Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der
Philosophie aufmerksam zu machen, und auch in
dieser Hinsicht der lebendigeren Ansicht, der mit
der Schönheit verwandteren die Thür zu öffnen,
wogegen die unästhetische Ansicht breitstämmig sich
anlehnt. Ich habe aber absichtlich die Philosophie
hinter der Geschichte genannt, um von ihr einen
Uebergang zu machen zu der Philosophie jener
Kunst oder Wissenschaft, welche der beabsichtigte
Inhalt dieser Vorlesungen ist.

In welcher Absicht studirt man auf Univer¬
sitäten die Philosophie? In der Regel aus kei¬
ner, oder um des Examens wegen. Aus keiner;
denn welche Absicht soll einen zur Erlernung einer
Wissenschaft hintreiben, deren Wesen und Zweck
so unbekannt sind, wie die Philosophie den Mei¬
sten, die von der Schule auf die Universität zie¬
hen. Auch hier findet sich das klägliche Mißver¬
hältniß zwischen den höhern und niedern Bildungs¬
anstalten, das überall durchbricht und nach allen
Seiten eine Scheidewand zwischen den beiden gro¬
ßen Schritten zieht, welche der studirende Jüng¬
ling zu machen gezwungen ist, dem Schritt der
Schulbildung und dem Schritt der akademischen
Bildung. In der That sind die beiden Prinzi¬
pien, worauf hier die Schule, dort die Akademie
gegründet sind, durchaus von einander verschiedene

Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der
Philoſophie aufmerkſam zu machen, und auch in
dieſer Hinſicht der lebendigeren Anſicht, der mit
der Schoͤnheit verwandteren die Thuͤr zu oͤffnen,
wogegen die unaͤſthetiſche Anſicht breitſtaͤmmig ſich
anlehnt. Ich habe aber abſichtlich die Philoſophie
hinter der Geſchichte genannt, um von ihr einen
Uebergang zu machen zu der Philoſophie jener
Kunſt oder Wiſſenſchaft, welche der beabſichtigte
Inhalt dieſer Vorleſungen iſt.

In welcher Abſicht ſtudirt man auf Univer¬
ſitaͤten die Philoſophie? In der Regel aus kei¬
ner, oder um des Examens wegen. Aus keiner;
denn welche Abſicht ſoll einen zur Erlernung einer
Wiſſenſchaft hintreiben, deren Weſen und Zweck
ſo unbekannt ſind, wie die Philoſophie den Mei¬
ſten, die von der Schule auf die Univerſitaͤt zie¬
hen. Auch hier findet ſich das klaͤgliche Mißver¬
haͤltniß zwiſchen den hoͤhern und niedern Bildungs¬
anſtalten, das uͤberall durchbricht und nach allen
Seiten eine Scheidewand zwiſchen den beiden gro¬
ßen Schritten zieht, welche der ſtudirende Juͤng¬
ling zu machen gezwungen iſt, dem Schritt der
Schulbildung und dem Schritt der akademiſchen
Bildung. In der That ſind die beiden Prinzi¬
pien, worauf hier die Schule, dort die Akademie
gegruͤndet ſind, durchaus von einander verſchiedene

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="50"/>
Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der<lb/>
Philo&#x017F;ophie aufmerk&#x017F;am zu machen, und auch in<lb/>
die&#x017F;er Hin&#x017F;icht der lebendigeren An&#x017F;icht, der mit<lb/>
der Scho&#x0364;nheit verwandteren die Thu&#x0364;r zu o&#x0364;ffnen,<lb/>
wogegen die una&#x0364;&#x017F;theti&#x017F;che An&#x017F;icht breit&#x017F;ta&#x0364;mmig &#x017F;ich<lb/>
anlehnt. Ich habe aber ab&#x017F;ichtlich die Philo&#x017F;ophie<lb/>
hinter der Ge&#x017F;chichte genannt, um von ihr einen<lb/>
Uebergang zu machen zu der Philo&#x017F;ophie jener<lb/>
Kun&#x017F;t oder Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, welche der beab&#x017F;ichtigte<lb/>
Inhalt die&#x017F;er Vorle&#x017F;ungen i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>In welcher Ab&#x017F;icht &#x017F;tudirt man auf Univer¬<lb/>
&#x017F;ita&#x0364;ten die Philo&#x017F;ophie? In der Regel aus kei¬<lb/>
ner, oder um des Examens wegen. Aus keiner;<lb/>
denn welche Ab&#x017F;icht &#x017F;oll einen zur Erlernung einer<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft hintreiben, deren We&#x017F;en und Zweck<lb/>
&#x017F;o unbekannt &#x017F;ind, wie die Philo&#x017F;ophie den Mei¬<lb/>
&#x017F;ten, die von der Schule auf die Univer&#x017F;ita&#x0364;t zie¬<lb/>
hen. Auch hier findet &#x017F;ich das kla&#x0364;gliche Mißver¬<lb/>
ha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen den ho&#x0364;hern und niedern Bildungs¬<lb/>
an&#x017F;talten, das u&#x0364;berall durchbricht und nach allen<lb/>
Seiten eine Scheidewand zwi&#x017F;chen den beiden gro¬<lb/>
ßen Schritten zieht, welche der &#x017F;tudirende Ju&#x0364;ng¬<lb/>
ling zu machen gezwungen i&#x017F;t, dem Schritt der<lb/>
Schulbildung und dem Schritt der akademi&#x017F;chen<lb/>
Bildung. In der That &#x017F;ind die beiden Prinzi¬<lb/>
pien, worauf hier die Schule, dort die Akademie<lb/>
gegru&#x0364;ndet &#x017F;ind, durchaus von einander ver&#x017F;chiedene<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0064] Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der Philoſophie aufmerkſam zu machen, und auch in dieſer Hinſicht der lebendigeren Anſicht, der mit der Schoͤnheit verwandteren die Thuͤr zu oͤffnen, wogegen die unaͤſthetiſche Anſicht breitſtaͤmmig ſich anlehnt. Ich habe aber abſichtlich die Philoſophie hinter der Geſchichte genannt, um von ihr einen Uebergang zu machen zu der Philoſophie jener Kunſt oder Wiſſenſchaft, welche der beabſichtigte Inhalt dieſer Vorleſungen iſt. In welcher Abſicht ſtudirt man auf Univer¬ ſitaͤten die Philoſophie? In der Regel aus kei¬ ner, oder um des Examens wegen. Aus keiner; denn welche Abſicht ſoll einen zur Erlernung einer Wiſſenſchaft hintreiben, deren Weſen und Zweck ſo unbekannt ſind, wie die Philoſophie den Mei¬ ſten, die von der Schule auf die Univerſitaͤt zie¬ hen. Auch hier findet ſich das klaͤgliche Mißver¬ haͤltniß zwiſchen den hoͤhern und niedern Bildungs¬ anſtalten, das uͤberall durchbricht und nach allen Seiten eine Scheidewand zwiſchen den beiden gro¬ ßen Schritten zieht, welche der ſtudirende Juͤng¬ ling zu machen gezwungen iſt, dem Schritt der Schulbildung und dem Schritt der akademiſchen Bildung. In der That ſind die beiden Prinzi¬ pien, worauf hier die Schule, dort die Akademie gegruͤndet ſind, durchaus von einander verſchiedene

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/64
Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/64>, abgerufen am 23.04.2024.