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Weckherlin, Georg Rodolf: Gaistliche und Weltliche Gedichte. Amsterdam, 1641.

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Werck herauß zu streichen gönne/ Jst auch mir
verhoffentlich nicht zu vergönnen. Die zwaite/
vierte/ sechste/ achte etc. Syllaben allzeit lang/
vnd also die Verse auß lauter Spondaeen oder
Jamben (wie sie zu nennen) zu machen/ er-
achte ich (erwegend einer jeden Sprach eygen-
schafft) nicht so bequem in andern/ als in der
Engelländischen vnd Niderländischen Spra-
chen. Jedoch wer es auch in der Teutschen hal-
ten will/ vnd zierlich fortbringen kan (dann die
vbrige vorberührte Sprachen lassen es jhnen
nicht gern einzwingen) der mag es thun vnnd
gelobet werden. Doch wünsche ich/ daß er nicht
zu gleich die Sprach den Frembden schwer vnd
vnangenehm mache: Viel weniger auch viel
schöne/ vnd insonderheit die vielsyllabige/ vnd
zusamen vereinigte Wort von einander abschai-
de/ oder jämerlich zusamen quetsche/ oder gar
verbanne/ vnd in das ellend vnd die ewige Ver-
gessenheit verstosse: Vnd also dem so lieblich
fallenden/ vnd (meiner meinung nach) gantz
künstlichen Abbruch in der mitten der langen
Versen/ sein merckliches wehrt vielleicht gar
benehme. So kan ich auch allhie zugestehen
nicht vmbgeben/ daß indem vor vielen jahren
viel Frembde/ doch vnserer Teutschen Sprach
gantz kündige vnd erfahrne Herren/ mir vnserer
Poesy mangel vnd vnmöglichkeit fürgeworfen;

An-
A 3

Werck herauß zu ſtreichen goͤnne/ Jſt auch mir
verhoffentlich nicht zu vergoͤnnen. Die zwaite/
vierte/ ſechſte/ achte ꝛc. Syllaben allzeit lang/
vnd alſo die Verſe auß lauter Spondæen oder
Jamben (wie ſie zu nennen) zu machen/ er-
achte ich (erwegend einer jeden Sprach eygen-
ſchafft) nicht ſo bequem in andern/ als in der
Engellaͤndiſchen vnd Niderlaͤndiſchen Spra-
chen. Jedoch wer es auch in der Teutſchen hal-
ten will/ vnd zierlich fortbringen kan (dann die
vbrige vorberuͤhrte Sprachen laſſen es jhnen
nicht gern einzwingen) der mag es thun vnnd
gelobet werden. Doch wuͤnſche ich/ daß er nicht
zu gleich die Sprach den Frembden ſchwer vnd
vnangenehm mache: Viel weniger auch viel
ſchoͤne/ vnd inſonderheit die vielſyllabige/ vnd
zuſamen vereinigte Wort von einander abſchai-
de/ oder jaͤmerlich zuſamen quetſche/ oder gar
verbanne/ vnd in das ellend vnd die ewige Ver-
geſſenheit verſtoſſe: Vnd alſo dem ſo lieblich
fallenden/ vnd (meiner meinung nach) gantz
kuͤnſtlichen Abbruch in der mitten der langen
Verſen/ ſein merckliches wehrt vielleicht gar
benehme. So kan ich auch allhie zugeſtehen
nicht vmbgeben/ daß indem vor vielen jahren
viel Frembde/ doch vnſerer Teutſchen Sprach
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[0007] Werck herauß zu ſtreichen goͤnne/ Jſt auch mir verhoffentlich nicht zu vergoͤnnen. Die zwaite/ vierte/ ſechſte/ achte ꝛc. Syllaben allzeit lang/ vnd alſo die Verſe auß lauter Spondæen oder Jamben (wie ſie zu nennen) zu machen/ er- achte ich (erwegend einer jeden Sprach eygen- ſchafft) nicht ſo bequem in andern/ als in der Engellaͤndiſchen vnd Niderlaͤndiſchen Spra- chen. Jedoch wer es auch in der Teutſchen hal- ten will/ vnd zierlich fortbringen kan (dann die vbrige vorberuͤhrte Sprachen laſſen es jhnen nicht gern einzwingen) der mag es thun vnnd gelobet werden. Doch wuͤnſche ich/ daß er nicht zu gleich die Sprach den Frembden ſchwer vnd vnangenehm mache: Viel weniger auch viel ſchoͤne/ vnd inſonderheit die vielſyllabige/ vnd zuſamen vereinigte Wort von einander abſchai- de/ oder jaͤmerlich zuſamen quetſche/ oder gar verbanne/ vnd in das ellend vnd die ewige Ver- geſſenheit verſtoſſe: Vnd alſo dem ſo lieblich fallenden/ vnd (meiner meinung nach) gantz kuͤnſtlichen Abbruch in der mitten der langen Verſen/ ſein merckliches wehrt vielleicht gar benehme. So kan ich auch allhie zugeſtehen nicht vmbgeben/ daß indem vor vielen jahren viel Frembde/ doch vnſerer Teutſchen Sprach gantz kuͤndige vnd erfahrne Herꝛen/ mir vnſerer Poeſy mangel vnd vnmoͤglichkeit fuͤrgeworfen; An- A 3

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Zitationshilfe: Weckherlin, Georg Rodolf: Gaistliche und Weltliche Gedichte. Amsterdam, 1641, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weckherlin_gedichte_1641/7>, abgerufen am 28.03.2024.