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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. zur Veränderung.
den Teutschen auch das Wort Entstehen/ alles beydes bedeutet/
denn man sagt die neue Jnsel sey zu dieser oder jener Zeit entstanden:
man sagt auch/ in Entstehung/ das ist in Ermanglung dessen/ so
soll es so oder so gehalten werden. Und also tragen etliche Wort auff
beyden Achseln/ daraus klärlich zu sehen/ was die Wort im Schilde
führen. Sonsten aber/ wenn das jenige was also wird oder ver-
dirbt/
von der Natur also bloß ohne Beyhülff Menschlicher An-
stellung wird oder verdirbt so heist jenes generirt/ dieses corrumpirt/ je-
nes gezeuget dieses verwüstet/ oder verweset: wenn aber die besondere
Form durch Menschlichen Verstand ausgedacht/ nnd die Würckung
mit seiner Hülff gantz oder zum Theil vorgenommen worden/ so heist je-
nes gemacht/ dieses zerrissen/ zerlegt/ verderbt/ zernommen/ verbrand/
zerschlagen/ etc. Wenn aber etwas aus nichts wird/ so heist es creirt/
geschaffen/ wz zu nichts wird/ das heist annihilirt/ und vernichtet. Das
Wort producirt und destruirt schickt sich auff allerley Manier. Wie-
wol auch die vorigen Wort nit allezeit gar zu genau genommen werden:
und heist im gemeinen Wesen creirt auch gemacht/ als wenn man Doctor
creirtund Magister machet. Der Marck muß es bringen/ dz ist/ wie der
Marck weiset/ was das Korn gilt; also weiset der context, was das
Wort eigentlich gelte. Ausser diesen vier innerlichen oder eigenthumli-
chen Veränderungs-Arten finden sich auch vier äusserliche oder ander-
weitige Veränderungen/ dadurch die Dinge nicht vor sich sondern ge-
gen einander sich verändern lassen/ welche gleicher Gestalt auch von de-
nen Veränderungen derer Zahlen-Gespanschafften vorgebildet werden.

Denn wie eine Zahlen-Gespanschafft/ zum Exempel/ die Dripel-
Gespanschafft nicht allezeit einerley Stelle hat gegen einer andern zum
Exempel gegen der Dripel-Gespanschafft/ sondern gehet bißweilen vor/
wenn sie nehmlich kleinere Zahlen hat als diese/ zum Exempel wenn da
stehet 3. gegen 1. und 4. gegen 2. Bisweilen aber gehet sie nach/ wenn sie
nehmlich grössere Zahlen hat als diese/ zum Exempel/ wenn da stehet
4. gegen 2. und 12. gegen 4. Bisweilen stossen beyde gar zusammen/ und
rühren einander in einen Satz gleichsam an/ als wenn da stehet/ 6. gegen
3. und 3. gegen 1. oder 9. gegen 3. Dahero wenn etliche Gleich-Gespan-
schaften als in einer procession ordentlich nacheinander stehen/ so heist
es eine Progression, eine Fortschreitung/ als Arithmetisch/ 3. 6. 9. 12.
15. 18. etc. Geometrisch 3. 6. 12. 24. 48.

Also können die Dinge von einem Stand zum andern äusserlich

ver-
T iij

Capitel. zur Veraͤnderung.
den Teutſchen auch das Wort Entſtehen/ alles beydes bedeutet/
denn man ſagt die neue Jnſel ſey zu dieſer oder jener Zeit entſtanden:
man ſagt auch/ in Entſtehung/ das iſt in Ermanglung deſſen/ ſo
ſoll es ſo oder ſo gehalten werden. Und alſo tragen etliche Wort auff
beyden Achſeln/ daraus klaͤrlich zu ſehen/ was die Wort im Schilde
fuͤhren. Sonſten aber/ wenn das jenige was alſo wird oder ver-
dirbt/
von der Natur alſo bloß ohne Beyhuͤlff Menſchlicher An-
ſtellung wird oder verdirbt ſo heiſt jenes generirt/ dieſes corrumpirt/ je-
nes gezeuget dieſes verwuͤſtet/ oder verweſet: wenn aber die beſondere
Form durch Menſchlichen Verſtand ausgedacht/ nnd die Wuͤrckung
mit ſeiner Huͤlff gantz oder zum Theil vorgenommen worden/ ſo heiſt je-
nes gemacht/ dieſes zerriſſen/ zerlegt/ verderbt/ zernommen/ verbrand/
zerſchlagen/ etc. Wenn aber etwas aus nichts wird/ ſo heiſt es creirt/
geſchaffen/ wz zu nichts wird/ das heiſt annihilirt/ und vernichtet. Das
Wort producirt und deſtruirt ſchickt ſich auff allerley Manier. Wie-
wol auch die vorigen Wort nit allezeit gar zu genau genommen werdẽ:
und heiſt im gemeinẽ Weſen creirt auch gemacht/ als wenn man Doctor
creirtund Magiſter machet. Der Marck muß es bringen/ dz iſt/ wie der
Marck weiſet/ was das Korn gilt; alſo weiſet der context, was das
Wort eigentlich gelte. Auſſer dieſen vier innerlichen oder eigenthumli-
chen Veraͤnderungs-Arten finden ſich auch vier aͤuſſerliche oder ander-
weitige Veraͤnderungen/ dadurch die Dinge nicht vor ſich ſondern ge-
gen einander ſich veraͤndern laſſen/ welche gleicher Geſtalt auch von de-
nen Veraͤnderungen derer Zahlen-Geſpanſchafften vorgebildet werden.

Denn wie eine Zahlen-Geſpanſchafft/ zum Exempel/ die Dripel-
Geſpanſchafft nicht allezeit einerley Stelle hat gegen einer andern zum
Exempel gegen der Dripel-Geſpanſchafft/ ſondern gehet bißweilen vor/
wenn ſie nehmlich kleinere Zahlen hat als dieſe/ zum Exempel wenn da
ſtehet 3. gegen 1. und 4. gegen 2. Bisweilen aber gehet ſie nach/ wenn ſie
nehmlich groͤſſere Zahlen hat als dieſe/ zum Exempel/ wenn da ſtehet
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ruͤhren einander in einen Satz gleichſam an/ als wenn da ſtehet/ 6. gegen
3. und 3. gegen 1. oder 9. gegen 3. Dahero wenn etliche Gleich-Geſpan-
ſchaften als in einer proceſſion ordentlich nacheinander ſtehen/ ſo heiſt
es eine Progreſſion, eine Fortſchreitung/ als Arithmetiſch/ 3. 6. 9. 12.
15. 18. etc. Geometriſch 3. 6. 12. 24. 48.

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[149/0159] Capitel. zur Veraͤnderung. den Teutſchen auch das Wort Entſtehen/ alles beydes bedeutet/ denn man ſagt die neue Jnſel ſey zu dieſer oder jener Zeit entſtanden: man ſagt auch/ in Entſtehung/ das iſt in Ermanglung deſſen/ ſo ſoll es ſo oder ſo gehalten werden. Und alſo tragen etliche Wort auff beyden Achſeln/ daraus klaͤrlich zu ſehen/ was die Wort im Schilde fuͤhren. Sonſten aber/ wenn das jenige was alſo wird oder ver- dirbt/ von der Natur alſo bloß ohne Beyhuͤlff Menſchlicher An- ſtellung wird oder verdirbt ſo heiſt jenes generirt/ dieſes corrumpirt/ je- nes gezeuget dieſes verwuͤſtet/ oder verweſet: wenn aber die beſondere Form durch Menſchlichen Verſtand ausgedacht/ nnd die Wuͤrckung mit ſeiner Huͤlff gantz oder zum Theil vorgenommen worden/ ſo heiſt je- nes gemacht/ dieſes zerriſſen/ zerlegt/ verderbt/ zernommen/ verbrand/ zerſchlagen/ etc. Wenn aber etwas aus nichts wird/ ſo heiſt es creirt/ geſchaffen/ wz zu nichts wird/ das heiſt annihilirt/ und vernichtet. Das Wort producirt und deſtruirt ſchickt ſich auff allerley Manier. Wie- wol auch die vorigen Wort nit allezeit gar zu genau genommen werdẽ: und heiſt im gemeinẽ Weſen creirt auch gemacht/ als wenn man Doctor creirtund Magiſter machet. Der Marck muß es bringen/ dz iſt/ wie der Marck weiſet/ was das Korn gilt; alſo weiſet der context, was das Wort eigentlich gelte. Auſſer dieſen vier innerlichen oder eigenthumli- chen Veraͤnderungs-Arten finden ſich auch vier aͤuſſerliche oder ander- weitige Veraͤnderungen/ dadurch die Dinge nicht vor ſich ſondern ge- gen einander ſich veraͤndern laſſen/ welche gleicher Geſtalt auch von de- nen Veraͤnderungen derer Zahlen-Geſpanſchafften vorgebildet werden. Denn wie eine Zahlen-Geſpanſchafft/ zum Exempel/ die Dripel- Geſpanſchafft nicht allezeit einerley Stelle hat gegen einer andern zum Exempel gegen der Dripel-Geſpanſchafft/ ſondern gehet bißweilen vor/ wenn ſie nehmlich kleinere Zahlen hat als dieſe/ zum Exempel wenn da ſtehet 3. gegen 1. und 4. gegen 2. Bisweilen aber gehet ſie nach/ wenn ſie nehmlich groͤſſere Zahlen hat als dieſe/ zum Exempel/ wenn da ſtehet 4. gegen 2. und 12. gegen 4. Bisweilen ſtoſſen beyde gar zuſammen/ und ruͤhren einander in einen Satz gleichſam an/ als wenn da ſtehet/ 6. gegen 3. und 3. gegen 1. oder 9. gegen 3. Dahero wenn etliche Gleich-Geſpan- ſchaften als in einer proceſſion ordentlich nacheinander ſtehen/ ſo heiſt es eine Progreſſion, eine Fortſchreitung/ als Arithmetiſch/ 3. 6. 9. 12. 15. 18. etc. Geometriſch 3. 6. 12. 24. 48. Alſo koͤnnen die Dinge von einem Stand zum andern aͤuſſerlich ver- T iij

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/159>, abgerufen am 25.04.2024.