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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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1. Chronologie.
teiligung an dem nachspiele des krieges muss bedeutend gewesen sein,
da er von der beute eine halle in Sikyon erbaute26) und selbst dem
pythischen gotte ein fest zu hause stiftete.27) in dem wagenrennen, das
erst jetzt, 582, ein teil des pythischen spieles ward, nachdem auf dem
neuerworbenen Kirrhaeischen felde eine bequeme bahn zur verfügung
stand, war ein gespann des Kleisthenes sieger.28) dies ist in der delphi-
schen festchronik überliefert; dass sie von der Kirrhaeischen beute er-
richtet war, wird an der sikyonischen halle selbst gestanden haben; die
stiftung der Pythien ist wahrscheinlich durch die bekanntlich alte und
im vierten jahrhundert schon publicirte sikyonische chronik überliefert.
so bewährt sich jeder zug der überlieferung von mehreren seiten, und
man braucht die novellistische oder gar gefabelte geschichte nicht erst
zu verhören, die übrigens nicht ohne interesse ist.29)

In dieser darlegung ist bisher Pausanias nur mit dem herangezogen

kriege unbeteiligt waren, oder den gegensatz von 449 auf 590 überträgt. aber dass
Korinth so gar nicht mitspielt, dass Kleisthenes eine flotte hat, ist merkwürdig und
beweist, dass Periandros in den letzten zeiten seiner herrschaft nach westen wenigstens
einflusslos war. die pflanzstädte im ionischen meere waren zwar in händen seiner
familie, aber ihm selbst entfremdet. auf seinen in die achtziger jahre fallenden tod
folgt ein ohnmächtiger nachfolger und bald die revolution. die stiftung der Isthmien
wird nach unserer überlieferung hinter die Pythien gerückt. das ist falsch, da Solon
zwar für Isthmioniken, aber nicht für Pythioniken prämien ausgeworfen hat. man
wird beliebt haben, sie erst von der zeit der freiheit Korinths zu zählen.
26) Pausanias II 9, 6.
27) Dionysios von Halikarnass (denn es liegt kein grund vor, seiner khronike
biblos diese notiz abzusprechen, und ihn versteht man am leichtesten bei scholiasten
unter Alikarnasseus) im schol. Pindar Nem. 9, 1. dass zu Pindars zeiten nicht
der tyrann, sondern der heros das fest gestiftet hat, ist eben so selbstverständlich,
wie dass Herakles und nicht Iphitos bei ihm stifter der Olympien ist, Sisyphos der
Isthmien und Apollon der Pythien.
28) Pausan. X 7, 6.
29) Die eine tradition, an ein orakel anknüpfend, das bei Aischines 3, 112 freilich
nur interpolirt ist, darf doch nicht für jünger gelten, denn Diodor IX 16 wird wie die
andern orakelgeschichten bei ihm mit wahrscheinlichkeit auf Ephoros zurückgeführt.
dieselbe geschichte Paus. X 37, 6, Polyaen. III 5. sehr viel romantischer ist die ge-
schichte in Thessalos' athenischer rede (Hippokr. III 834 ff. Kühn), schlechter bei Pausan.
X 37, 7, Polyaen. VI 13 mit anderen personen. das ganze klingt nach hellenisti-
scher novelle, etwa Euphorion. aber das strategem einer brunnenvergiftung ist
auf dem boden von Krisa erdacht. Ulrichs hat in Itea eine stark abführende salz-
quelle gefunden (Topogr. v. Delphi 79). Euphorions gedicht Geranos ward auch
einem Archytas aus Amphissa beigelegt, und von diesem sind verse erhalten, die
topographika seiner heimat behandeln; daran darf man wenigstens erinnern (Meineke
An. Al. 44. 353).

1. Chronologie.
teiligung an dem nachspiele des krieges muſs bedeutend gewesen sein,
da er von der beute eine halle in Sikyon erbaute26) und selbst dem
pythischen gotte ein fest zu hause stiftete.27) in dem wagenrennen, das
erst jetzt, 582, ein teil des pythischen spieles ward, nachdem auf dem
neuerworbenen Kirrhaeischen felde eine bequeme bahn zur verfügung
stand, war ein gespann des Kleisthenes sieger.28) dies ist in der delphi-
schen festchronik überliefert; daſs sie von der Kirrhaeischen beute er-
richtet war, wird an der sikyonischen halle selbst gestanden haben; die
stiftung der Pythien ist wahrscheinlich durch die bekanntlich alte und
im vierten jahrhundert schon publicirte sikyonische chronik überliefert.
so bewährt sich jeder zug der überlieferung von mehreren seiten, und
man braucht die novellistische oder gar gefabelte geschichte nicht erst
zu verhören, die übrigens nicht ohne interesse ist.29)

In dieser darlegung ist bisher Pausanias nur mit dem herangezogen

kriege unbeteiligt waren, oder den gegensatz von 449 auf 590 überträgt. aber daſs
Korinth so gar nicht mitspielt, daſs Kleisthenes eine flotte hat, ist merkwürdig und
beweist, daſs Periandros in den letzten zeiten seiner herrschaft nach westen wenigstens
einfluſslos war. die pflanzstädte im ionischen meere waren zwar in händen seiner
familie, aber ihm selbst entfremdet. auf seinen in die achtziger jahre fallenden tod
folgt ein ohnmächtiger nachfolger und bald die revolution. die stiftung der Isthmien
wird nach unserer überlieferung hinter die Pythien gerückt. das ist falsch, da Solon
zwar für Isthmioniken, aber nicht für Pythioniken prämien ausgeworfen hat. man
wird beliebt haben, sie erst von der zeit der freiheit Korinths zu zählen.
26) Pausanias II 9, 6.
27) Dionysios von Halikarnass (denn es liegt kein grund vor, seiner χϱονικὴ
βίβλος diese notiz abzusprechen, und ihn versteht man am leichtesten bei scholiasten
unter Ἁλικαϱνασσεύς) im schol. Pindar Nem. 9, 1. daſs zu Pindars zeiten nicht
der tyrann, sondern der heros das fest gestiftet hat, ist eben so selbstverständlich,
wie daſs Herakles und nicht Iphitos bei ihm stifter der Olympien ist, Sisyphos der
Isthmien und Apollon der Pythien.
28) Pausan. X 7, 6.
29) Die eine tradition, an ein orakel anknüpfend, das bei Aischines 3, 112 freilich
nur interpolirt ist, darf doch nicht für jünger gelten, denn Diodor IX 16 wird wie die
andern orakelgeschichten bei ihm mit wahrscheinlichkeit auf Ephoros zurückgeführt.
dieselbe geschichte Paus. X 37, 6, Polyaen. III 5. sehr viel romantischer ist die ge-
schichte in Thessalos’ athenischer rede (Hippokr. III 834 ff. Kühn), schlechter bei Pausan.
X 37, 7, Polyaen. VI 13 mit anderen personen. das ganze klingt nach hellenisti-
scher novelle, etwa Euphorion. aber das strategem einer brunnenvergiftung ist
auf dem boden von Krisa erdacht. Ulrichs hat in Itea eine stark abführende salz-
quelle gefunden (Topogr. v. Delphi 79). Euphorions gedicht Γέϱανος ward auch
einem Archytas aus Amphissa beigelegt, und von diesem sind verse erhalten, die
topographika seiner heimat behandeln; daran darf man wenigstens erinnern (Meineke
An. Al. 44. 353).
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[18/0032] 1. Chronologie. teiligung an dem nachspiele des krieges muſs bedeutend gewesen sein, da er von der beute eine halle in Sikyon erbaute 26) und selbst dem pythischen gotte ein fest zu hause stiftete. 27) in dem wagenrennen, das erst jetzt, 582, ein teil des pythischen spieles ward, nachdem auf dem neuerworbenen Kirrhaeischen felde eine bequeme bahn zur verfügung stand, war ein gespann des Kleisthenes sieger. 28) dies ist in der delphi- schen festchronik überliefert; daſs sie von der Kirrhaeischen beute er- richtet war, wird an der sikyonischen halle selbst gestanden haben; die stiftung der Pythien ist wahrscheinlich durch die bekanntlich alte und im vierten jahrhundert schon publicirte sikyonische chronik überliefert. so bewährt sich jeder zug der überlieferung von mehreren seiten, und man braucht die novellistische oder gar gefabelte geschichte nicht erst zu verhören, die übrigens nicht ohne interesse ist. 29) In dieser darlegung ist bisher Pausanias nur mit dem herangezogen 25) 26) Pausanias II 9, 6. 27) Dionysios von Halikarnass (denn es liegt kein grund vor, seiner χϱονικὴ βίβλος diese notiz abzusprechen, und ihn versteht man am leichtesten bei scholiasten unter Ἁλικαϱνασσεύς) im schol. Pindar Nem. 9, 1. daſs zu Pindars zeiten nicht der tyrann, sondern der heros das fest gestiftet hat, ist eben so selbstverständlich, wie daſs Herakles und nicht Iphitos bei ihm stifter der Olympien ist, Sisyphos der Isthmien und Apollon der Pythien. 28) Pausan. X 7, 6. 29) Die eine tradition, an ein orakel anknüpfend, das bei Aischines 3, 112 freilich nur interpolirt ist, darf doch nicht für jünger gelten, denn Diodor IX 16 wird wie die andern orakelgeschichten bei ihm mit wahrscheinlichkeit auf Ephoros zurückgeführt. dieselbe geschichte Paus. X 37, 6, Polyaen. III 5. sehr viel romantischer ist die ge- schichte in Thessalos’ athenischer rede (Hippokr. III 834 ff. Kühn), schlechter bei Pausan. X 37, 7, Polyaen. VI 13 mit anderen personen. das ganze klingt nach hellenisti- scher novelle, etwa Euphorion. aber das strategem einer brunnenvergiftung ist auf dem boden von Krisa erdacht. Ulrichs hat in Itea eine stark abführende salz- quelle gefunden (Topogr. v. Delphi 79). Euphorions gedicht Γέϱανος ward auch einem Archytas aus Amphissa beigelegt, und von diesem sind verse erhalten, die topographika seiner heimat behandeln; daran darf man wenigstens erinnern (Meineke An. Al. 44. 353). 25) kriege unbeteiligt waren, oder den gegensatz von 449 auf 590 überträgt. aber daſs Korinth so gar nicht mitspielt, daſs Kleisthenes eine flotte hat, ist merkwürdig und beweist, daſs Periandros in den letzten zeiten seiner herrschaft nach westen wenigstens einfluſslos war. die pflanzstädte im ionischen meere waren zwar in händen seiner familie, aber ihm selbst entfremdet. auf seinen in die achtziger jahre fallenden tod folgt ein ohnmächtiger nachfolger und bald die revolution. die stiftung der Isthmien wird nach unserer überlieferung hinter die Pythien gerückt. das ist falsch, da Solon zwar für Isthmioniken, aber nicht für Pythioniken prämien ausgeworfen hat. man wird beliebt haben, sie erst von der zeit der freiheit Korinths zu zählen.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/32>, abgerufen am 29.03.2024.