. die bruder-
schaft der Demotioniden hat ihr heiligtum in Dekeleia, sie besteht aus
dem bevorrechteten hause der Dekeleer und einer unbestimmten hier nicht
weiter gegliederten menge von andern brüdern. die gemeinde Dekeleia
muſs tatsächlich in einer nahen beziehung zu der bruderschaft stehn,
da der rendezvousplatz ihrer bürger in der stadt für eine proclamation
der bruderschaft benutzt wird.

Auch auf die anordnungen, die zu dem neuen beschluſse veranlassung
gegeben haben, ist ein rückschluſs möglich. die opfer und somit die
einführungen neuer bürger haben an beliebigen andern orten auſser Deke-
leia stattgefunden. man mistraut dem brudermeister, ob er auch die
jährlichen prüfungen vornehmen wolle, die durch das Dekeleerhaus gehn.
man mistraut noch mehr dem Dekeleerhause, denn die feierlichkeit seiner
abstimmung wird erhöht, und vor allem, es wird von seiner prüfung, wenn
sie eine verwerfende ist, eine appellation an die bruderschaft gestattet:
das ist ein novum gegen das alte gesetz. aber die zulassung steht aller-
dings noch ganz bei dem Dekeleerhause. und der antragsteller ist diesem
in sofern nicht feindlich, als er seinem priester die opfer und die opfer-
gefälle sichert.

Ein ganz anderes bild gibt das unmittelbar folgende psephisma des
Nikodemos. “im übrigen soll es mit der einführung und prüfung bleiben,
wie früher beschlossen ist. aber 1) soll ein jeder die zeugen, drei an
der zahl, die schon früher bei der einführung gefordert worden sind,
aus seinem thiasos stellen, sie sollen die (offenbar solennen, früher ver-
ordneten) fragen beantworten, so wahr ihnen Zeus phratrios helfe, die hand
auf dem altare (67—75); eine neue eidesformel für sie wird am schluſse
nachgetragen (107—112); nur für den fall, daſs der thiasos keine drei
leute enthält, dürfen die zeugen aus der übrigen bruderschaft genommen
werden. 2) bei der prüfung soll der brudermeister das plenum der
brüder nicht eher abstimmen lassen, als bis die thiasoten des einge-
führten geheim in feierlicher weise über diesen abgestimmt haben. die
zählung der stimmen und verkündigung des resultates hat der bruder-
meister in der versammlung vor dem plenum der bruderschaft vorzu-
nehmen (76—8).” 3) hier hat Nikodemos seine im einzelnen klaren
verordnungen ziemlich durch einander gewürfelt; er muſs sich also die

τέτω δὲ ὁ ἱεϱ[εὺς το͂ Δεκελειῶν οἴκο ἢ] αὐτὸς ὀφειλέτω, oder wie ein schüler von
mir, Th. Teusch, vorschlägt ὁ ἱεϱ[εὺς τὸ ἀϱγύϱιον τοῦτο ἤ], aber dies ist richtig,
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[262/0272] III. 1. Die phratrie der Demotioniden. das haus der Dekeleer war, mögen wir wissen oder nicht wissen: nur bei dieser construction seiner rechte hat der beschluſs sinn. die bruder- schaft der Demotioniden hat ihr heiligtum in Dekeleia, sie besteht aus dem bevorrechteten hause der Dekeleer und einer unbestimmten hier nicht weiter gegliederten menge von andern brüdern. die gemeinde Dekeleia muſs tatsächlich in einer nahen beziehung zu der bruderschaft stehn, da der rendezvousplatz ihrer bürger in der stadt für eine proclamation der bruderschaft benutzt wird. Auch auf die anordnungen, die zu dem neuen beschluſse veranlassung gegeben haben, ist ein rückschluſs möglich. die opfer und somit die einführungen neuer bürger haben an beliebigen andern orten auſser Deke- leia stattgefunden. man mistraut dem brudermeister, ob er auch die jährlichen prüfungen vornehmen wolle, die durch das Dekeleerhaus gehn. man mistraut noch mehr dem Dekeleerhause, denn die feierlichkeit seiner abstimmung wird erhöht, und vor allem, es wird von seiner prüfung, wenn sie eine verwerfende ist, eine appellation an die bruderschaft gestattet: das ist ein novum gegen das alte gesetz. aber die zulassung steht aller- dings noch ganz bei dem Dekeleerhause. und der antragsteller ist diesem in sofern nicht feindlich, als er seinem priester die opfer und die opfer- gefälle sichert. Ein ganz anderes bild gibt das unmittelbar folgende psephisma des Nikodemos. “im übrigen soll es mit der einführung und prüfung bleiben, wie früher beschlossen ist. aber 1) soll ein jeder die zeugen, drei an der zahl, die schon früher bei der einführung gefordert worden sind, aus seinem thiasos stellen, sie sollen die (offenbar solennen, früher ver- ordneten) fragen beantworten, so wahr ihnen Zeus phratrios helfe, die hand auf dem altare (67—75); eine neue eidesformel für sie wird am schluſse nachgetragen (107—112); nur für den fall, daſs der thiasos keine drei leute enthält, dürfen die zeugen aus der übrigen bruderschaft genommen werden. 2) bei der prüfung soll der brudermeister das plenum der brüder nicht eher abstimmen lassen, als bis die thiasoten des einge- führten geheim in feierlicher weise über diesen abgestimmt haben. die zählung der stimmen und verkündigung des resultates hat der bruder- meister in der versammlung vor dem plenum der bruderschaft vorzu- nehmen (76—8).” 3) hier hat Nikodemos seine im einzelnen klaren verordnungen ziemlich durch einander gewürfelt; er muſs sich also die 5) 5) τέτω δὲ ὁ ἱεϱ[εὺς το͂ Δεκελειῶν οἴκο ἢ] αὐτὸς ὀφειλέτω, oder wie ein schüler von mir, Th. Teusch, vorschlägt ὁ ἱεϱ[εὺς τὸ ἀϱγύϱιον τοῦτο ἤ], aber dies ist richtig, wie die parallelen lehren, deren keine ein object zu εἰσπϱάττειν wegläſst.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/272>, abgerufen am 19.04.2024.