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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. und zwar vom Vermögen.
Tyrannen genannt/ welche in die Affter-Welt hinüber wan-
dern/ und nicht lang bestehen können/ wiewol niemand vom Volck
sie straffen darff.

oder bey mehren/ und zwar
3. entweder bey etlichen/ zum wenigsten bey dreyen/ als bey
den Aristis, das ist/ bey den besten/ nehmlich bey den
tugendhafftesten/ und heist Aristocratia, die Aristocratie.
Sind es aber schlimme/ die das gemeine Wesen nur zu
ihrer selbst eigenen Wohlfahrt richten/ wird es Oligar-
chia,
die Qligarchie genannt/ da ihrer wenig alles zu sich
reissen/ welches nicht lang bestehen kan.
4. oder bey der gantzen gemeine/ (gleichsam bey vieren/
nehmlich bey allen 4. Vierteln der Gemeine) welche
nur aus sich gewisse Amptshabere zur Administration
erwehlen/ und heist Democratia, die Democratie. Bey
etlichen Scribenten aber heist das Wort Republiq/ nur
einen solchen Staat: wir wollen es aber hier weitläuff-
tiger zugebrauchen/ und alles gemeine Wesen damit
anzuzeigen/ bedinget haben. Will aber das Volck
nicht das gemeine Beste beobachten/ sondern jede Zunft/
iedes Ampt/ und sonst jederman trachtet nur nach seinen
eigenen/ dasselbe dem gemeinen vorzuziehen/ so heist der
Staat Anarchia, das Unregiment/ da alles über und
über gehet/ welches einen vollkommenen Affter-Staat
machet/ und am wenigsten bestehen kan.

§. 10. Wenn das Moralische Vermögen/ nach seinem
object, worüber sichs erstrecket/ betrachtet wird/ so ist es ein Ver-
mögen entweder über Personen/ oder über Sachen:

über Personen/ und zwar

über eigene Personen/ als da sind die
1. Weiber/ potestas maritalis, Mannes-Gewalt.
2. Kinder/ potestas patria, Eltern/ vornehmlich/ Va-
ters-Gewalt.
über andere/ als
3. untergebene/
(1.) zum Dienst/ als Diener so da sind
Leib-
S ij

Capitel. und zwar vom Vermoͤgen.
Tyrannen genannt/ welche in die Affter-Welt hinuͤber wan-
dern/ und nicht lang beſtehen koͤnnen/ wiewol niemand vom Volck
ſie ſtraffen darff.

♒ oder bey mehren/ und zwar
3. entweder bey etlichen/ zum wenigſten bey dreyen/ als bey
den Ariſtis, das iſt/ bey den beſten/ nehmlich bey den
tugendhaffteſten/ und heiſt Ariſtocratia, die Ariſtocratie.
Sind es aber ſchlimme/ die das gemeine Weſen nur zu
ihrer ſelbſt eigenen Wohlfahrt richten/ wird es Oligar-
chia,
die Qligarchie genannt/ da ihrer wenig alles zu ſich
reiſſen/ welches nicht lang beſtehen kan.
4. oder bey der gantzen gemeine/ (gleichſam bey vieren/
nehmlich bey allen 4. Vierteln der Gemeine) welche
nur aus ſich gewiſſe Amptshabere zur Adminiſtration
erwehlen/ und heiſt Democratia, die Democratie. Bey
etlichen Scribenten aber heiſt das Wort Republiq/ nur
einen ſolchen Staat: wir wollen es aber hier weitlaͤuff-
tiger zugebrauchen/ und alles gemeine Weſen damit
anzuzeigen/ bedinget haben. Will aber das Volck
nicht das gemeine Beſte beobachten/ ſondern jede Zunft/
iedes Ampt/ und ſonſt jederman trachtet nur nach ſeinen
eigenen/ daſſelbe dem gemeinen vorzuziehen/ ſo heiſt der
Staat Anarchia, das Unregiment/ da alles uͤber und
uͤber gehet/ welches einen vollkommenen Affter-Staat
machet/ und am wenigſten beſtehen kan.

§. 10. Wenn das Moraliſche Vermoͤgen/ nach ſeinem
object, woruͤber ſichs erſtrecket/ betrachtet wird/ ſo iſt es ein Ver-
moͤgen entweder uͤber Perſonen/ oder uͤber Sachen:

♈ uͤber Perſonen/ und zwar

♉ uͤber eigene Perſonen/ als da ſind die
1. Weiber/ poteſtas maritalis, Mannes-Gewalt.
2. Kinder/ poteſtas patria, Eltern/ vornehmlich/ Va-
ters-Gewalt.
♏ uͤber andere/ als
3. untergebene/
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♋ Leib-
S ij
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[139/0149] Capitel. und zwar vom Vermoͤgen. Tyrannen genannt/ welche in die Affter-Welt hinuͤber wan- dern/ und nicht lang beſtehen koͤnnen/ wiewol niemand vom Volck ſie ſtraffen darff. ♒ oder bey mehren/ und zwar 3. entweder bey etlichen/ zum wenigſten bey dreyen/ als bey den Ariſtis, das iſt/ bey den beſten/ nehmlich bey den tugendhaffteſten/ und heiſt Ariſtocratia, die Ariſtocratie. Sind es aber ſchlimme/ die das gemeine Weſen nur zu ihrer ſelbſt eigenen Wohlfahrt richten/ wird es Oligar- chia, die Qligarchie genannt/ da ihrer wenig alles zu ſich reiſſen/ welches nicht lang beſtehen kan. 4. oder bey der gantzen gemeine/ (gleichſam bey vieren/ nehmlich bey allen 4. Vierteln der Gemeine) welche nur aus ſich gewiſſe Amptshabere zur Adminiſtration erwehlen/ und heiſt Democratia, die Democratie. Bey etlichen Scribenten aber heiſt das Wort Republiq/ nur einen ſolchen Staat: wir wollen es aber hier weitlaͤuff- tiger zugebrauchen/ und alles gemeine Weſen damit anzuzeigen/ bedinget haben. Will aber das Volck nicht das gemeine Beſte beobachten/ ſondern jede Zunft/ iedes Ampt/ und ſonſt jederman trachtet nur nach ſeinen eigenen/ daſſelbe dem gemeinen vorzuziehen/ ſo heiſt der Staat Anarchia, das Unregiment/ da alles uͤber und uͤber gehet/ welches einen vollkommenen Affter-Staat machet/ und am wenigſten beſtehen kan. §. 10. Wenn das Moraliſche Vermoͤgen/ nach ſeinem object, woruͤber ſichs erſtrecket/ betrachtet wird/ ſo iſt es ein Ver- moͤgen entweder uͤber Perſonen/ oder uͤber Sachen: ♈ uͤber Perſonen/ und zwar ♉ uͤber eigene Perſonen/ als da ſind die 1. Weiber/ poteſtas maritalis, Mannes-Gewalt. 2. Kinder/ poteſtas patria, Eltern/ vornehmlich/ Va- ters-Gewalt. ♏ uͤber andere/ als 3. untergebene/ (1.) ♊ zum Dienſt/ als Diener ſo da ſind ♋ Leib- S ij

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/149>, abgerufen am 28.03.2024.