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Wiegmann, Rudolf: Grundzüge der Lehre von der Perspektive. Düsseldorf, 1846.

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Unzugängliche Verschwindungspunkte.

Das vorhin angewendete Verfahren, Parallelen zu einer
gegebenen Linie zu ziehen, war sehr einfach, da der Verschwin-
dungspunkt noch innerhalb der Tafel lag. Befindet sich ein
solcher aber ausserhalb der Tafel, was nicht allein sehr oft
vorkommen kann, sondern bei der von uns angenommenen
Hauptdistanz bei weitem am häufigsten vorkommen muss, dann
wird das Verfahren, Parallelen zu ziehen, etwas umständlicher.
Es ist dann erforderlich, den eigentlichen ausserhalb der Tafel
liegenden Verschwindungspunkt durch einen innerhalb derselben
liegenden zu ersetzen. Dieses Verfahren gründet sich auf die
Eigenschaft ähnlicher Dreiecke, dass, wenn solche eine gleich-
namige Seite parallel haben, auch die beiden andern parallel
sind, und ferner: dass alle gleichnamigen Seiten zu einander
in einem und demselben Verhältniss der Länge stehen, so dass,
wenn z. B. die Eine die halbe Länge der gleichnamigen im
andern Dreieck hat, dieses bei den übrigen ebenso der Fall
ist. Aus diesem Grunde suchen wir uns ein ganz innerhalb
der Tafel fallendes kleines Dreieck zu verschaffen, welches dem
grossen, dessen einer Winkel ausserhalb der Tafel liegt, ähnlich
ist. Alle daran vorkommenden Winkel und Grössenverhält-
nisse der Seiten werden dann auch den gleichnamigen Win-
keln und Grössenverhältnissen der gleichnamigen Seiten des
grossen undarstellbaren Dreiecks gleich sein. Das Verfahren
selbst soll durch folgende Aufgaben erläutert werden:

Aufgabe 6.

Es soll der rechtwinklichte Körper GHBAE
richtig gezeichnet werden. Die Oberkanten AB und AE sind
als richtig und gegeben zu betrachten, eben so die senkrechte
Kante AG. Es soll nun durch C eine Parallele zu AB gezo-
gen werden.

Auflösung. Da der Verschwindungspunkt von AB augen-
scheinlich ausserhalb der Tafel liegt, so muss er ersetzt wer-
den. Dieses geschieht auf folgende Weise:

Unzugängliche Verschwindungspunkte.

Das vorhin angewendete Verfahren, Parallelen zu einer
gegebenen Linie zu ziehen, war sehr einfach, da der Verschwin-
dungspunkt noch innerhalb der Tafel lag. Befindet sich ein
solcher aber ausserhalb der Tafel, was nicht allein sehr oft
vorkommen kann, sondern bei der von uns angenommenen
Hauptdistanz bei weitem am häufigsten vorkommen muss, dann
wird das Verfahren, Parallelen zu ziehen, etwas umständlicher.
Es ist dann erforderlich, den eigentlichen ausserhalb der Tafel
liegenden Verschwindungspunkt durch einen innerhalb derselben
liegenden zu ersetzen. Dieses Verfahren gründet sich auf die
Eigenschaft ähnlicher Dreiecke, dass, wenn solche eine gleich-
namige Seite parallel haben, auch die beiden andern parallel
sind, und ferner: dass alle gleichnamigen Seiten zu einander
in einem und demselben Verhältniss der Länge stehen, so dass,
wenn z. B. die Eine die halbe Länge der gleichnamigen im
andern Dreieck hat, dieses bei den übrigen ebenso der Fall
ist. Aus diesem Grunde suchen wir uns ein ganz innerhalb
der Tafel fallendes kleines Dreieck zu verschaffen, welches dem
grossen, dessen einer Winkel ausserhalb der Tafel liegt, ähnlich
ist. Alle daran vorkommenden Winkel und Grössenverhält-
nisse der Seiten werden dann auch den gleichnamigen Win-
keln und Grössenverhältnissen der gleichnamigen Seiten des
grossen undarstellbaren Dreiecks gleich sein. Das Verfahren
selbst soll durch folgende Aufgaben erläutert werden:

Aufgabe 6.

Es soll der rechtwinklichte Körper GHBAE
richtig gezeichnet werden. Die Oberkanten AB und AE sind
als richtig und gegeben zu betrachten, eben so die senkrechte
Kante AG. Es soll nun durch C eine Parallele zu AB gezo-
gen werden.

Auflösung. Da der Verschwindungspunkt von AB augen-
scheinlich ausserhalb der Tafel liegt, so muss er ersetzt wer-
den. Dieses geschieht auf folgende Weise:

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[14/0018] Unzugängliche Verschwindungspunkte. Das vorhin angewendete Verfahren, Parallelen zu einer gegebenen Linie zu ziehen, war sehr einfach, da der Verschwin- dungspunkt noch innerhalb der Tafel lag. Befindet sich ein solcher aber ausserhalb der Tafel, was nicht allein sehr oft vorkommen kann, sondern bei der von uns angenommenen Hauptdistanz bei weitem am häufigsten vorkommen muss, dann wird das Verfahren, Parallelen zu ziehen, etwas umständlicher. Es ist dann erforderlich, den eigentlichen ausserhalb der Tafel liegenden Verschwindungspunkt durch einen innerhalb derselben liegenden zu ersetzen. Dieses Verfahren gründet sich auf die Eigenschaft ähnlicher Dreiecke, dass, wenn solche eine gleich- namige Seite parallel haben, auch die beiden andern parallel sind, und ferner: dass alle gleichnamigen Seiten zu einander in einem und demselben Verhältniss der Länge stehen, so dass, wenn z. B. die Eine die halbe Länge der gleichnamigen im andern Dreieck hat, dieses bei den übrigen ebenso der Fall ist. Aus diesem Grunde suchen wir uns ein ganz innerhalb der Tafel fallendes kleines Dreieck zu verschaffen, welches dem grossen, dessen einer Winkel ausserhalb der Tafel liegt, ähnlich ist. Alle daran vorkommenden Winkel und Grössenverhält- nisse der Seiten werden dann auch den gleichnamigen Win- keln und Grössenverhältnissen der gleichnamigen Seiten des grossen undarstellbaren Dreiecks gleich sein. Das Verfahren selbst soll durch folgende Aufgaben erläutert werden: Aufgabe 6. Es soll der rechtwinklichte Körper GHBAE richtig gezeichnet werden. Die Oberkanten AB und AE sind als richtig und gegeben zu betrachten, eben so die senkrechte Kante AG. Es soll nun durch C eine Parallele zu AB gezo- gen werden. Auflösung. Da der Verschwindungspunkt von AB augen- scheinlich ausserhalb der Tafel liegt, so muss er ersetzt wer- den. Dieses geschieht auf folgende Weise:

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Zitationshilfe: Wiegmann, Rudolf: Grundzüge der Lehre von der Perspektive. Düsseldorf, 1846, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wiegmann_perspektive_1846/18>, abgerufen am 19.04.2024.