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Wallner, Franz: Der arme Josy. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 147–167. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und die beiden Andern Mützen aus Lammfellen, nach Art der kroatischen Bauern. Mit schwacher Phantasie konnte man sich doch bei dem Anblicke dieser harmlosen Buschbewohner der Erinnerung an italienische Banditen nicht erwehren; denn wenn auch Dolch und Pistolen fehlten, so ersetzten doch tüchtige Knüttel, ein kurzes Feuergewehr und eine Art Beil (Tschakan) diesen Mangel hinlänglich. Die Art der Begrüßung ließ auch keinen Zweifel über die Absicht der Ehrenmänner mehr obwalten.

War beim ersten Blick auf die Herrschaften der laute Schall meiner Stimme im Vortrage meiner heimischen Volksgesänge zum unbedeutenden Flüstern herabgesunken, so blieb mir bei dem tobenden Geschrei, mit dem die Natursöhne über mich, den Einzelnen, Unbewaffneten, herfielen, ein halbes "G'stanzl" förmlich in der Kehle stecken. Da sie mir die Unkenntniß ihrer Landessprache wohl ansehen mochten, so waren die gutmüthigen Menschen freundlich beflissen, dafür zu sorgen, daß durch die ausdrucksvollste Mimik, womit sie die mir unverständlichen Laute begleiteten, kein Zweifel mehr über die zarte Absicht ihres Entgegenkommens übrig blieb. Zwei von der Gesellschaft waren sogleich so artig, mich der Last meines Ränzels sammt der fremden Violine zu überheben, und der Dritte untersuchte mit großer Fingerfertigkeit meine Taschen, aus deren Bereich die silberne Uhr und die wenigen Groschen, die ich mein nannte, schnell in den dunklen Schlund

und die beiden Andern Mützen aus Lammfellen, nach Art der kroatischen Bauern. Mit schwacher Phantasie konnte man sich doch bei dem Anblicke dieser harmlosen Buschbewohner der Erinnerung an italienische Banditen nicht erwehren; denn wenn auch Dolch und Pistolen fehlten, so ersetzten doch tüchtige Knüttel, ein kurzes Feuergewehr und eine Art Beil (Tschakan) diesen Mangel hinlänglich. Die Art der Begrüßung ließ auch keinen Zweifel über die Absicht der Ehrenmänner mehr obwalten.

War beim ersten Blick auf die Herrschaften der laute Schall meiner Stimme im Vortrage meiner heimischen Volksgesänge zum unbedeutenden Flüstern herabgesunken, so blieb mir bei dem tobenden Geschrei, mit dem die Natursöhne über mich, den Einzelnen, Unbewaffneten, herfielen, ein halbes „G'stanzl“ förmlich in der Kehle stecken. Da sie mir die Unkenntniß ihrer Landessprache wohl ansehen mochten, so waren die gutmüthigen Menschen freundlich beflissen, dafür zu sorgen, daß durch die ausdrucksvollste Mimik, womit sie die mir unverständlichen Laute begleiteten, kein Zweifel mehr über die zarte Absicht ihres Entgegenkommens übrig blieb. Zwei von der Gesellschaft waren sogleich so artig, mich der Last meines Ränzels sammt der fremden Violine zu überheben, und der Dritte untersuchte mit großer Fingerfertigkeit meine Taschen, aus deren Bereich die silberne Uhr und die wenigen Groschen, die ich mein nannte, schnell in den dunklen Schlund

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Wallner, Franz: Der arme Josy. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 147–167. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallner_josy_1910/9>, abgerufen am 29.03.2024.