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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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war ihm nicht mehr zu helfen. Meine Mutter will das Grundstück für die Schulden annehmen; da bleibt für uns Kinder nichts übrig.

So -- so, meinte Ansas. Aber der alte Petrick hat auch nicht viel, und seine Magd ist eine böse Person.

Grita zeigte lachend ihre weißen Zähne. Ich fürchte mich nicht vor so Einer, sagte sie, und zum Sattessen wird immer noch genug da sein.

Brauchst du nichts mehr? fragte Ansas, dem die muntern Augen des jungen Dinges gefielen.

Freilich! rief sie. Einen hübschen Anzug zur Kirche, aber den hab' ich von der Mutter mitbekommen, und bis er aufgetragen ist, vergehn ein paar Jahre. Man muß nicht zu weit in die Zukunft rechnen.

Ansas nickte. Zu sagen wußte er darauf nichts. Er nahm die Axt auf und prüfte mit dem Daumen die Schärfe. Grita sah darin ganz richtig ein Zeichen, daß er wieder an die Arbeit gehen wollte, und verabschiedete sich, indem sie ihm nochmals die Hand zureichte. Laß uns gute Freundschaft halten, bat sie, und wenn ich einmal vergesse, wo deine Grenze führt, pfände nicht sogleich. Damit ging sie, ohne auf seine Antwort zu warten. Sie hätte auch vergeblich darauf gewartet, aber daß er freundlich schmunzelte, galt ihr als Beweis seiner Zustimmung. Ehe sie bei

war ihm nicht mehr zu helfen. Meine Mutter will das Grundstück für die Schulden annehmen; da bleibt für uns Kinder nichts übrig.

So — so, meinte Ansas. Aber der alte Petrick hat auch nicht viel, und seine Magd ist eine böse Person.

Grita zeigte lachend ihre weißen Zähne. Ich fürchte mich nicht vor so Einer, sagte sie, und zum Sattessen wird immer noch genug da sein.

Brauchst du nichts mehr? fragte Ansas, dem die muntern Augen des jungen Dinges gefielen.

Freilich! rief sie. Einen hübschen Anzug zur Kirche, aber den hab' ich von der Mutter mitbekommen, und bis er aufgetragen ist, vergehn ein paar Jahre. Man muß nicht zu weit in die Zukunft rechnen.

Ansas nickte. Zu sagen wußte er darauf nichts. Er nahm die Axt auf und prüfte mit dem Daumen die Schärfe. Grita sah darin ganz richtig ein Zeichen, daß er wieder an die Arbeit gehen wollte, und verabschiedete sich, indem sie ihm nochmals die Hand zureichte. Laß uns gute Freundschaft halten, bat sie, und wenn ich einmal vergesse, wo deine Grenze führt, pfände nicht sogleich. Damit ging sie, ohne auf seine Antwort zu warten. Sie hätte auch vergeblich darauf gewartet, aber daß er freundlich schmunzelte, galt ihr als Beweis seiner Zustimmung. Ehe sie bei

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:07:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:07:21Z)

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/37>, abgerufen am 19.04.2024.