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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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etwas ihr Eigenthümliches nicht verkennen. Heine
bedenkt sich, wo Börne unbedenklich hinschreibt
und wo Jean Paul zwei Gedanken für einen in
einander mischt. Nicht, daß er um das, was er
sagen will, verlegen wäre, nicht, daß ihm irgend
eine Anspielung, eine Vergleichung, eine geistreiche
Wendung nicht zu Gebot stände, er bedenkt sich,
um den Ausdruck zu treffen, der das, was er sa¬
gen will, unvergeßlich macht, das Wort zu fin¬
den, das seinen Gedanken auf das Eigen¬
thümlichste
und Schlagendste wiedergibt.

Hält man nun diese Züge der bewährtesten
Schriftsteller mit einander zusammen, so möchte
man eher Börne mit Jean Paul, Heine mit Goe¬
the in Vergleichung setzen, wenn man bei Beur¬
theilung eines Stilistikers von der Idee der
Kunst
als tertium comparationis ausgeht. Heine
und Goethe, Börne und Jean Paul sind sich in
der That auch in Anlagen und geistigem Vermö¬
gen verwandt, was auch von ihnen selbst, ich
meine von den Jüngeren, Heine und Börne, rich¬
tig gefühlt und ausgesprochen ist; von Letzterem
in der herrlichen Rede auf Jean Pauls Tod, das
schönste Denkmal, das den Manen des großen
Dichters errichtet worden und das zugleich, so¬
wohl durch die Begeisterung der Sprache, als
durch diese selbst dem Redner einige unverwelkliche

etwas ihr Eigenthuͤmliches nicht verkennen. Heine
bedenkt ſich, wo Boͤrne unbedenklich hinſchreibt
und wo Jean Paul zwei Gedanken fuͤr einen in
einander miſcht. Nicht, daß er um das, was er
ſagen will, verlegen waͤre, nicht, daß ihm irgend
eine Anſpielung, eine Vergleichung, eine geiſtreiche
Wendung nicht zu Gebot ſtaͤnde, er bedenkt ſich,
um den Ausdruck zu treffen, der das, was er ſa¬
gen will, unvergeßlich macht, das Wort zu fin¬
den, das ſeinen Gedanken auf das Eigen¬
thuͤmlichſte
und Schlagendſte wiedergibt.

Haͤlt man nun dieſe Zuͤge der bewaͤhrteſten
Schriftſteller mit einander zuſammen, ſo moͤchte
man eher Boͤrne mit Jean Paul, Heine mit Goe¬
the in Vergleichung ſetzen, wenn man bei Beur¬
theilung eines Stiliſtikers von der Idee der
Kunſt
als tertium comparationis ausgeht. Heine
und Goethe, Boͤrne und Jean Paul ſind ſich in
der That auch in Anlagen und geiſtigem Vermoͤ¬
gen verwandt, was auch von ihnen ſelbſt, ich
meine von den Juͤngeren, Heine und Boͤrne, rich¬
tig gefuͤhlt und ausgeſprochen iſt; von Letzterem
in der herrlichen Rede auf Jean Pauls Tod, das
ſchoͤnſte Denkmal, das den Manen des großen
Dichters errichtet worden und das zugleich, ſo¬
wohl durch die Begeiſterung der Sprache, als
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[295/0309] etwas ihr Eigenthuͤmliches nicht verkennen. Heine bedenkt ſich, wo Boͤrne unbedenklich hinſchreibt und wo Jean Paul zwei Gedanken fuͤr einen in einander miſcht. Nicht, daß er um das, was er ſagen will, verlegen waͤre, nicht, daß ihm irgend eine Anſpielung, eine Vergleichung, eine geiſtreiche Wendung nicht zu Gebot ſtaͤnde, er bedenkt ſich, um den Ausdruck zu treffen, der das, was er ſa¬ gen will, unvergeßlich macht, das Wort zu fin¬ den, das ſeinen Gedanken auf das Eigen¬ thuͤmlichſte und Schlagendſte wiedergibt. Haͤlt man nun dieſe Zuͤge der bewaͤhrteſten Schriftſteller mit einander zuſammen, ſo moͤchte man eher Boͤrne mit Jean Paul, Heine mit Goe¬ the in Vergleichung ſetzen, wenn man bei Beur¬ theilung eines Stiliſtikers von der Idee der Kunſt als tertium comparationis ausgeht. Heine und Goethe, Boͤrne und Jean Paul ſind ſich in der That auch in Anlagen und geiſtigem Vermoͤ¬ gen verwandt, was auch von ihnen ſelbſt, ich meine von den Juͤngeren, Heine und Boͤrne, rich¬ tig gefuͤhlt und ausgeſprochen iſt; von Letzterem in der herrlichen Rede auf Jean Pauls Tod, das ſchoͤnſte Denkmal, das den Manen des großen Dichters errichtet worden und das zugleich, ſo¬ wohl durch die Begeiſterung der Sprache, als durch dieſe ſelbſt dem Redner einige unverwelkliche

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/309>, abgerufen am 20.04.2024.