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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wäre. Es ist ihm ja gar nicht ernst damit, sagte sie laut, aber im Herzen sprach's anders.

Ansas hatte Anfechtungen anderer Art zu bestehen. Krupat war nicht ohne Bedenken auf den Handel wegen seiner Tochter eingegangen; nun das Abkommen einmal fest war, hörte er ungern von der neuen Liebschaft reden. Er gehörte zu der Secte der "Frommen" und war sogar selbst einer von deren Aposteln, reis'te in der Gegend umher und hielt Betstunden in den Bauernstuben ab. So fehlte es ihm nicht an einem großen Anhang, der seine Freundschaften und Feindschaften theilte, und Wanags konnte sich bald überzeugen, daß man ihm geflissentlich aus dem Wege ging und es selbst vermied, in der Kirche neben ihm Platz zu nehmen. Er kannte recht gut den Grund dieser Zurückhaltung, und zum Ueberfluß sprach sein Vater, der im Kruge Aergerniß hatte, ihn auch ausdrücklich aus; aber das befestigte seine stille Neigung nur noch mehr. Es verging nun kein Abend, an dem er nicht um das Petrick'sche Gehöft herumstreifte und auf Grita lauerte, wenn sie die Kuh von der Uferweide abholte oder Wasser aus dem Brunnen schöpfte. Konnte er nur ein paar Wörtchen mit ihr wechseln, so war er schon froh. Eines Tages, als er auf sein Feld ging, kam ihm Herr Geelhaar entgegengeritten und sprach ihn an. Wird's bald Hochzeit geben? fragte er. -- Weßhalb meinst du? wich der Littauer aus. -- Nun, es ist so die Rede davon, antwortete der Guts-

wäre. Es ist ihm ja gar nicht ernst damit, sagte sie laut, aber im Herzen sprach's anders.

Ansas hatte Anfechtungen anderer Art zu bestehen. Krupat war nicht ohne Bedenken auf den Handel wegen seiner Tochter eingegangen; nun das Abkommen einmal fest war, hörte er ungern von der neuen Liebschaft reden. Er gehörte zu der Secte der „Frommen“ und war sogar selbst einer von deren Aposteln, reis'te in der Gegend umher und hielt Betstunden in den Bauernstuben ab. So fehlte es ihm nicht an einem großen Anhang, der seine Freundschaften und Feindschaften theilte, und Wanags konnte sich bald überzeugen, daß man ihm geflissentlich aus dem Wege ging und es selbst vermied, in der Kirche neben ihm Platz zu nehmen. Er kannte recht gut den Grund dieser Zurückhaltung, und zum Ueberfluß sprach sein Vater, der im Kruge Aergerniß hatte, ihn auch ausdrücklich aus; aber das befestigte seine stille Neigung nur noch mehr. Es verging nun kein Abend, an dem er nicht um das Petrick'sche Gehöft herumstreifte und auf Grita lauerte, wenn sie die Kuh von der Uferweide abholte oder Wasser aus dem Brunnen schöpfte. Konnte er nur ein paar Wörtchen mit ihr wechseln, so war er schon froh. Eines Tages, als er auf sein Feld ging, kam ihm Herr Geelhaar entgegengeritten und sprach ihn an. Wird's bald Hochzeit geben? fragte er. — Weßhalb meinst du? wich der Littauer aus. — Nun, es ist so die Rede davon, antwortete der Guts-

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[0044] wäre. Es ist ihm ja gar nicht ernst damit, sagte sie laut, aber im Herzen sprach's anders. Ansas hatte Anfechtungen anderer Art zu bestehen. Krupat war nicht ohne Bedenken auf den Handel wegen seiner Tochter eingegangen; nun das Abkommen einmal fest war, hörte er ungern von der neuen Liebschaft reden. Er gehörte zu der Secte der „Frommen“ und war sogar selbst einer von deren Aposteln, reis'te in der Gegend umher und hielt Betstunden in den Bauernstuben ab. So fehlte es ihm nicht an einem großen Anhang, der seine Freundschaften und Feindschaften theilte, und Wanags konnte sich bald überzeugen, daß man ihm geflissentlich aus dem Wege ging und es selbst vermied, in der Kirche neben ihm Platz zu nehmen. Er kannte recht gut den Grund dieser Zurückhaltung, und zum Ueberfluß sprach sein Vater, der im Kruge Aergerniß hatte, ihn auch ausdrücklich aus; aber das befestigte seine stille Neigung nur noch mehr. Es verging nun kein Abend, an dem er nicht um das Petrick'sche Gehöft herumstreifte und auf Grita lauerte, wenn sie die Kuh von der Uferweide abholte oder Wasser aus dem Brunnen schöpfte. Konnte er nur ein paar Wörtchen mit ihr wechseln, so war er schon froh. Eines Tages, als er auf sein Feld ging, kam ihm Herr Geelhaar entgegengeritten und sprach ihn an. Wird's bald Hochzeit geben? fragte er. — Weßhalb meinst du? wich der Littauer aus. — Nun, es ist so die Rede davon, antwortete der Guts-

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:07:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:07:21Z)

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/44>, abgerufen am 19.04.2024.