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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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Die Peisistratiden.

Thukydides erzählt, dass Hippias gleich nach dem morde seines
bruders die gewappnet zur procession erschienenen bürger die waffen
ablegen liess und dann die bei denen sich ein dolch fand verhaftete. das
widerlegt Aristoteles schlagend damit, dass die procession von bürgern
mit schild und speer eine demokratische neuerung war, was aus den acten
des festes sicher gestellt werden konnte, die der verfasser der lyrischen
didaskalien gekannt hat.18) scheinbar trifft das nur einen nebenpunkt;
die körperliche durchsuchung und die verhaftung der verdächtigen
könnte trotzdem richtig sein. nun ist es aber gewiss eine gesunde
kritik, von zwei versionen diejenige zu verwerfen, in der ein offen-
kundiger anachronismus steckt, und es ist sehr wol glaublich, dass
Aristoteles mit diesem prüfstein die unzuverlässigkeit des thukydideischen
berichtes gegenüber einem andern, der ihm vorlag, erkannt hat, oder
doch anerkannt, wenn der irrtum früher gerügt war. aber allerdings
legt Thukydides so grossen wert gerade auf die behauptung, dass die
procession bewaffnet war19), dass es seine kritik in schlimmem lichte
erscheinen lässt, wenn er sich hierin irrt, und dann sind die con-
sequenzen grössere, als Aristoteles direct hervorhebt. nach Thukydides
ist die tat auf dieses fest mit der berechnung verlegt, dass dann bewaffnete

18) Übrigens können wir dem Aristoteles noch einen beweis zuführen, der
ihm sehr erwünscht sein wird, das skolion en murtou kladi to xiphos phoreso.
mir ist der vers bisher immer ein wenig phrasenhaft erschienen: jetzt zeigt sich,
dass er ganz wahr und sinnlich ist. die Athener hielten eben nichts als einen
myrtenzweig in der hand, keinen speer. so giengen später die greise mit ölreisern,
die thallophoroi, und gieng die epidaurische procession mit lorbeerreisern.
19) Thuk. 6, 56 am ende und 58, Hippias ekeleusen autous deixas ti khorion
apelthein es auto aneu ton oplon. -- exelegeto euthus ous epetiato kai ei tis
eurethe egkheiridion ekhon; meta gar aspidos kai doratos eiothesan tas pompas
poiein. das hat Aristoteles vor augen, wenn er sagt, o legomenos logos, os o
Ippias apostesas ton oplon tous pompeuontas ephorase tous [[ta]] egkheiridia
ekhontas, ouk alethes estin; ou gar epempon tote meth oplon: ich bemerke erst,
indem ich dieses niederschreibe, dass der artikel zu tilgen ist; es hat ihn jemand
eingefügt, der die dolche für die opla hielt. dass dagegen der ausdruck boulo-
menoi ti drasai pro tes sullepseos das thukydideische boulomenoi prin xulleph-
thenai drasantes ti kai kinduneusai wiedergibt, ist minder sicher, da es 1, 20 steht,
in dem auszug, den Thukydides aus seinem berichte gemacht hat: es müsste denn
die stelle der einleitung in Aristoteles' gedächtnis so fest gehaftet haben. nur ein
schutz der thukydideischen überlieferung vor modernen athetesen ist der anklang
hier so gut wie das citat 6, 58. ausserdem entscheidet Aristoteles für para to
Leokorion 6, 57 gegen peri t. L. 1, 20, was also zu berichtigen ist. -- diese
directen anklänge beweisen, was sonst zweifelhaft sein könnte, dass Aristoteles selbst
den Thukydides benutzt hat.
Die Peisistratiden.

Thukydides erzählt, daſs Hippias gleich nach dem morde seines
bruders die gewappnet zur procession erschienenen bürger die waffen
ablegen lieſs und dann die bei denen sich ein dolch fand verhaftete. das
widerlegt Aristoteles schlagend damit, daſs die procession von bürgern
mit schild und speer eine demokratische neuerung war, was aus den acten
des festes sicher gestellt werden konnte, die der verfasser der lyrischen
didaskalien gekannt hat.18) scheinbar trifft das nur einen nebenpunkt;
die körperliche durchsuchung und die verhaftung der verdächtigen
könnte trotzdem richtig sein. nun ist es aber gewiſs eine gesunde
kritik, von zwei versionen diejenige zu verwerfen, in der ein offen-
kundiger anachronismus steckt, und es ist sehr wol glaublich, daſs
Aristoteles mit diesem prüfstein die unzuverlässigkeit des thukydideischen
berichtes gegenüber einem andern, der ihm vorlag, erkannt hat, oder
doch anerkannt, wenn der irrtum früher gerügt war. aber allerdings
legt Thukydides so groſsen wert gerade auf die behauptung, daſs die
procession bewaffnet war19), daſs es seine kritik in schlimmem lichte
erscheinen läſst, wenn er sich hierin irrt, und dann sind die con-
sequenzen gröſsere, als Aristoteles direct hervorhebt. nach Thukydides
ist die tat auf dieses fest mit der berechnung verlegt, daſs dann bewaffnete

18) Übrigens können wir dem Aristoteles noch einen beweis zuführen, der
ihm sehr erwünscht sein wird, das skolion ἐν μύϱτου κλαδὶ τὸ ξίφος φοϱήσω.
mir ist der vers bisher immer ein wenig phrasenhaft erschienen: jetzt zeigt sich,
daſs er ganz wahr und sinnlich ist. die Athener hielten eben nichts als einen
myrtenzweig in der hand, keinen speer. so giengen später die greise mit ölreisern,
die ϑαλλοφόϱοι, und gieng die epidaurische procession mit lorbeerreisern.
19) Thuk. 6, 56 am ende und 58, Hippias ἐκέλευσεν αὐτοὺς δείξας τι χωϱίον
ἀπελϑεῖν ἐς αὐτὸ ἄνευ τῶν ὅπλων. — ἐξελέγετο εὐϑὺς οὓς ἐπῃτιᾶτο καὶ εἴ τις
ηὑϱέϑη ἐγχειϱίδιον ἔχων· μετὰ γὰϱ ἀσπίδος καὶ δόϱατος εἰώϑεσαν τὰς πομπὰς
ποιεῖν. das hat Aristoteles vor augen, wenn er sagt, ὁ λεγόμενος λόγος, ὡς ὁ
Ἱππίας ἀποστήσας τῶν ὅπλων τοὺς πομπεύοντας ἐφώϱασε τοὺς [[τὰ]] ἐγχειϱίδια
ἔχοντας, οὐκ ἀληϑής ἐστιν· οὐ γὰϱ ἔπεμπον τότε μεϑ̛ ὅπλων: ich bemerke erst,
indem ich dieses niederschreibe, daſs der artikel zu tilgen ist; es hat ihn jemand
eingefügt, der die dolche für die ὅπλα hielt. daſs dagegen der ausdruck βουλό-
μενοί τι δϱᾶσαι πϱὸ τῆς συλλήψεως das thukydideische βουλόμενοι πϱὶν ξυλληφ-
ϑῆναι δϱάσαντές τι καὶ κινδυνεῦσαι wiedergibt, ist minder sicher, da es 1, 20 steht,
in dem auszug, den Thukydides aus seinem berichte gemacht hat: es müſste denn
die stelle der einleitung in Aristoteles’ gedächtnis so fest gehaftet haben. nur ein
schutz der thukydideischen überlieferung vor modernen athetesen ist der anklang
hier so gut wie das citat 6, 58. auſserdem entscheidet Aristoteles für παϱὰ τὸ
Λεωκόϱιον 6, 57 gegen πεϱὶ τ. Λ. 1, 20, was also zu berichtigen ist. — diese
directen anklänge beweisen, was sonst zweifelhaft sein könnte, daſs Aristoteles selbst
den Thukydides benutzt hat.
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[109/0123] Die Peisistratiden. Thukydides erzählt, daſs Hippias gleich nach dem morde seines bruders die gewappnet zur procession erschienenen bürger die waffen ablegen lieſs und dann die bei denen sich ein dolch fand verhaftete. das widerlegt Aristoteles schlagend damit, daſs die procession von bürgern mit schild und speer eine demokratische neuerung war, was aus den acten des festes sicher gestellt werden konnte, die der verfasser der lyrischen didaskalien gekannt hat. 18) scheinbar trifft das nur einen nebenpunkt; die körperliche durchsuchung und die verhaftung der verdächtigen könnte trotzdem richtig sein. nun ist es aber gewiſs eine gesunde kritik, von zwei versionen diejenige zu verwerfen, in der ein offen- kundiger anachronismus steckt, und es ist sehr wol glaublich, daſs Aristoteles mit diesem prüfstein die unzuverlässigkeit des thukydideischen berichtes gegenüber einem andern, der ihm vorlag, erkannt hat, oder doch anerkannt, wenn der irrtum früher gerügt war. aber allerdings legt Thukydides so groſsen wert gerade auf die behauptung, daſs die procession bewaffnet war 19), daſs es seine kritik in schlimmem lichte erscheinen läſst, wenn er sich hierin irrt, und dann sind die con- sequenzen gröſsere, als Aristoteles direct hervorhebt. nach Thukydides ist die tat auf dieses fest mit der berechnung verlegt, daſs dann bewaffnete 18) Übrigens können wir dem Aristoteles noch einen beweis zuführen, der ihm sehr erwünscht sein wird, das skolion ἐν μύϱτου κλαδὶ τὸ ξίφος φοϱήσω. mir ist der vers bisher immer ein wenig phrasenhaft erschienen: jetzt zeigt sich, daſs er ganz wahr und sinnlich ist. die Athener hielten eben nichts als einen myrtenzweig in der hand, keinen speer. so giengen später die greise mit ölreisern, die ϑαλλοφόϱοι, und gieng die epidaurische procession mit lorbeerreisern. 19) Thuk. 6, 56 am ende und 58, Hippias ἐκέλευσεν αὐτοὺς δείξας τι χωϱίον ἀπελϑεῖν ἐς αὐτὸ ἄνευ τῶν ὅπλων. — ἐξελέγετο εὐϑὺς οὓς ἐπῃτιᾶτο καὶ εἴ τις ηὑϱέϑη ἐγχειϱίδιον ἔχων· μετὰ γὰϱ ἀσπίδος καὶ δόϱατος εἰώϑεσαν τὰς πομπὰς ποιεῖν. das hat Aristoteles vor augen, wenn er sagt, ὁ λεγόμενος λόγος, ὡς ὁ Ἱππίας ἀποστήσας τῶν ὅπλων τοὺς πομπεύοντας ἐφώϱασε τοὺς [[τὰ]] ἐγχειϱίδια ἔχοντας, οὐκ ἀληϑής ἐστιν· οὐ γὰϱ ἔπεμπον τότε μεϑ̛ ὅπλων: ich bemerke erst, indem ich dieses niederschreibe, daſs der artikel zu tilgen ist; es hat ihn jemand eingefügt, der die dolche für die ὅπλα hielt. daſs dagegen der ausdruck βουλό- μενοί τι δϱᾶσαι πϱὸ τῆς συλλήψεως das thukydideische βουλόμενοι πϱὶν ξυλληφ- ϑῆναι δϱάσαντές τι καὶ κινδυνεῦσαι wiedergibt, ist minder sicher, da es 1, 20 steht, in dem auszug, den Thukydides aus seinem berichte gemacht hat: es müſste denn die stelle der einleitung in Aristoteles’ gedächtnis so fest gehaftet haben. nur ein schutz der thukydideischen überlieferung vor modernen athetesen ist der anklang hier so gut wie das citat 6, 58. auſserdem entscheidet Aristoteles für παϱὰ τὸ Λεωκόϱιον 6, 57 gegen πεϱὶ τ. Λ. 1, 20, was also zu berichtigen ist. — diese directen anklänge beweisen, was sonst zweifelhaft sein könnte, daſs Aristoteles selbst den Thukydides benutzt hat.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/123>, abgerufen am 24.04.2024.