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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Vom Unterscheid Das IV.
die practicirliche Ethica, (nicht nur der Nomenclator undecim
virtutum
) aus der Notionalischen die anweißliche Logica, (nicht nur
die prooemial-Streitkunst) viel cooperiren kan.

§. 9. Zum andern/ so begreifft auch die General-Weltweiß-
heit die Politic in sich/ welche nicht auff dieses oder jenes Land einge-
schrencket ist/ sondern auff die gantze Welt sich erstreckt/ in dem sie leh-
ret/ wie nemlich aller Orten der Staat theils schon recht eingerichtet
sey/ theils noch eingerichtet und verbessert werden könte. Worzu son-
derlich/ ohne die vorigen Wissenschafften/ auch die Geographia, die
Chronologia, und welche sich hierauff gründet/ die so weitleufftige
Historica, samt der Calendariographia, oder das bey der Republiq
so nöthige Calenderwerck die bürgerlichen Zeiten recht einzurichten/
Jtem die AEdilitia, das Bauwesen/ Polemica die Kriegskunst/ die
rechenmäßige Commercien/ Cämmerey/ Haußhaltungs- und Buch-
haltungs-Künste. Wie dann auch die zur persuasion des Volcks ge-
richtete Rhetorica, Grammatica, Poetica, und Oratoria, ge-
höret.

§. 10. So begreifft auch die General-Weißheit in sich/ drittens/ die
Physicam, und Naturkündigung/ nit nur in genere, was die Be-
nennungen der materiae primae, privationis, qualitatum occulta-
rum,
und dergleichen belanget/ sondern auch in specie, damit man der
gantzen Natur ihre Beschaffenheiten nnd Eigenschafften/ so viel mög-
lich/ wisse/ es mag solches hernach zur Medicin oder zum Bedürffnüs
des Menschen gebraucht werden/ oder nit. Wozu vornemlich die Geo-
metria,
die Statica, Mechanica, Optica, Musica, wie auch die Astro-
nomia, Meteorologia, Somatologia, Phytologia, Anatomia
und
alles/ wessen sich die Medici und Artisten aus der Natur zu ihrer Wür-
ckung bedienen/ gehöret/ wann sie vollkommen seyn soll.

§. 11. Wann nun auch in specie, zum vierdten/ die Artes hu-
manae,
das ist/ die zum Bedürffnüs des Menschen als zur dritten
Haupt-Wohlfahrt besonders wohl einzurichtende Künste/ welche
vor sich schon eine so weitleufftige Special-Facultet machen/ zu der Ge-
neral-
Weltweißheit geschlagen werden/ hilff lieber Gott/ was wird vor
ein Begriff daraus! Jst doch in dieser Facultät alles/ was in allen Fa-
cultäten ist/ auff einmal beysammen: und zwar so ist nicht nur eine Art
des objects von einer ieden Facultät darinnen/ sondern alle biß auf die

einige

Vom Unterſcheid Das IV.
die practicirliche Ethica, (nicht nur der Nomenclator undecim
virtutum
) aus der Notionaliſchen die anweißliche Logica, (nicht nur
die proœmial-Streitkunſt) viel cooperiren kan.

§. 9. Zum andern/ ſo begreifft auch die General-Weltweiß-
heit die Politic in ſich/ welche nicht auff dieſes oder jenes Land einge-
ſchrencket iſt/ ſondern auff die gantze Welt ſich erſtreckt/ in dem ſie leh-
ret/ wie nemlich aller Orten der Staat theils ſchon recht eingerichtet
ſey/ theils noch eingerichtet und verbeſſert werden koͤnte. Worzu ſon-
derlich/ ohne die vorigen Wiſſenſchafften/ auch die Geographia, die
Chronologia, und welche ſich hierauff gruͤndet/ die ſo weitleufftige
Hiſtorica, ſamt der Calendariographia, oder das bey der Republiq
ſo noͤthige Calenderwerck die buͤrgerlichen Zeiten recht einzurichten/
Jtem die Ædilitia, das Bauweſen/ Polemica die Kriegskunſt/ die
rechenmaͤßige Commercien/ Caͤmmerey/ Haußhaltungs- und Buch-
haltungs-Kuͤnſte. Wie dann auch die zur perſuaſion des Volcks ge-
richtete Rhetorica, Grammatica, Poëtica, und Oratoria, ge-
hoͤret.

§. 10. So begreifft auch die General-Weißheit in ſich/ drittens/ die
Phyſicam, und Naturkuͤndigung/ nit nur in genere, was die Be-
nennungen der materiæ primæ, privationis, qualitatum occulta-
rum,
und dergleichen belanget/ ſondern auch in ſpecie, damit man der
gantzen Natur ihre Beſchaffenheiten nnd Eigenſchafften/ ſo viel moͤg-
lich/ wiſſe/ es mag ſolches hernach zur Medicin oder zum Beduͤrffnuͤs
des Menſchen gebraucht werden/ oder nit. Wozu vornemlich die Geo-
metria,
die Statica, Mechanica, Optica, Muſica, wie auch die Aſtro-
nomia, Meteorologia, Somatologia, Phytologia, Anatomia
und
alles/ weſſen ſich die Medici und Artiſten aus der Natur zu ihrer Wuͤr-
ckung bedienen/ gehoͤret/ wann ſie vollkommen ſeyn ſoll.

§. 11. Wann nun auch in ſpecie, zum vierdten/ die Artes hu-
manæ,
das iſt/ die zum Beduͤrffnuͤs des Menſchen als zur dritten
Haupt-Wohlfahrt beſonders wohl einzurichtende Kuͤnſte/ welche
vor ſich ſchon eine ſo weitleufftige Special-Facultet machen/ zu der Ge-
neral-
Weltweißheit geſchlagen werden/ hilff lieber Gott/ was wird vor
ein Begriff daraus! Jſt doch in dieſer Facultaͤt alles/ was in allen Fa-
cultaͤten iſt/ auff einmal beyſammen: und zwar ſo iſt nicht nur eine Art
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[28/0038] Vom Unterſcheid Das IV. die practicirliche Ethica, (nicht nur der Nomenclator undecim virtutum) aus der Notionaliſchen die anweißliche Logica, (nicht nur die proœmial-Streitkunſt) viel cooperiren kan. §. 9. Zum andern/ ſo begreifft auch die General-Weltweiß- heit die Politic in ſich/ welche nicht auff dieſes oder jenes Land einge- ſchrencket iſt/ ſondern auff die gantze Welt ſich erſtreckt/ in dem ſie leh- ret/ wie nemlich aller Orten der Staat theils ſchon recht eingerichtet ſey/ theils noch eingerichtet und verbeſſert werden koͤnte. Worzu ſon- derlich/ ohne die vorigen Wiſſenſchafften/ auch die Geographia, die Chronologia, und welche ſich hierauff gruͤndet/ die ſo weitleufftige Hiſtorica, ſamt der Calendariographia, oder das bey der Republiq ſo noͤthige Calenderwerck die buͤrgerlichen Zeiten recht einzurichten/ Jtem die Ædilitia, das Bauweſen/ Polemica die Kriegskunſt/ die rechenmaͤßige Commercien/ Caͤmmerey/ Haußhaltungs- und Buch- haltungs-Kuͤnſte. Wie dann auch die zur perſuaſion des Volcks ge- richtete Rhetorica, Grammatica, Poëtica, und Oratoria, ge- hoͤret. §. 10. So begreifft auch die General-Weißheit in ſich/ drittens/ die Phyſicam, und Naturkuͤndigung/ nit nur in genere, was die Be- nennungen der materiæ primæ, privationis, qualitatum occulta- rum, und dergleichen belanget/ ſondern auch in ſpecie, damit man der gantzen Natur ihre Beſchaffenheiten nnd Eigenſchafften/ ſo viel moͤg- lich/ wiſſe/ es mag ſolches hernach zur Medicin oder zum Beduͤrffnuͤs des Menſchen gebraucht werden/ oder nit. Wozu vornemlich die Geo- metria, die Statica, Mechanica, Optica, Muſica, wie auch die Aſtro- nomia, Meteorologia, Somatologia, Phytologia, Anatomia und alles/ weſſen ſich die Medici und Artiſten aus der Natur zu ihrer Wuͤr- ckung bedienen/ gehoͤret/ wann ſie vollkommen ſeyn ſoll. §. 11. Wann nun auch in ſpecie, zum vierdten/ die Artes hu- manæ, das iſt/ die zum Beduͤrffnuͤs des Menſchen als zur dritten Haupt-Wohlfahrt beſonders wohl einzurichtende Kuͤnſte/ welche vor ſich ſchon eine ſo weitleufftige Special-Facultet machen/ zu der Ge- neral-Weltweißheit geſchlagen werden/ hilff lieber Gott/ was wird vor ein Begriff daraus! Jſt doch in dieſer Facultaͤt alles/ was in allen Fa- cultaͤten iſt/ auff einmal beyſammen: und zwar ſo iſt nicht nur eine Art des objects von einer ieden Facultaͤt darinnen/ ſondern alle biß auf die einige

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/38>, abgerufen am 29.03.2024.