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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Von dem Recht Das XVII.
kan sich auß dem meisten Schul-Streit auff einmahl herauß wi-
ckeln/ wie solches anderweit außführlich gewiesen worden.

§. 19. So ferne nun Gesetze und Recht vornehmlich den
Außspruch der obbeschriebenen Richtigkeit und Gerechtigkeit be-
deutet/ so ist solches zwar von allen incomplexen Sachen/ oder
unverknüpfften Sagungen/ welche nur mit einem Wort gesa-
get werden können/ und keinen vollen Außspruch machen/ un-
terschieden; und bestehet in einer complexen und verknüpfften
Sagung oder in einem Außspruch: aber auch also wird es noch
auff vielerley Weise genommen/ dahero man saget/ daß vielerley
Recht (jura) in der Welt zu finden. Es läst sich aber auch die-
ses viele ins gevierdte/ gleichsam ins Geschicke/ bringen: denn
das Recht kan betrachtet und unterschieden werden:

1. nach seinem Ursprung/ als Naturale und Civile.
2. nach seinem Object/ als Publicum und Privatum.
3. nach seiner äusserlichen Form/ als Scriptum oder non
Scriptum.
4. nach seiner Quantität/ als Jus strictum oder die ae-
qui
tät.

§. 20. Was den Ursprung anlanget/ so ist das Recht ent-
weder von Natur ohne freywillige Setzung/ oder von der Repu-
blic als eine zuvor so fern willkührliche Satzung/ gegeben. Jenes
heist Jus naturae, das natürliche Recht/ die natürliche Billig-
keit; dieses heist Jus civile, das bürgerliche Recht/ die Satzun
gen und Statuten.

§. 21. Das natürliche Recht ist zweyerley/ derer Schul-
digkeiten/ und derer Geschäffte.

Das Recht der unumgänglichen Schuldigkeiten (jus na-
turae primaevum) jus officiorum
gründet sich in unterschie-
denen Kräfften des Menschen/ deroselben ihr Thun recht
einzurichten/ und zwar
in den animalischen Kräfften des Menschen/ welche er
gemein hat mit den wilden Thieren/ nach welchen gleich-
sam gemeinen Recht folgende Creutz-Zahl geschehen kan/
soll und muß/ nehmlich:
1. sein pflegen.
2. sich

Von dem Recht Das XVII.
kan ſich auß dem meiſten Schul-Streit auff einmahl herauß wi-
ckeln/ wie ſolches anderweit außfuͤhrlich gewieſen worden.

§. 19. So ferne nun Geſetze und Recht vornehmlich den
Außſpruch der obbeſchriebenen Richtigkeit und Gerechtigkeit be-
deutet/ ſo iſt ſolches zwar von allen incomplexen Sachen/ oder
unverknuͤpfften Sagungen/ welche nur mit einem Wort geſa-
get werden koͤnnen/ und keinen vollen Außſpruch machen/ un-
terſchieden; und beſtehet in einer complexen und verknuͤpfften
Sagung oder in einem Außſpruch: aber auch alſo wird es noch
auff vielerley Weiſe genommen/ dahero man ſaget/ daß vielerley
Recht (jura) in der Welt zu finden. Es laͤſt ſich aber auch die-
ſes viele ins gevierdte/ gleichſam ins Geſchicke/ bringen: denn
das Recht kan betrachtet und unterſchieden werden:

1. nach ſeinem Urſprung/ als Naturale und Civile.
2. nach ſeinem Object/ als Publicum und Privatum.
3. nach ſeiner aͤuſſerlichen Form/ als Scriptum oder non
Scriptum.
4. nach ſeiner Quantitaͤt/ als Jus ſtrictum oder die æ-
qui
taͤt.

§. 20. Was den Urſprung anlanget/ ſo iſt das Recht ent-
weder von Natur ohne freywillige Setzung/ oder von der Repu-
blic als eine zuvor ſo fern willkuͤhrliche Satzung/ gegeben. Jenes
heiſt Jus naturæ, das natuͤrliche Recht/ die natuͤrliche Billig-
keit; dieſes heiſt Jus civile, das buͤrgerliche Recht/ die Satzun
gen und Statuten.

§. 21. Das natuͤrliche Recht iſt zweyerley/ derer Schul-
digkeiten/ und derer Geſchaͤffte.

♈ Das Recht der unumgaͤnglichen Schuldigkeiten (jus na-
turæ primævum) jus officiorum
gruͤndet ſich in unterſchie-
denen Kraͤfften des Menſchen/ deroſelben ihr Thun recht
einzurichten/ und zwar
♉ in den animaliſchen Kraͤfften des Menſchen/ welche er
gemein hat mit den wilden Thieren/ nach welchen gleich-
ſam gemeinen Recht folgende Creutz-Zahl geſchehen kan/
ſoll und muß/ nehmlich:
1. ſein pflegen.
2. ſich
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[124/0134] Von dem Recht Das XVII. kan ſich auß dem meiſten Schul-Streit auff einmahl herauß wi- ckeln/ wie ſolches anderweit außfuͤhrlich gewieſen worden. §. 19. So ferne nun Geſetze und Recht vornehmlich den Außſpruch der obbeſchriebenen Richtigkeit und Gerechtigkeit be- deutet/ ſo iſt ſolches zwar von allen incomplexen Sachen/ oder unverknuͤpfften Sagungen/ welche nur mit einem Wort geſa- get werden koͤnnen/ und keinen vollen Außſpruch machen/ un- terſchieden; und beſtehet in einer complexen und verknuͤpfften Sagung oder in einem Außſpruch: aber auch alſo wird es noch auff vielerley Weiſe genommen/ dahero man ſaget/ daß vielerley Recht (jura) in der Welt zu finden. Es laͤſt ſich aber auch die- ſes viele ins gevierdte/ gleichſam ins Geſchicke/ bringen: denn das Recht kan betrachtet und unterſchieden werden: 1. nach ſeinem Urſprung/ als Naturale und Civile. 2. nach ſeinem Object/ als Publicum und Privatum. 3. nach ſeiner aͤuſſerlichen Form/ als Scriptum oder non Scriptum. 4. nach ſeiner Quantitaͤt/ als Jus ſtrictum oder die æ- quitaͤt. §. 20. Was den Urſprung anlanget/ ſo iſt das Recht ent- weder von Natur ohne freywillige Setzung/ oder von der Repu- blic als eine zuvor ſo fern willkuͤhrliche Satzung/ gegeben. Jenes heiſt Jus naturæ, das natuͤrliche Recht/ die natuͤrliche Billig- keit; dieſes heiſt Jus civile, das buͤrgerliche Recht/ die Satzun gen und Statuten. §. 21. Das natuͤrliche Recht iſt zweyerley/ derer Schul- digkeiten/ und derer Geſchaͤffte. ♈ Das Recht der unumgaͤnglichen Schuldigkeiten (jus na- turæ primævum) jus officiorum gruͤndet ſich in unterſchie- denen Kraͤfften des Menſchen/ deroſelben ihr Thun recht einzurichten/ und zwar ♉ in den animaliſchen Kraͤfften des Menſchen/ welche er gemein hat mit den wilden Thieren/ nach welchen gleich- ſam gemeinen Recht folgende Creutz-Zahl geſchehen kan/ ſoll und muß/ nehmlich: 1. ſein pflegen. 2. ſich

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/134>, abgerufen am 29.03.2024.