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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Paraphrase der urkunde. verfassung der Demotioniden.
sie auch jeder bruder für die genossenschaft eintreiben. 4) diese prüfung
(d. h. die obligatorische, nicht die der appellanten) alljährlich vornehmen
zu lassen, wird der brudermeister durch ordnungsstrafen angehalten, die
jeder bruder zu gunsten der gemeinschaft eintreiben kann. in zukunft
sollen die einführungsopfer nur in Dekeleia stattfinden, wofür der priester
haftbar ist, der in ausnahmefällen ein anderes local bestimmen darf,
dann aber die ankündigung fünf tage vor dem anfange der Apaturien
in der stadt am rendezvousplatz der Dekeleer (d. h. der angehörigen des
demos Dekeleia) anzuschlagen hat. endlich wird die errichtung des er-
haltenen inschriftsteines verordnet (30--67)."

Resumiren wir hier was sich mit sicherheit erschliessen lässt. dieVerfassung
der Demo-
tioniden.

bruderschaft sind die Demotioniden: niemand anders als das plenum
kann über die appellation richten, und die liste der brüder en Demo-
tionidon kann nur im hause der bruderschaft liegen. jede andere auf-
fassung ist in sich verkehrt. eine unterabteilung der bruderschaft ist
das "haus der Dekeleer", denn von ihm wird an die Demotioniden
appellirt. aber es ist so wichtig, dass es die prüfung der neu einge-
schriebenen brüder hat. das steht nicht da, aber es muss sie haben,
da es die anwälte wählt, die das urteil im falle der appellation vor der
bruderschaft vertreten. und es muss sie schon früher nach dem "ge-
setze der Demotioniden" gehabt haben, denn darin hat sich durch dieses
psephisma nichts geändert, und nur weil alles beim alten geblieben ist,
steht an der entscheidenden stelle kein subject. dasselbe folgt daraus,
dass der priester des hauses der Dekeleer die geldstrafen für eine ab-
gewiesene appellation einzieht, die doch dem Zeus der bruderschaft
zufallen (42). nur hier steht der volle titel des priesters; wo sonst
ein priester erwähnt wird, hat er kein distinctiv. aber da der name
des Zeus der bruderschaft an der spitze dieser inschrift steht, die neben
seinem altare in Dekeleia stand, und da der priester des Dekeleerhauses
Zeuspriester ist, so kommt man mit notwendigkeit zu der ansicht, dass
das haus der Dekeleer das vorrecht in der bruderschaft hatte, den priester
zu stellen, so dass also überall derselbe priester zu verstehen ist. 5) was

4) Die busse verfällt dem Zeus der bruderschaft, was identisch ist mit der
casse der genossenschaft (to koinon), z. 40. 44. 50. 52. wenn der priester des hauses
der Dekeleer nicht das recht des Zeus der bruderschaft wahrt, muss er die busse
zahlen; damit ist aber der schuldner nicht frei, sondern jeder bruder kann ihn be-
langen. Zeus bekommt also das doppelte. in dem gegenwärtigen ausnahmefalle (25)
ist dem priester sogleich der phratriarch beigeordnet.
5) Es kommt also nichts darauf an, ob 57, wie üblich, ergänzt wird esprat-

Paraphrase der urkunde. verfassung der Demotioniden.
sie auch jeder bruder für die genossenschaft eintreiben. 4) diese prüfung
(d. h. die obligatorische, nicht die der appellanten) alljährlich vornehmen
zu lassen, wird der brudermeister durch ordnungsstrafen angehalten, die
jeder bruder zu gunsten der gemeinschaft eintreiben kann. in zukunft
sollen die einführungsopfer nur in Dekeleia stattfinden, wofür der priester
haftbar ist, der in ausnahmefällen ein anderes local bestimmen darf,
dann aber die ankündigung fünf tage vor dem anfange der Apaturien
in der stadt am rendezvousplatz der Dekeleer (d. h. der angehörigen des
demos Dekeleia) anzuschlagen hat. endlich wird die errichtung des er-
haltenen inschriftsteines verordnet (30—67).”

Resumiren wir hier was sich mit sicherheit erschlieſsen läſst. dieVerfassung
der Demo-
tioniden.

bruderschaft sind die Demotioniden: niemand anders als das plenum
kann über die appellation richten, und die liste der brüder ἐν Δημο-
τιωνιδῶν kann nur im hause der bruderschaft liegen. jede andere auf-
fassung ist in sich verkehrt. eine unterabteilung der bruderschaft ist
das “haus der Dekeleer”, denn von ihm wird an die Demotioniden
appellirt. aber es ist so wichtig, daſs es die prüfung der neu einge-
schriebenen brüder hat. das steht nicht da, aber es muſs sie haben,
da es die anwälte wählt, die das urteil im falle der appellation vor der
bruderschaft vertreten. und es muſs sie schon früher nach dem “ge-
setze der Demotioniden” gehabt haben, denn darin hat sich durch dieses
psephisma nichts geändert, und nur weil alles beim alten geblieben ist,
steht an der entscheidenden stelle kein subject. dasselbe folgt daraus,
daſs der priester des hauses der Dekeleer die geldstrafen für eine ab-
gewiesene appellation einzieht, die doch dem Zeus der bruderschaft
zufallen (42). nur hier steht der volle titel des priesters; wo sonst
ein priester erwähnt wird, hat er kein distinctiv. aber da der name
des Zeus der bruderschaft an der spitze dieser inschrift steht, die neben
seinem altare in Dekeleia stand, und da der priester des Dekeleerhauses
Zeuspriester ist, so kommt man mit notwendigkeit zu der ansicht, daſs
das haus der Dekeleer das vorrecht in der bruderschaft hatte, den priester
zu stellen, so daſs also überall derselbe priester zu verstehen ist. 5) was

4) Die buſse verfällt dem Zeus der bruderschaft, was identisch ist mit der
casse der genossenschaft (τὸ κοινόν), z. 40. 44. 50. 52. wenn der priester des hauses
der Dekeleer nicht das recht des Zeus der bruderschaft wahrt, muſs er die buſse
zahlen; damit ist aber der schuldner nicht frei, sondern jeder bruder kann ihn be-
langen. Zeus bekommt also das doppelte. in dem gegenwärtigen ausnahmefalle (25)
ist dem priester sogleich der phratriarch beigeordnet.
5) Es kommt also nichts darauf an, ob 57, wie üblich, ergänzt wird ἐσπϱατ-
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[261/0271] Paraphrase der urkunde. verfassung der Demotioniden. sie auch jeder bruder für die genossenschaft eintreiben. 4) diese prüfung (d. h. die obligatorische, nicht die der appellanten) alljährlich vornehmen zu lassen, wird der brudermeister durch ordnungsstrafen angehalten, die jeder bruder zu gunsten der gemeinschaft eintreiben kann. in zukunft sollen die einführungsopfer nur in Dekeleia stattfinden, wofür der priester haftbar ist, der in ausnahmefällen ein anderes local bestimmen darf, dann aber die ankündigung fünf tage vor dem anfange der Apaturien in der stadt am rendezvousplatz der Dekeleer (d. h. der angehörigen des demos Dekeleia) anzuschlagen hat. endlich wird die errichtung des er- haltenen inschriftsteines verordnet (30—67).” Resumiren wir hier was sich mit sicherheit erschlieſsen läſst. die bruderschaft sind die Demotioniden: niemand anders als das plenum kann über die appellation richten, und die liste der brüder ἐν Δημο- τιωνιδῶν kann nur im hause der bruderschaft liegen. jede andere auf- fassung ist in sich verkehrt. eine unterabteilung der bruderschaft ist das “haus der Dekeleer”, denn von ihm wird an die Demotioniden appellirt. aber es ist so wichtig, daſs es die prüfung der neu einge- schriebenen brüder hat. das steht nicht da, aber es muſs sie haben, da es die anwälte wählt, die das urteil im falle der appellation vor der bruderschaft vertreten. und es muſs sie schon früher nach dem “ge- setze der Demotioniden” gehabt haben, denn darin hat sich durch dieses psephisma nichts geändert, und nur weil alles beim alten geblieben ist, steht an der entscheidenden stelle kein subject. dasselbe folgt daraus, daſs der priester des hauses der Dekeleer die geldstrafen für eine ab- gewiesene appellation einzieht, die doch dem Zeus der bruderschaft zufallen (42). nur hier steht der volle titel des priesters; wo sonst ein priester erwähnt wird, hat er kein distinctiv. aber da der name des Zeus der bruderschaft an der spitze dieser inschrift steht, die neben seinem altare in Dekeleia stand, und da der priester des Dekeleerhauses Zeuspriester ist, so kommt man mit notwendigkeit zu der ansicht, daſs das haus der Dekeleer das vorrecht in der bruderschaft hatte, den priester zu stellen, so daſs also überall derselbe priester zu verstehen ist. 5) was Verfassung der Demo- tioniden. 4) Die buſse verfällt dem Zeus der bruderschaft, was identisch ist mit der casse der genossenschaft (τὸ κοινόν), z. 40. 44. 50. 52. wenn der priester des hauses der Dekeleer nicht das recht des Zeus der bruderschaft wahrt, muſs er die buſse zahlen; damit ist aber der schuldner nicht frei, sondern jeder bruder kann ihn be- langen. Zeus bekommt also das doppelte. in dem gegenwärtigen ausnahmefalle (25) ist dem priester sogleich der phratriarch beigeordnet. 5) Es kommt also nichts darauf an, ob 57, wie üblich, ergänzt wird ἐσπϱατ-

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/271>, abgerufen am 23.04.2024.