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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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III. 1. Die phratrie der Demotioniden.
zeitig halten. unter dieser voraussetzung werde ich interpretiren; es
verschlägt wenig, wenn es doch ein späterer beschluss sein sollte, da er
nur ganz kurze zeit später fallen könnte.

"Hierokles beantragt 1) sofort soll eine abstimmung der brüder in
feierlicher form über alle statt finden, deren bruderrecht noch nicht nach
dem gesetze der Demotioniden festgestellt ist, und die sich doch als
brüder gerirt haben. wer verurteilt wird, scheidet aus, sein name wird
im album gelöscht, sowol im originale wie in der controllabschrift 3),
und der bruder der ihn eingeführt hat, wird mit 100 dr. in strafe
genommen, für deren beitreibung der priester und der brudermeister
haften (12--26)." diese energische massregel ist sofort vollzogen worden.
die abstimmung geschieht durch die ganze bruderschaft endgiltig, wo-
bei dahingestellt bleiben muss, wie viele vorverhandlungen gespielt haben;
sicherlich nicht wenige. jede moderne erklärung ist ohne weiteres hin-
fällig, die diese ausnahmemassregel mit den folgenden dauernden in-
stitutionen vermischt. 2) "für die zukunft vom jahre Phormions ab
(45) soll die prüfung jedesmal im nächsten jahre nach der einführung
eines bruders statt finden (die durch das opfer koureion geschieht). die
abstimmung soll so erfolgen, dass die stimmsteine vom altar genommen
werden (26--29)." daraus ergibt sich, dass die abstimmung in Dekeleia
stattfinden wird, und dass für sie als novum diejenige feierliche form
eingeführt wird, die diesesmal ausnahmsweise verordnet war. aber die
abstimmung selbst war kein novum und sie wird durch den zusatz
einer neuen ceremonie nicht beeinträchtigt. nur hat es der antrag-
steller nicht nötig sie zu beschreiben, lässt vielmehr zu pherein (29) das
subject fort, so dass ungesagt bleibt, wer in diesem falle abstimmt: der
vorige ausnahmefall kann dafür nichts lehren. der antragsteller setzt eben
hier denselben nomos Demotionidon voraus, den er 14 citirt hat.
"welchen sie verurteilen (sie, die ungenannten, die die stimmsteine vom
altare nahmen), der darf an die Demotioniden appelliren. in diesem
falle hat das haus der Dekeleer fünf anwälte zu wählen in der und der
form und so und so verpflichtet (das detail ist unwesentlich; diese anwälte
verfechten also die sache derer, die den appellanten verurteilt haben,
vor den Demotioniden). unterliegt der appellant, so hat er 1000 dr. zu
zahlen, für welche der priester des hauses der Dekeleer haftet; doch darf

3) Wer die copie hat und wo sie liegt, wussten die brüder; wir können es nicht
erraten. natürlich war sie zur controlle des beamten da, wie so oft ein schreiber
antigraphetai, testamente sumbolaia u. dgl. in duplo ausgefertigt werden.

III. 1. Die phratrie der Demotioniden.
zeitig halten. unter dieser voraussetzung werde ich interpretiren; es
verschlägt wenig, wenn es doch ein späterer beschluſs sein sollte, da er
nur ganz kurze zeit später fallen könnte.

“Hierokles beantragt 1) sofort soll eine abstimmung der brüder in
feierlicher form über alle statt finden, deren bruderrecht noch nicht nach
dem gesetze der Demotioniden festgestellt ist, und die sich doch als
brüder gerirt haben. wer verurteilt wird, scheidet aus, sein name wird
im album gelöscht, sowol im originale wie in der controllabschrift 3),
und der bruder der ihn eingeführt hat, wird mit 100 dr. in strafe
genommen, für deren beitreibung der priester und der brudermeister
haften (12—26).” diese energische maſsregel ist sofort vollzogen worden.
die abstimmung geschieht durch die ganze bruderschaft endgiltig, wo-
bei dahingestellt bleiben muſs, wie viele vorverhandlungen gespielt haben;
sicherlich nicht wenige. jede moderne erklärung ist ohne weiteres hin-
fällig, die diese ausnahmemaſsregel mit den folgenden dauernden in-
stitutionen vermischt. 2) “für die zukunft vom jahre Phormions ab
(45) soll die prüfung jedesmal im nächsten jahre nach der einführung
eines bruders statt finden (die durch das opfer κούϱειον geschieht). die
abstimmung soll so erfolgen, daſs die stimmsteine vom altar genommen
werden (26—29).” daraus ergibt sich, daſs die abstimmung in Dekeleia
stattfinden wird, und daſs für sie als novum diejenige feierliche form
eingeführt wird, die diesesmal ausnahmsweise verordnet war. aber die
abstimmung selbst war kein novum und sie wird durch den zusatz
einer neuen ceremonie nicht beeinträchtigt. nur hat es der antrag-
steller nicht nötig sie zu beschreiben, läſst vielmehr zu φέϱειν (29) das
subject fort, so daſs ungesagt bleibt, wer in diesem falle abstimmt: der
vorige ausnahmefall kann dafür nichts lehren. der antragsteller setzt eben
hier denselben νόμος Δημοτιωνιδῶν voraus, den er 14 citirt hat.
“welchen sie verurteilen (sie, die ungenannten, die die stimmsteine vom
altare nahmen), der darf an die Demotioniden appelliren. in diesem
falle hat das haus der Dekeleer fünf anwälte zu wählen in der und der
form und so und so verpflichtet (das detail ist unwesentlich; diese anwälte
verfechten also die sache derer, die den appellanten verurteilt haben,
vor den Demotioniden). unterliegt der appellant, so hat er 1000 dr. zu
zahlen, für welche der priester des hauses der Dekeleer haftet; doch darf

3) Wer die copie hat und wo sie liegt, wuſsten die brüder; wir können es nicht
erraten. natürlich war sie zur controlle des beamten da, wie so oft ein schreiber
ἀντιγϱάφεται, testamente συμβόλαια u. dgl. in duplo ausgefertigt werden.
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[260/0270] III. 1. Die phratrie der Demotioniden. zeitig halten. unter dieser voraussetzung werde ich interpretiren; es verschlägt wenig, wenn es doch ein späterer beschluſs sein sollte, da er nur ganz kurze zeit später fallen könnte. “Hierokles beantragt 1) sofort soll eine abstimmung der brüder in feierlicher form über alle statt finden, deren bruderrecht noch nicht nach dem gesetze der Demotioniden festgestellt ist, und die sich doch als brüder gerirt haben. wer verurteilt wird, scheidet aus, sein name wird im album gelöscht, sowol im originale wie in der controllabschrift 3), und der bruder der ihn eingeführt hat, wird mit 100 dr. in strafe genommen, für deren beitreibung der priester und der brudermeister haften (12—26).” diese energische maſsregel ist sofort vollzogen worden. die abstimmung geschieht durch die ganze bruderschaft endgiltig, wo- bei dahingestellt bleiben muſs, wie viele vorverhandlungen gespielt haben; sicherlich nicht wenige. jede moderne erklärung ist ohne weiteres hin- fällig, die diese ausnahmemaſsregel mit den folgenden dauernden in- stitutionen vermischt. 2) “für die zukunft vom jahre Phormions ab (45) soll die prüfung jedesmal im nächsten jahre nach der einführung eines bruders statt finden (die durch das opfer κούϱειον geschieht). die abstimmung soll so erfolgen, daſs die stimmsteine vom altar genommen werden (26—29).” daraus ergibt sich, daſs die abstimmung in Dekeleia stattfinden wird, und daſs für sie als novum diejenige feierliche form eingeführt wird, die diesesmal ausnahmsweise verordnet war. aber die abstimmung selbst war kein novum und sie wird durch den zusatz einer neuen ceremonie nicht beeinträchtigt. nur hat es der antrag- steller nicht nötig sie zu beschreiben, läſst vielmehr zu φέϱειν (29) das subject fort, so daſs ungesagt bleibt, wer in diesem falle abstimmt: der vorige ausnahmefall kann dafür nichts lehren. der antragsteller setzt eben hier denselben νόμος Δημοτιωνιδῶν voraus, den er 14 citirt hat. “welchen sie verurteilen (sie, die ungenannten, die die stimmsteine vom altare nahmen), der darf an die Demotioniden appelliren. in diesem falle hat das haus der Dekeleer fünf anwälte zu wählen in der und der form und so und so verpflichtet (das detail ist unwesentlich; diese anwälte verfechten also die sache derer, die den appellanten verurteilt haben, vor den Demotioniden). unterliegt der appellant, so hat er 1000 dr. zu zahlen, für welche der priester des hauses der Dekeleer haftet; doch darf 3) Wer die copie hat und wo sie liegt, wuſsten die brüder; wir können es nicht erraten. natürlich war sie zur controlle des beamten da, wie so oft ein schreiber ἀντιγϱάφεται, testamente συμβόλαια u. dgl. in duplo ausgefertigt werden.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/270>, abgerufen am 28.03.2024.