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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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Die geschichte des Kleisthenes. die attischen skolien.
schlecht deshalb im siebenten pythischen gedichte 486, das das damalige
haupt der Alkmeoniden feiert, den neffen des Kleisthenes, Megakles,
Hippokrates sohn aus Alopeke, der wenige monate vor seinem pythischen
wagensiege dem ostrakismos verfallen war.15)

Ein zweiter zusatz zu dem herodoteischen berichte über die ver-
treibung der tyrannen ist von Aristoteles mit derselben stilistischen ab-
sicht und wirkung gemacht; er lässt sich aber zur zeit nicht mehr mit
gleicher sicherheit auf eine bestimmte quelle zurückführen, wie es dank
dem Philochoroscitat für den vorigen möglich war. nach Herodot wird
Sparta zur intervention in Athen lediglich durch religiöse motive be-
stimmt. Aristoteles fügt ein: "die verbindung der Peisistratiden mit
Argos war ein gleich starkes motiv" (19, 4). er hat über diese verbindung,
die Peisistratos durch eine heirat schon in seiner ersten verbannung ge-
schlossen hatte, und die ihm vor der schlacht von Pallene ein starkes
hilfscorps zugeführt hatte, schon vorher des breiteren gehandelt (17, 4),
kann also diese verweisung hier eingefügt haben. aber doch nur, wenn
er dies motiv selbst erst erschloss; und das ist nicht wahrscheinlich, da
die Argiver in den jahren 510--7 nicht auftreten. wir können die
nachricht nur nach allgemein politischen erwägungen abschätzen, welche
durchaus für ihre richtigkeit sprechen. stammen wird sie aber natürlich
eben daher, wo Aristoteles die angaben über die frau des Peisistratos
aus Argos gefunden hat.

Ausserdem fügt er zwei attische skolien ein, über Leipsydrion undDie
attischen
skolien.

über Kedon, beide durch die form als zusätze kenntlich (19, 3. 20, 5).
auch wir lesen noch beide gedichte in der attischen skoliensammlung,
die Athenaeus XV aufgenommen hat; aber da sie dort die wol kennt-
liche anordnung sprengen, so liegt die annahme am nächsten, dass
sie in die vorlage des Athenaeus aus Aristoteles erst eingefügt sind.16)
der text des einen stimmt, abgerechnet einen fehler, den erst die ab-
schreiber des Athenaeus begangen haben.17) in dem gedichte auf Lei-
psydrion ist am schlusse eine variante, die zugestandenermassen eine ver-
schlechterung ist und wol als interpolation gelten darf.18) dass Aristo-

15) Vgl. die beilage 'Pindars siebentes pythisches gedicht.'
16) Da das nicht ganz kurz abzutun war, steht der nachweis in der beilage
'die attische skoliensammlung.'
17) ei de khre für ei khre: man hatte Porson die richtige verbesserung nicht
glauben wollen.
18) kuresan für esan. ich kann nicht behaupten, dass die umgestaltung des
letzten metrischen gliedes undenkbar wäre. aber eine interpolation ist auch möglich:

Die geschichte des Kleisthenes. die attischen skolien.
schlecht deshalb im siebenten pythischen gedichte 486, das das damalige
haupt der Alkmeoniden feiert, den neffen des Kleisthenes, Megakles,
Hippokrates sohn aus Alopeke, der wenige monate vor seinem pythischen
wagensiege dem ostrakismos verfallen war.15)

Ein zweiter zusatz zu dem herodoteischen berichte über die ver-
treibung der tyrannen ist von Aristoteles mit derselben stilistischen ab-
sicht und wirkung gemacht; er läſst sich aber zur zeit nicht mehr mit
gleicher sicherheit auf eine bestimmte quelle zurückführen, wie es dank
dem Philochoroscitat für den vorigen möglich war. nach Herodot wird
Sparta zur intervention in Athen lediglich durch religiöse motive be-
stimmt. Aristoteles fügt ein: “die verbindung der Peisistratiden mit
Argos war ein gleich starkes motiv” (19, 4). er hat über diese verbindung,
die Peisistratos durch eine heirat schon in seiner ersten verbannung ge-
schlossen hatte, und die ihm vor der schlacht von Pallene ein starkes
hilfscorps zugeführt hatte, schon vorher des breiteren gehandelt (17, 4),
kann also diese verweisung hier eingefügt haben. aber doch nur, wenn
er dies motiv selbst erst erschloſs; und das ist nicht wahrscheinlich, da
die Argiver in den jahren 510—7 nicht auftreten. wir können die
nachricht nur nach allgemein politischen erwägungen abschätzen, welche
durchaus für ihre richtigkeit sprechen. stammen wird sie aber natürlich
eben daher, wo Aristoteles die angaben über die frau des Peisistratos
aus Argos gefunden hat.

Auſserdem fügt er zwei attische skolien ein, über Leipsydrion undDie
attischen
skolien.

über Kedon, beide durch die form als zusätze kenntlich (19, 3. 20, 5).
auch wir lesen noch beide gedichte in der attischen skoliensammlung,
die Athenaeus XV aufgenommen hat; aber da sie dort die wol kennt-
liche anordnung sprengen, so liegt die annahme am nächsten, daſs
sie in die vorlage des Athenaeus aus Aristoteles erst eingefügt sind.16)
der text des einen stimmt, abgerechnet einen fehler, den erst die ab-
schreiber des Athenaeus begangen haben.17) in dem gedichte auf Lei-
psydrion ist am schlusse eine variante, die zugestandenermaſsen eine ver-
schlechterung ist und wol als interpolation gelten darf.18) daſs Aristo-

15) Vgl. die beilage ‘Pindars siebentes pythisches gedicht.’
16) Da das nicht ganz kurz abzutun war, steht der nachweis in der beilage
‘die attische skoliensammlung.’
17) εἰ δὴ χϱὴ für εἰ χϱή: man hatte Porson die richtige verbesserung nicht
glauben wollen.
18) κύϱησαν für ἔσαν. ich kann nicht behaupten, daſs die umgestaltung des
letzten metrischen gliedes undenkbar wäre. aber eine interpolation ist auch möglich:
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[37/0051] Die geschichte des Kleisthenes. die attischen skolien. schlecht deshalb im siebenten pythischen gedichte 486, das das damalige haupt der Alkmeoniden feiert, den neffen des Kleisthenes, Megakles, Hippokrates sohn aus Alopeke, der wenige monate vor seinem pythischen wagensiege dem ostrakismos verfallen war. 15) Ein zweiter zusatz zu dem herodoteischen berichte über die ver- treibung der tyrannen ist von Aristoteles mit derselben stilistischen ab- sicht und wirkung gemacht; er läſst sich aber zur zeit nicht mehr mit gleicher sicherheit auf eine bestimmte quelle zurückführen, wie es dank dem Philochoroscitat für den vorigen möglich war. nach Herodot wird Sparta zur intervention in Athen lediglich durch religiöse motive be- stimmt. Aristoteles fügt ein: “die verbindung der Peisistratiden mit Argos war ein gleich starkes motiv” (19, 4). er hat über diese verbindung, die Peisistratos durch eine heirat schon in seiner ersten verbannung ge- schlossen hatte, und die ihm vor der schlacht von Pallene ein starkes hilfscorps zugeführt hatte, schon vorher des breiteren gehandelt (17, 4), kann also diese verweisung hier eingefügt haben. aber doch nur, wenn er dies motiv selbst erst erschloſs; und das ist nicht wahrscheinlich, da die Argiver in den jahren 510—7 nicht auftreten. wir können die nachricht nur nach allgemein politischen erwägungen abschätzen, welche durchaus für ihre richtigkeit sprechen. stammen wird sie aber natürlich eben daher, wo Aristoteles die angaben über die frau des Peisistratos aus Argos gefunden hat. Auſserdem fügt er zwei attische skolien ein, über Leipsydrion und über Kedon, beide durch die form als zusätze kenntlich (19, 3. 20, 5). auch wir lesen noch beide gedichte in der attischen skoliensammlung, die Athenaeus XV aufgenommen hat; aber da sie dort die wol kennt- liche anordnung sprengen, so liegt die annahme am nächsten, daſs sie in die vorlage des Athenaeus aus Aristoteles erst eingefügt sind. 16) der text des einen stimmt, abgerechnet einen fehler, den erst die ab- schreiber des Athenaeus begangen haben. 17) in dem gedichte auf Lei- psydrion ist am schlusse eine variante, die zugestandenermaſsen eine ver- schlechterung ist und wol als interpolation gelten darf. 18) daſs Aristo- Die attischen skolien. 15) Vgl. die beilage ‘Pindars siebentes pythisches gedicht.’ 16) Da das nicht ganz kurz abzutun war, steht der nachweis in der beilage ‘die attische skoliensammlung.’ 17) εἰ δὴ χϱὴ für εἰ χϱή: man hatte Porson die richtige verbesserung nicht glauben wollen. 18) κύϱησαν für ἔσαν. ich kann nicht behaupten, daſs die umgestaltung des letzten metrischen gliedes undenkbar wäre. aber eine interpolation ist auch möglich:

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/51>, abgerufen am 28.03.2024.