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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Vierte Vorlesung.
durch gehemmt würde, während umgekehrt bei Erschlaffung
oder Lähmung der Muskeln das erweiterte Gefäss den Durch-
tritt der Flüssigkeiten begünstigen könnte. Gestehen wir dies
vorläufig zu, aber erlauben Sie mir, dass ich vorher die Ge-
websmasse, welche neben den Gefässen liegt und welche man
sich gewöhnlich als eine sehr einfache Masse vorstellt, etwas
auflöse.

Wenn man solche Theile wählt, wo die Gefässe recht
dicht liegen, und wo fast so viel Gefässe vorhanden sind,
als Gewebe, z. B. eine Leber, bei der in der That dieses
Verhältniss zutrifft, (denn eine Leber im gefüllten Zustande
der Gefässe hat nahezu so viel Volumen Gefässmasse als
eigentliche Lebersubstanz), so sehen wir, dass allerdings die

[Abbildung] Fig. 28.
Spatien, welche zwischen den
Gefässen übrig bleiben, sich
auf eine ganz kleine Zahl von
Elementen reduciren.

Betrachten wir einen ein-
einzelnen Acinus der Leber
für sich, so finden wir in dem
glücklichsten Falle des Quer-
schnittes in seiner Mitte die
Vena centralis oder intralobu-
laris, die zur Lebervene geht, und im Umfange Aeste der Pfort-
aber, welche in das Innere capillare Zweige senden. Diese
Gefässauflösung erfolgt so, dass die Capillaren sehr schnell
ein Anfangs langmaschiges, später regelmässigeres Netz bil-
den, welches sich in der Richtung gegen die Vena centralis
hepatica fortsetzt und zuletzt in dieselbe einmündet. Das Blut
strömt also, indem es von der V. interlobularis portalis ein-
tritt, durch das Capillarnetz hindurch zur Vena intralobularis,
von wo es durch die Venae hepaticae wieder zum Herzen zu-
rückgeführt wird. Hat man nun eine injicirte Leber vor sich,
so sieht man dieses Netz so dicht, dass, was von Zwischen-
räumen übrig geblieben ist, fast geringer erscheint als das,

[Abbildung] Fig. 28.

Stück von der Peripherie der Leber eines Kaninchens
Gefässe vollkommen injicirt. Vergr. 11.

Vierte Vorlesung.
durch gehemmt würde, während umgekehrt bei Erschlaffung
oder Lähmung der Muskeln das erweiterte Gefäss den Durch-
tritt der Flüssigkeiten begünstigen könnte. Gestehen wir dies
vorläufig zu, aber erlauben Sie mir, dass ich vorher die Ge-
websmasse, welche neben den Gefässen liegt und welche man
sich gewöhnlich als eine sehr einfache Masse vorstellt, etwas
auflöse.

Wenn man solche Theile wählt, wo die Gefässe recht
dicht liegen, und wo fast so viel Gefässe vorhanden sind,
als Gewebe, z. B. eine Leber, bei der in der That dieses
Verhältniss zutrifft, (denn eine Leber im gefüllten Zustande
der Gefässe hat nahezu so viel Volumen Gefässmasse als
eigentliche Lebersubstanz), so sehen wir, dass allerdings die

[Abbildung] Fig. 28.
Spatien, welche zwischen den
Gefässen übrig bleiben, sich
auf eine ganz kleine Zahl von
Elementen reduciren.

Betrachten wir einen ein-
einzelnen Acinus der Leber
für sich, so finden wir in dem
glücklichsten Falle des Quer-
schnittes in seiner Mitte die
Vena centralis oder intralobu-
laris, die zur Lebervene geht, und im Umfange Aeste der Pfort-
aber, welche in das Innere capillare Zweige senden. Diese
Gefässauflösung erfolgt so, dass die Capillaren sehr schnell
ein Anfangs langmaschiges, später regelmässigeres Netz bil-
den, welches sich in der Richtung gegen die Vena centralis
hepatica fortsetzt und zuletzt in dieselbe einmündet. Das Blut
strömt also, indem es von der V. interlobularis portalis ein-
tritt, durch das Capillarnetz hindurch zur Vena intralobularis,
von wo es durch die Venae hepaticae wieder zum Herzen zu-
rückgeführt wird. Hat man nun eine injicirte Leber vor sich,
so sieht man dieses Netz so dicht, dass, was von Zwischen-
räumen übrig geblieben ist, fast geringer erscheint als das,

[Abbildung] Fig. 28.

Stück von der Peripherie der Leber eines Kaninchens
Gefässe vollkommen injicirt. Vergr. 11.

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[66/0088] Vierte Vorlesung. durch gehemmt würde, während umgekehrt bei Erschlaffung oder Lähmung der Muskeln das erweiterte Gefäss den Durch- tritt der Flüssigkeiten begünstigen könnte. Gestehen wir dies vorläufig zu, aber erlauben Sie mir, dass ich vorher die Ge- websmasse, welche neben den Gefässen liegt und welche man sich gewöhnlich als eine sehr einfache Masse vorstellt, etwas auflöse. Wenn man solche Theile wählt, wo die Gefässe recht dicht liegen, und wo fast so viel Gefässe vorhanden sind, als Gewebe, z. B. eine Leber, bei der in der That dieses Verhältniss zutrifft, (denn eine Leber im gefüllten Zustande der Gefässe hat nahezu so viel Volumen Gefässmasse als eigentliche Lebersubstanz), so sehen wir, dass allerdings die [Abbildung Fig. 28.] Spatien, welche zwischen den Gefässen übrig bleiben, sich auf eine ganz kleine Zahl von Elementen reduciren. Betrachten wir einen ein- einzelnen Acinus der Leber für sich, so finden wir in dem glücklichsten Falle des Quer- schnittes in seiner Mitte die Vena centralis oder intralobu- laris, die zur Lebervene geht, und im Umfange Aeste der Pfort- aber, welche in das Innere capillare Zweige senden. Diese Gefässauflösung erfolgt so, dass die Capillaren sehr schnell ein Anfangs langmaschiges, später regelmässigeres Netz bil- den, welches sich in der Richtung gegen die Vena centralis hepatica fortsetzt und zuletzt in dieselbe einmündet. Das Blut strömt also, indem es von der V. interlobularis portalis ein- tritt, durch das Capillarnetz hindurch zur Vena intralobularis, von wo es durch die Venae hepaticae wieder zum Herzen zu- rückgeführt wird. Hat man nun eine injicirte Leber vor sich, so sieht man dieses Netz so dicht, dass, was von Zwischen- räumen übrig geblieben ist, fast geringer erscheint als das, [Abbildung Fig. 28. Stück von der Peripherie der Leber eines Kaninchens Gefässe vollkommen injicirt. Vergr. 11.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/88>, abgerufen am 24.04.2024.