Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Melanöse Blutkörperchen.
mit Veränderungen, welche im Blute eintreten, wenn es in
Extravasaten oder innerhalb der Gefässe lange Zeit in Stase
sich befindet. Hier führt diese Veränderung unzweifelhaft zu
einem Untergang der Körper, so dass mit grosser Wahrschein-
lichkeit auch für das circulirende Blut geschlossen werden
kann, dass es sich nicht um junge, in der Enwickelung be-
griffene, sondern im Gegentheil um alte, im Untergang begrif-
fene Formen handelt. Ich stimme daher im Wesentlichen mit
der Auffassung von Karl Heinrich Schultz überein, welcher
diese Körper unter dem Namen von melanösen Blutkörperchen
beschrieben hat und sie für die Vorläufer der Blutmauserung
ansieht, welche sich vorbereiteten zu den eigentlich excremen-
tiellen Umsetzungen.

Es gibt gewisse Zustände, wo die Zahl dieser Elemente
ungeheuer gross wird. Bei recht gesunden Individuen findet
man sehr wenig davon, nur im Pfortaderblut glaubt Schultz
immer viele dieser Körperchen gesehen zu haben. Sicher ist
es, dass es krankhafte Zustände gibt, wo die Zahl dieser
Elemente so gross wird, dass man fast in jedem Blutstropfen
eine kleinere oder grössere Partie davon antrifft. Diese Zu-
stände lassen sich jedoch bis jetzt nicht in bestimmte Katego-
rien bringen, weil die Aufmerksamkeit darauf wenig rege ge-
wesen ist. Man findet sie in leichten Formen von Intermittens,
bei Cyanose nach Herzkrankheiten, bei Typhösen, bei den In-
fectionsfiebern der Operirten und im Laufe epidemischer Er-
krankungen, immer jedoch in solchen Krankheiten, welche mit
einer schnellen Erschöpfung der Blutmasse einhergehen und
zu kachectischen und anämischen Zuständen Veranlassung ge-
ben. Es ist dies einer von den Vorgängen, wo auch vom kli-
nischen Gesichtspunkte aus die Wahrscheinlichkeit eines reich-
lichen zu Grunde Gehens von Blutbestandtheilen innerhalb der
Blutbahn erschlossen werden kann.

Ausser diesen Veränderungen kennen wir noch mit Be-
stimmtheit eine andere Reihe, wo es sich um quantitative Ver-
änderungen in der Zahl der Körper handelt. Die Zustände,
deren Hauptrepräsentant die Chlorose ist, zeigen eine ge-
wisse Aehnlichkeit mit jenen, welche mit Vermehrung farb-
loser Blutkörperchen einhergehen, der Leukämie im engeren

Melanöse Blutkörperchen.
mit Veränderungen, welche im Blute eintreten, wenn es in
Extravasaten oder innerhalb der Gefässe lange Zeit in Stase
sich befindet. Hier führt diese Veränderung unzweifelhaft zu
einem Untergang der Körper, so dass mit grosser Wahrschein-
lichkeit auch für das circulirende Blut geschlossen werden
kann, dass es sich nicht um junge, in der Enwickelung be-
griffene, sondern im Gegentheil um alte, im Untergang begrif-
fene Formen handelt. Ich stimme daher im Wesentlichen mit
der Auffassung von Karl Heinrich Schultz überein, welcher
diese Körper unter dem Namen von melanösen Blutkörperchen
beschrieben hat und sie für die Vorläufer der Blutmauserung
ansieht, welche sich vorbereiteten zu den eigentlich excremen-
tiellen Umsetzungen.

Es gibt gewisse Zustände, wo die Zahl dieser Elemente
ungeheuer gross wird. Bei recht gesunden Individuen findet
man sehr wenig davon, nur im Pfortaderblut glaubt Schultz
immer viele dieser Körperchen gesehen zu haben. Sicher ist
es, dass es krankhafte Zustände gibt, wo die Zahl dieser
Elemente so gross wird, dass man fast in jedem Blutstropfen
eine kleinere oder grössere Partie davon antrifft. Diese Zu-
stände lassen sich jedoch bis jetzt nicht in bestimmte Katego-
rien bringen, weil die Aufmerksamkeit darauf wenig rege ge-
wesen ist. Man findet sie in leichten Formen von Intermittens,
bei Cyanose nach Herzkrankheiten, bei Typhösen, bei den In-
fectionsfiebern der Operirten und im Laufe epidemischer Er-
krankungen, immer jedoch in solchen Krankheiten, welche mit
einer schnellen Erschöpfung der Blutmasse einhergehen und
zu kachectischen und anämischen Zuständen Veranlassung ge-
ben. Es ist dies einer von den Vorgängen, wo auch vom kli-
nischen Gesichtspunkte aus die Wahrscheinlichkeit eines reich-
lichen zu Grunde Gehens von Blutbestandtheilen innerhalb der
Blutbahn erschlossen werden kann.

Ausser diesen Veränderungen kennen wir noch mit Be-
stimmtheit eine andere Reihe, wo es sich um quantitative Ver-
änderungen in der Zahl der Körper handelt. Die Zustände,
deren Hauptrepräsentant die Chlorose ist, zeigen eine ge-
wisse Aehnlichkeit mit jenen, welche mit Vermehrung farb-
loser Blutkörperchen einhergehen, der Leukämie im engeren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0223" n="201"/><fw place="top" type="header">Melanöse Blutkörperchen.</fw><lb/>
mit Veränderungen, welche im Blute eintreten, wenn es in<lb/>
Extravasaten oder innerhalb der Gefässe lange Zeit in Stase<lb/>
sich befindet. Hier führt diese Veränderung unzweifelhaft zu<lb/>
einem Untergang der Körper, so dass mit grosser Wahrschein-<lb/>
lichkeit auch für das circulirende Blut geschlossen werden<lb/>
kann, dass es sich nicht um junge, in der Enwickelung be-<lb/>
griffene, sondern im Gegentheil um alte, im Untergang begrif-<lb/>
fene Formen handelt. Ich stimme daher im Wesentlichen mit<lb/>
der Auffassung von <hi rendition="#g">Karl Heinrich Schultz</hi> überein, welcher<lb/>
diese Körper unter dem Namen von melanösen Blutkörperchen<lb/>
beschrieben hat und sie für die Vorläufer der Blutmauserung<lb/>
ansieht, welche sich vorbereiteten zu den eigentlich excremen-<lb/>
tiellen Umsetzungen.</p><lb/>
        <p>Es gibt gewisse Zustände, wo die Zahl dieser Elemente<lb/>
ungeheuer gross wird. Bei recht gesunden Individuen findet<lb/>
man sehr wenig davon, nur im Pfortaderblut glaubt <hi rendition="#g">Schultz</hi><lb/>
immer viele dieser Körperchen gesehen zu haben. Sicher ist<lb/>
es, dass es krankhafte Zustände gibt, wo die Zahl dieser<lb/>
Elemente so gross wird, dass man fast in jedem Blutstropfen<lb/>
eine kleinere oder grössere Partie davon antrifft. Diese Zu-<lb/>
stände lassen sich jedoch bis jetzt nicht in bestimmte Katego-<lb/>
rien bringen, weil die Aufmerksamkeit darauf wenig rege ge-<lb/>
wesen ist. Man findet sie in leichten Formen von Intermittens,<lb/>
bei Cyanose nach Herzkrankheiten, bei Typhösen, bei den In-<lb/>
fectionsfiebern der Operirten und im Laufe epidemischer Er-<lb/>
krankungen, immer jedoch in solchen Krankheiten, welche mit<lb/>
einer schnellen Erschöpfung der Blutmasse einhergehen und<lb/>
zu kachectischen und anämischen Zuständen Veranlassung ge-<lb/>
ben. Es ist dies einer von den Vorgängen, wo auch vom kli-<lb/>
nischen Gesichtspunkte aus die Wahrscheinlichkeit eines reich-<lb/>
lichen zu Grunde Gehens von Blutbestandtheilen innerhalb der<lb/>
Blutbahn erschlossen werden kann.</p><lb/>
        <p>Ausser diesen Veränderungen kennen wir noch mit Be-<lb/>
stimmtheit eine andere Reihe, wo es sich um quantitative Ver-<lb/>
änderungen in der Zahl der Körper handelt. Die Zustände,<lb/>
deren Hauptrepräsentant die Chlorose ist, zeigen eine ge-<lb/>
wisse Aehnlichkeit mit jenen, welche mit Vermehrung farb-<lb/>
loser Blutkörperchen einhergehen, der Leukämie im engeren<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0223] Melanöse Blutkörperchen. mit Veränderungen, welche im Blute eintreten, wenn es in Extravasaten oder innerhalb der Gefässe lange Zeit in Stase sich befindet. Hier führt diese Veränderung unzweifelhaft zu einem Untergang der Körper, so dass mit grosser Wahrschein- lichkeit auch für das circulirende Blut geschlossen werden kann, dass es sich nicht um junge, in der Enwickelung be- griffene, sondern im Gegentheil um alte, im Untergang begrif- fene Formen handelt. Ich stimme daher im Wesentlichen mit der Auffassung von Karl Heinrich Schultz überein, welcher diese Körper unter dem Namen von melanösen Blutkörperchen beschrieben hat und sie für die Vorläufer der Blutmauserung ansieht, welche sich vorbereiteten zu den eigentlich excremen- tiellen Umsetzungen. Es gibt gewisse Zustände, wo die Zahl dieser Elemente ungeheuer gross wird. Bei recht gesunden Individuen findet man sehr wenig davon, nur im Pfortaderblut glaubt Schultz immer viele dieser Körperchen gesehen zu haben. Sicher ist es, dass es krankhafte Zustände gibt, wo die Zahl dieser Elemente so gross wird, dass man fast in jedem Blutstropfen eine kleinere oder grössere Partie davon antrifft. Diese Zu- stände lassen sich jedoch bis jetzt nicht in bestimmte Katego- rien bringen, weil die Aufmerksamkeit darauf wenig rege ge- wesen ist. Man findet sie in leichten Formen von Intermittens, bei Cyanose nach Herzkrankheiten, bei Typhösen, bei den In- fectionsfiebern der Operirten und im Laufe epidemischer Er- krankungen, immer jedoch in solchen Krankheiten, welche mit einer schnellen Erschöpfung der Blutmasse einhergehen und zu kachectischen und anämischen Zuständen Veranlassung ge- ben. Es ist dies einer von den Vorgängen, wo auch vom kli- nischen Gesichtspunkte aus die Wahrscheinlichkeit eines reich- lichen zu Grunde Gehens von Blutbestandtheilen innerhalb der Blutbahn erschlossen werden kann. Ausser diesen Veränderungen kennen wir noch mit Be- stimmtheit eine andere Reihe, wo es sich um quantitative Ver- änderungen in der Zahl der Körper handelt. Die Zustände, deren Hauptrepräsentant die Chlorose ist, zeigen eine ge- wisse Aehnlichkeit mit jenen, welche mit Vermehrung farb- loser Blutkörperchen einhergehen, der Leukämie im engeren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/223
Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/223>, abgerufen am 19.04.2024.