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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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herr, und man hat doch auch Augen. -- Ich habe ja noch von Niemand ein Hochzeitsgeschenk verlangt, sagte Wanags mürrisch und seinen Weg fortsetzend. Geelhaar wandte sein Pferd zur Seite und folgte ihm einige Schritte. Die Grita ist ein hübsches Mädchen, plauderte er, aber damit ist's nicht gethan. Du brauchst eine Frau, die dir etwas einbringt, Ansas, und wenn ich dir als guter Freund und Nachbar rathen soll -- -- Ich bin mündig, Herr, fiel der Bauer knurrig ein und ging aufs Feld hinüber. Geelhaar zuckte die Achseln und trabte weiter.

Wenn Der's nicht will, dachte Ansas, so muß es erst recht geschehen. Es war an einem Sonnabend, und er wußte, daß Grita ihn nicht vorübergehen ließ, ohne einen frischen Kranz zu flechten. Sie hatte bereits mehrmals von seiner Erlaubniß Gebrauch gemacht, aus seinem Gärtchen Blumen zu pflücken, aber es war heimlich geschehen, vielleicht in später Nacht oder ganz früh am Morgen, denn Abends hatte er immer vergebens auf sie gewartet. Nun nahm er sich vor, ihr aufzupassen, und wenn er die ganze Nacht unter freiem Himmel zubringen müßte. Die Sache zwischen ihm und ihr solle einmal ins Reine kommen. Er versteckte sich also, als es dunkel geworden war, hinter dem Brunnen und merkte auf. Nach einer Stunde etwa knurrte der Hund, der sich neben ihm gelagert hatte, sprang mit einem eiligen Satz über den Zaun und lief auf das Feld hinaus. Dort beruhigte

herr, und man hat doch auch Augen. — Ich habe ja noch von Niemand ein Hochzeitsgeschenk verlangt, sagte Wanags mürrisch und seinen Weg fortsetzend. Geelhaar wandte sein Pferd zur Seite und folgte ihm einige Schritte. Die Grita ist ein hübsches Mädchen, plauderte er, aber damit ist's nicht gethan. Du brauchst eine Frau, die dir etwas einbringt, Ansas, und wenn ich dir als guter Freund und Nachbar rathen soll — — Ich bin mündig, Herr, fiel der Bauer knurrig ein und ging aufs Feld hinüber. Geelhaar zuckte die Achseln und trabte weiter.

Wenn Der's nicht will, dachte Ansas, so muß es erst recht geschehen. Es war an einem Sonnabend, und er wußte, daß Grita ihn nicht vorübergehen ließ, ohne einen frischen Kranz zu flechten. Sie hatte bereits mehrmals von seiner Erlaubniß Gebrauch gemacht, aus seinem Gärtchen Blumen zu pflücken, aber es war heimlich geschehen, vielleicht in später Nacht oder ganz früh am Morgen, denn Abends hatte er immer vergebens auf sie gewartet. Nun nahm er sich vor, ihr aufzupassen, und wenn er die ganze Nacht unter freiem Himmel zubringen müßte. Die Sache zwischen ihm und ihr solle einmal ins Reine kommen. Er versteckte sich also, als es dunkel geworden war, hinter dem Brunnen und merkte auf. Nach einer Stunde etwa knurrte der Hund, der sich neben ihm gelagert hatte, sprang mit einem eiligen Satz über den Zaun und lief auf das Feld hinaus. Dort beruhigte

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/45>, abgerufen am 29.03.2024.