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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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leicht ein Kern mit Kernkörperchen zu unterscheiden ist,
und in der nach Anwendung von Reagentien auch der
Primordialschlauch (Utriculus) als eine gefaltete, runzlige
Haut zum Vorschein kommt. Es ist dies die vollendete
Form der Pflanzenzelle. In den benachbarten Zellen liegen
einzelne grössere, matt glänzende, geschichtete Körper: die
Reste von Stärkemehl. -- Das folgende Object ist mir des-
halb von Bedeutung, weil ich später darauf Bezug zu neh-
men habe beim Vergleich mit thierischen Neubildungen. Es
ist ein Längsschnitt aus der jungen Knospe eines Ligustrum-
Strauches, wie ihn die warmen Tage des Februar entwickelt
haben. In der Knospe sind schon eine Menge von jungen
Trieben angelegt, jeder aus zahlreichen jungen Zellen zu-
[Abbildung] Fig. 8.
sammengesetzt. In diesen jüng-
sten Theilen bestehen die äussern
Schichten aus ziemlich regelmässi-
gen Zellenlagen, die mehr platt
viereckig erscheinen, während in
den inneren Lagen die Zellen mehr
gestreckt sind, und in einzelnen
Abschnitten die Spiralfasern auf-
treten. Namentlich mache ich Sie
aufmerksam auf die kleinen Aus-
wüchse, welche überall am Rande
hervortreten, ganz ähnlich gewis-
sen thierischen Excrescenzen, z. B.
an den Zotten des Chorions, wo
sie die Orte bezeichnen, an wel-
chen die jungen Aeste hervortre-
ten werden. An einzelnen Stellen
unseres Ligustrum-Objectes finden
sich nämlich kleine, kolbige Zapfen,
die sich in gewissen Abständen
wiederholen, nach Innen mit den

Fig. 8. Längsschnitt durch einen jungen Februar-Trieb vom Aste
eines Ligustrum. A. die äussere Schicht: unter einer sehr platten Zel-
lenlage sieht man grössere, viereckige, kernhaltige Zellen, aus denen
durch fortgehende Quertheilung kleine Zapfen (a) hervorwachsen, die

Erste Vorlesung.
leicht ein Kern mit Kernkörperchen zu unterscheiden ist,
und in der nach Anwendung von Reagentien auch der
Primordialschlauch (Utriculus) als eine gefaltete, runzlige
Haut zum Vorschein kommt. Es ist dies die vollendete
Form der Pflanzenzelle. In den benachbarten Zellen liegen
einzelne grössere, matt glänzende, geschichtete Körper: die
Reste von Stärkemehl. — Das folgende Object ist mir des-
halb von Bedeutung, weil ich später darauf Bezug zu neh-
men habe beim Vergleich mit thierischen Neubildungen. Es
ist ein Längsschnitt aus der jungen Knospe eines Ligustrum-
Strauches, wie ihn die warmen Tage des Februar entwickelt
haben. In der Knospe sind schon eine Menge von jungen
Trieben angelegt, jeder aus zahlreichen jungen Zellen zu-
[Abbildung] Fig. 8.
sammengesetzt. In diesen jüng-
sten Theilen bestehen die äussern
Schichten aus ziemlich regelmässi-
gen Zellenlagen, die mehr platt
viereckig erscheinen, während in
den inneren Lagen die Zellen mehr
gestreckt sind, und in einzelnen
Abschnitten die Spiralfasern auf-
treten. Namentlich mache ich Sie
aufmerksam auf die kleinen Aus-
wüchse, welche überall am Rande
hervortreten, ganz ähnlich gewis-
sen thierischen Excrescenzen, z. B.
an den Zotten des Chorions, wo
sie die Orte bezeichnen, an wel-
chen die jungen Aeste hervortre-
ten werden. An einzelnen Stellen
unseres Ligustrum-Objectes finden
sich nämlich kleine, kolbige Zapfen,
die sich in gewissen Abständen
wiederholen, nach Innen mit den

Fig. 8. Längsschnitt durch einen jungen Februar-Trieb vom Aste
eines Ligustrum. A. die äussere Schicht: unter einer sehr platten Zel-
lenlage sieht man grössere, viereckige, kernhaltige Zellen, aus denen
durch fortgehende Quertheilung kleine Zapfen (a) hervorwachsen, die
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[18/0040] Erste Vorlesung. leicht ein Kern mit Kernkörperchen zu unterscheiden ist, und in der nach Anwendung von Reagentien auch der Primordialschlauch (Utriculus) als eine gefaltete, runzlige Haut zum Vorschein kommt. Es ist dies die vollendete Form der Pflanzenzelle. In den benachbarten Zellen liegen einzelne grössere, matt glänzende, geschichtete Körper: die Reste von Stärkemehl. — Das folgende Object ist mir des- halb von Bedeutung, weil ich später darauf Bezug zu neh- men habe beim Vergleich mit thierischen Neubildungen. Es ist ein Längsschnitt aus der jungen Knospe eines Ligustrum- Strauches, wie ihn die warmen Tage des Februar entwickelt haben. In der Knospe sind schon eine Menge von jungen Trieben angelegt, jeder aus zahlreichen jungen Zellen zu- [Abbildung Fig. 8. ] sammengesetzt. In diesen jüng- sten Theilen bestehen die äussern Schichten aus ziemlich regelmässi- gen Zellenlagen, die mehr platt viereckig erscheinen, während in den inneren Lagen die Zellen mehr gestreckt sind, und in einzelnen Abschnitten die Spiralfasern auf- treten. Namentlich mache ich Sie aufmerksam auf die kleinen Aus- wüchse, welche überall am Rande hervortreten, ganz ähnlich gewis- sen thierischen Excrescenzen, z. B. an den Zotten des Chorions, wo sie die Orte bezeichnen, an wel- chen die jungen Aeste hervortre- ten werden. An einzelnen Stellen unseres Ligustrum-Objectes finden sich nämlich kleine, kolbige Zapfen, die sich in gewissen Abständen wiederholen, nach Innen mit den Fig. 8. Längsschnitt durch einen jungen Februar-Trieb vom Aste eines Ligustrum. A. die äussere Schicht: unter einer sehr platten Zel- lenlage sieht man grössere, viereckige, kernhaltige Zellen, aus denen durch fortgehende Quertheilung kleine Zapfen (a) hervorwachsen, die

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/40>, abgerufen am 16.04.2024.