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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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mündet. Alle diese Abtheilungen können sich bald mehr bald minder
ausbilden, bald verschmelzen, so daß in dieser Hinsicht mannigfaltige
Variationen entstehen. Gewöhnlich findet man, daß die Fleischfresser
den kürzesten und einfachsten Darmkanal haben, die Pflanzenfresser
dagegen nicht nur oft eine mehrfache Magenbildung zeigen, sondern auch
meist einen ungemein langen, mannigfaltig gewundenen Darm und
sehr entwickelten Blinddarm besitzen; -- doch finden sich von dieser
allgemeinen Regel vielfache Ausnahmen. Die Nebendrüsen des Darmes
sind fast überall in gleicher Weite entwickelt; die Speicheldrüsen zwar
kommen nur den Landthieren zu, fehlen aber den im Wasser lebenden
Fischen und den Amphibien, dagegen sind sie bei einigen übermäßig
entwickelt und bei den giftigen Schlangen sogar noch neben ihnen be-
sondere Drüsen ausgebildet, welche das Gift bereiten, das durch die
Zähne beim Bisse abfließt. Die Leber ist bei allen Wirbelthieren vor-
handen und zwar fast immer als compacte Drüse, die oft den größten
Theil der Bauchhöhle einnimmt. Ihr Verhältniß zum Blutkreislaufe
bleibt stets dasselbe, indem alles vom Darmkanal herströmende Blut
sich in ihr aufs Neue in den Capillarnetzen des Pfortaderkreislaufes
vertheilt. Bei manchen niederen Typen wird der Pfortaderkreislauf
sogar noch durch das aus den hinteren Extremitäten zurückkehrende
Blut gespeist. Die Bauchspeicheldrüse (Pancreas) fehlt bei den nie-
dersten Fischen und wird bei den anderen durch eigenthümliche röhren-
artige Ausstülpungen des Darmes ersetzt, welche man die Pförtner-
anhänge (Appendices pyloricae) genannt hat. Die Milz, welche den
Wirbelthieren ausschließlich zukommt und bei keinem wirbellosen Thiere
gefunden wird, ist zwar meistens vorhanden, fehlt aber den niedersten
Knorpelfischen durchaus, so daß sie nicht als durchgängig charakteristi-
sches Merkmal der Wirbelthiereingeweide dienen kann.

Die Athemorgane zerfallen bei den Wirbelthieren in zwei
große Gruppen je nach dem Elemente, welches unmittelbar zur Athmung
dient. Die niedere Form wird durch Kiemen dargestellt, d. h. durch
Gefäßbogen, welche aus der Herzkammer hervorgehend den Schlund
umfassen und auf diesem Wege sich nach und nach an der Oberfläche
von Blättchen, Zotten oder Kolben in Kapillarnetze auflösen, deren
Blut mit dem umgebenden Wasser in Wechselwirkung tritt und Sauer-
stoff daraus aufnimmt, während es Kohlensäure abgiebt. Meistens
sind diese Gefäßbogen durch knöcherne oder knorpelige, dem Zungen-
beine angehörige Bogen gestützt und durch Spalten, welche von außen
her bis in den Schlund führen, von einander getrennt. Mechanische
Vorrichtungen verschiedener Art bewirken während des Lebens eine

mündet. Alle dieſe Abtheilungen können ſich bald mehr bald minder
ausbilden, bald verſchmelzen, ſo daß in dieſer Hinſicht mannigfaltige
Variationen entſtehen. Gewöhnlich findet man, daß die Fleiſchfreſſer
den kürzeſten und einfachſten Darmkanal haben, die Pflanzenfreſſer
dagegen nicht nur oft eine mehrfache Magenbildung zeigen, ſondern auch
meiſt einen ungemein langen, mannigfaltig gewundenen Darm und
ſehr entwickelten Blinddarm beſitzen; — doch finden ſich von dieſer
allgemeinen Regel vielfache Ausnahmen. Die Nebendrüſen des Darmes
ſind faſt überall in gleicher Weite entwickelt; die Speicheldrüſen zwar
kommen nur den Landthieren zu, fehlen aber den im Waſſer lebenden
Fiſchen und den Amphibien, dagegen ſind ſie bei einigen übermäßig
entwickelt und bei den giftigen Schlangen ſogar noch neben ihnen be-
ſondere Drüſen ausgebildet, welche das Gift bereiten, das durch die
Zähne beim Biſſe abfließt. Die Leber iſt bei allen Wirbelthieren vor-
handen und zwar faſt immer als compacte Drüſe, die oft den größten
Theil der Bauchhöhle einnimmt. Ihr Verhältniß zum Blutkreislaufe
bleibt ſtets daſſelbe, indem alles vom Darmkanal herſtrömende Blut
ſich in ihr aufs Neue in den Capillarnetzen des Pfortaderkreislaufes
vertheilt. Bei manchen niederen Typen wird der Pfortaderkreislauf
ſogar noch durch das aus den hinteren Extremitäten zurückkehrende
Blut geſpeiſt. Die Bauchſpeicheldrüſe (Pancreas) fehlt bei den nie-
derſten Fiſchen und wird bei den anderen durch eigenthümliche röhren-
artige Ausſtülpungen des Darmes erſetzt, welche man die Pförtner-
anhänge (Appendices pyloricae) genannt hat. Die Milz, welche den
Wirbelthieren ausſchließlich zukommt und bei keinem wirbelloſen Thiere
gefunden wird, iſt zwar meiſtens vorhanden, fehlt aber den niederſten
Knorpelfiſchen durchaus, ſo daß ſie nicht als durchgängig charakteriſti-
ſches Merkmal der Wirbelthiereingeweide dienen kann.

Die Athemorgane zerfallen bei den Wirbelthieren in zwei
große Gruppen je nach dem Elemente, welches unmittelbar zur Athmung
dient. Die niedere Form wird durch Kiemen dargeſtellt, d. h. durch
Gefäßbogen, welche aus der Herzkammer hervorgehend den Schlund
umfaſſen und auf dieſem Wege ſich nach und nach an der Oberfläche
von Blättchen, Zotten oder Kolben in Kapillarnetze auflöſen, deren
Blut mit dem umgebenden Waſſer in Wechſelwirkung tritt und Sauer-
ſtoff daraus aufnimmt, während es Kohlenſäure abgiebt. Meiſtens
ſind dieſe Gefäßbogen durch knöcherne oder knorpelige, dem Zungen-
beine angehörige Bogen geſtützt und durch Spalten, welche von außen
her bis in den Schlund führen, von einander getrennt. Mechaniſche
Vorrichtungen verſchiedener Art bewirken während des Lebens eine

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[12/0018] mündet. Alle dieſe Abtheilungen können ſich bald mehr bald minder ausbilden, bald verſchmelzen, ſo daß in dieſer Hinſicht mannigfaltige Variationen entſtehen. Gewöhnlich findet man, daß die Fleiſchfreſſer den kürzeſten und einfachſten Darmkanal haben, die Pflanzenfreſſer dagegen nicht nur oft eine mehrfache Magenbildung zeigen, ſondern auch meiſt einen ungemein langen, mannigfaltig gewundenen Darm und ſehr entwickelten Blinddarm beſitzen; — doch finden ſich von dieſer allgemeinen Regel vielfache Ausnahmen. Die Nebendrüſen des Darmes ſind faſt überall in gleicher Weite entwickelt; die Speicheldrüſen zwar kommen nur den Landthieren zu, fehlen aber den im Waſſer lebenden Fiſchen und den Amphibien, dagegen ſind ſie bei einigen übermäßig entwickelt und bei den giftigen Schlangen ſogar noch neben ihnen be- ſondere Drüſen ausgebildet, welche das Gift bereiten, das durch die Zähne beim Biſſe abfließt. Die Leber iſt bei allen Wirbelthieren vor- handen und zwar faſt immer als compacte Drüſe, die oft den größten Theil der Bauchhöhle einnimmt. Ihr Verhältniß zum Blutkreislaufe bleibt ſtets daſſelbe, indem alles vom Darmkanal herſtrömende Blut ſich in ihr aufs Neue in den Capillarnetzen des Pfortaderkreislaufes vertheilt. Bei manchen niederen Typen wird der Pfortaderkreislauf ſogar noch durch das aus den hinteren Extremitäten zurückkehrende Blut geſpeiſt. Die Bauchſpeicheldrüſe (Pancreas) fehlt bei den nie- derſten Fiſchen und wird bei den anderen durch eigenthümliche röhren- artige Ausſtülpungen des Darmes erſetzt, welche man die Pförtner- anhänge (Appendices pyloricae) genannt hat. Die Milz, welche den Wirbelthieren ausſchließlich zukommt und bei keinem wirbelloſen Thiere gefunden wird, iſt zwar meiſtens vorhanden, fehlt aber den niederſten Knorpelfiſchen durchaus, ſo daß ſie nicht als durchgängig charakteriſti- ſches Merkmal der Wirbelthiereingeweide dienen kann. Die Athemorgane zerfallen bei den Wirbelthieren in zwei große Gruppen je nach dem Elemente, welches unmittelbar zur Athmung dient. Die niedere Form wird durch Kiemen dargeſtellt, d. h. durch Gefäßbogen, welche aus der Herzkammer hervorgehend den Schlund umfaſſen und auf dieſem Wege ſich nach und nach an der Oberfläche von Blättchen, Zotten oder Kolben in Kapillarnetze auflöſen, deren Blut mit dem umgebenden Waſſer in Wechſelwirkung tritt und Sauer- ſtoff daraus aufnimmt, während es Kohlenſäure abgiebt. Meiſtens ſind dieſe Gefäßbogen durch knöcherne oder knorpelige, dem Zungen- beine angehörige Bogen geſtützt und durch Spalten, welche von außen her bis in den Schlund führen, von einander getrennt. Mechaniſche Vorrichtungen verſchiedener Art bewirken während des Lebens eine

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/18>, abgerufen am 28.03.2024.