Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebente Vorlesung.
wie sie sich im Blute finden, stellen sie sphärische Körperchen
dar, welche zuweilen etwas grösser, zuweilen etwas kleiner
oder gleich gross, wie die gewöhnlichen rothen Blutkörperchen
sind, von denen sie sich aber auffallend durch den Mangel einer Fär-
[Abbildung] Fig. 56.
bung und durch ihre vollkommen
sphärische Gestalt unterscheiden.
In einem Blutstropfen, der zur
Ruhe gekommen ist, findet man
gewöhnlich die rothen Körperchen
in gewisse Reihen und in die
bekannten Formen von Geldrollen, mit ihren flachen Scheiben
an einander, zusammengelegt (Fig. 52, d.); dazwischen sieht
man in den gewöhnlichen Zwischenräumen hier und da ein
solches blasses sphärisches Gebilde, an dem man zunächst,
wenn das Blut ganz frisch ist, nichts weiter erkennen kann,
als eine zuweilen leicht höckerig aussehende Fläche. Lässt
man nun Wasser hinzutreten, so sieht man, dass das farblose
Körperchen aufquillt; in dem Maasse, als es Wasser auf-
nimmt, erscheint zuerst deutlich eine Membran, dann sieht
man einen allmälig klarer hervortretenden körnigen Inhalt
und zuletzt etwas von einem oder mehreren Kernen. Die
scheinbar homogene Kugel verwandelt sich nach und nach in
ein zartwandiges, oft so brüchiges Gebilde, dass bei unvorsich-
tiger Einwirkung des Wassers die äusseren Theile anfangen zu
zerfallen und im Innern ein etwas körniger Inhalt hervortritt,
welcher sich mehr und mehr lockert und innerhalb dessen ein
gewöhnlich in der Theilung begriffener oder mehrere Kerne
erscheinen. Das Hervortreten der letzteren ist viel schnel-
ler zu erlangen, wenn man das Object mit Essigsäure behan-
delt, welche die Membran durchscheinend macht, den trüben
Inhalt löst und den Kern gerinnen und schrumpfen lässt. Die
Kerne erscheinen dann als dunkle, scharf contourirte Körper,
[Abbildung] Fig. 56.

Farblose Blutkörperchen aus der Vena arachnoidealis eines
Geisteskranken. A. frisch, a in ihrer natürlichen Flüssigkeit, b in Was-
ser untersucht. B. Nach Behandlung mit Essigsäure: a -- c einkernige,
mit immer grösserem, granulirtem und schliesslich nucleolirtem Kern.
d einfache Kerntheilung. e weitere Kerntheilung. f -- h Dreitheilung
des Kerns in allmäligem Fortschreiten. i -- k vier und mehr Kerne.
Vergr. 280.

Siebente Vorlesung.
wie sie sich im Blute finden, stellen sie sphärische Körperchen
dar, welche zuweilen etwas grösser, zuweilen etwas kleiner
oder gleich gross, wie die gewöhnlichen rothen Blutkörperchen
sind, von denen sie sich aber auffallend durch den Mangel einer Fär-
[Abbildung] Fig. 56.
bung und durch ihre vollkommen
sphärische Gestalt unterscheiden.
In einem Blutstropfen, der zur
Ruhe gekommen ist, findet man
gewöhnlich die rothen Körperchen
in gewisse Reihen und in die
bekannten Formen von Geldrollen, mit ihren flachen Scheiben
an einander, zusammengelegt (Fig. 52, d.); dazwischen sieht
man in den gewöhnlichen Zwischenräumen hier und da ein
solches blasses sphärisches Gebilde, an dem man zunächst,
wenn das Blut ganz frisch ist, nichts weiter erkennen kann,
als eine zuweilen leicht höckerig aussehende Fläche. Lässt
man nun Wasser hinzutreten, so sieht man, dass das farblose
Körperchen aufquillt; in dem Maasse, als es Wasser auf-
nimmt, erscheint zuerst deutlich eine Membran, dann sieht
man einen allmälig klarer hervortretenden körnigen Inhalt
und zuletzt etwas von einem oder mehreren Kernen. Die
scheinbar homogene Kugel verwandelt sich nach und nach in
ein zartwandiges, oft so brüchiges Gebilde, dass bei unvorsich-
tiger Einwirkung des Wassers die äusseren Theile anfangen zu
zerfallen und im Innern ein etwas körniger Inhalt hervortritt,
welcher sich mehr und mehr lockert und innerhalb dessen ein
gewöhnlich in der Theilung begriffener oder mehrere Kerne
erscheinen. Das Hervortreten der letzteren ist viel schnel-
ler zu erlangen, wenn man das Object mit Essigsäure behan-
delt, welche die Membran durchscheinend macht, den trüben
Inhalt löst und den Kern gerinnen und schrumpfen lässt. Die
Kerne erscheinen dann als dunkle, scharf contourirte Körper,
[Abbildung] Fig. 56.

Farblose Blutkörperchen aus der Vena arachnoidealis eines
Geisteskranken. A. frisch, a in ihrer natürlichen Flüssigkeit, b in Was-
ser untersucht. B. Nach Behandlung mit Essigsäure: a — c einkernige,
mit immer grösserem, granulirtem und schliesslich nucleolirtem Kern.
d einfache Kerntheilung. e weitere Kerntheilung. f — h Dreitheilung
des Kerns in allmäligem Fortschreiten. i — k vier und mehr Kerne.
Vergr. 280.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0156" n="134"/><fw place="top" type="header">Siebente Vorlesung.</fw><lb/>
wie sie sich im Blute finden, stellen sie sphärische Körperchen<lb/>
dar, welche zuweilen etwas grösser, zuweilen etwas kleiner<lb/>
oder gleich gross, wie die gewöhnlichen rothen Blutkörperchen<lb/>
sind, von denen sie sich aber auffallend durch den Mangel einer Fär-<lb/><figure><head>Fig. 56.</head></figure><lb/>
bung und durch ihre vollkommen<lb/>
sphärische Gestalt unterscheiden.<lb/>
In einem Blutstropfen, der zur<lb/>
Ruhe gekommen ist, findet man<lb/>
gewöhnlich die rothen Körperchen<lb/>
in gewisse Reihen und in die<lb/>
bekannten Formen von Geldrollen, mit ihren flachen Scheiben<lb/>
an einander, zusammengelegt (Fig. 52, <hi rendition="#i">d</hi>.); dazwischen sieht<lb/>
man in den gewöhnlichen Zwischenräumen hier und da ein<lb/>
solches blasses sphärisches Gebilde, an dem man zunächst,<lb/>
wenn das Blut ganz frisch ist, nichts weiter erkennen kann,<lb/>
als eine zuweilen leicht höckerig aussehende Fläche. Lässt<lb/>
man nun Wasser hinzutreten, so sieht man, dass das farblose<lb/>
Körperchen aufquillt; in dem Maasse, als es Wasser auf-<lb/>
nimmt, erscheint zuerst deutlich eine Membran, dann sieht<lb/>
man einen allmälig klarer hervortretenden körnigen Inhalt<lb/>
und zuletzt etwas von einem oder mehreren Kernen. Die<lb/>
scheinbar homogene Kugel verwandelt sich nach und nach in<lb/>
ein zartwandiges, oft so brüchiges Gebilde, dass bei unvorsich-<lb/>
tiger Einwirkung des Wassers die äusseren Theile anfangen zu<lb/>
zerfallen und im Innern ein etwas körniger Inhalt hervortritt,<lb/>
welcher sich mehr und mehr lockert und innerhalb dessen ein<lb/>
gewöhnlich in der Theilung begriffener oder mehrere Kerne<lb/>
erscheinen. Das Hervortreten der letzteren ist viel schnel-<lb/>
ler zu erlangen, wenn man das Object mit Essigsäure behan-<lb/>
delt, welche die Membran durchscheinend macht, den trüben<lb/>
Inhalt löst und den Kern gerinnen und schrumpfen lässt. Die<lb/>
Kerne erscheinen dann als dunkle, scharf contourirte Körper,<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 56. </head><p>Farblose Blutkörperchen aus der Vena arachnoidealis eines<lb/>
Geisteskranken. <hi rendition="#i">A</hi>. frisch, <hi rendition="#i">a</hi> in ihrer natürlichen Flüssigkeit, <hi rendition="#i">b</hi> in Was-<lb/>
ser untersucht. <hi rendition="#i">B</hi>. Nach Behandlung mit Essigsäure: <hi rendition="#i">a &#x2014; c</hi> einkernige,<lb/>
mit immer grösserem, granulirtem und schliesslich nucleolirtem Kern.<lb/><hi rendition="#i">d</hi> einfache Kerntheilung. <hi rendition="#i">e</hi> weitere Kerntheilung. <hi rendition="#i">f &#x2014; h</hi> Dreitheilung<lb/>
des Kerns in allmäligem Fortschreiten. <hi rendition="#i">i &#x2014; k</hi> vier und mehr Kerne.<lb/>
Vergr. 280.</p></figure><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0156] Siebente Vorlesung. wie sie sich im Blute finden, stellen sie sphärische Körperchen dar, welche zuweilen etwas grösser, zuweilen etwas kleiner oder gleich gross, wie die gewöhnlichen rothen Blutkörperchen sind, von denen sie sich aber auffallend durch den Mangel einer Fär- [Abbildung Fig. 56.] bung und durch ihre vollkommen sphärische Gestalt unterscheiden. In einem Blutstropfen, der zur Ruhe gekommen ist, findet man gewöhnlich die rothen Körperchen in gewisse Reihen und in die bekannten Formen von Geldrollen, mit ihren flachen Scheiben an einander, zusammengelegt (Fig. 52, d.); dazwischen sieht man in den gewöhnlichen Zwischenräumen hier und da ein solches blasses sphärisches Gebilde, an dem man zunächst, wenn das Blut ganz frisch ist, nichts weiter erkennen kann, als eine zuweilen leicht höckerig aussehende Fläche. Lässt man nun Wasser hinzutreten, so sieht man, dass das farblose Körperchen aufquillt; in dem Maasse, als es Wasser auf- nimmt, erscheint zuerst deutlich eine Membran, dann sieht man einen allmälig klarer hervortretenden körnigen Inhalt und zuletzt etwas von einem oder mehreren Kernen. Die scheinbar homogene Kugel verwandelt sich nach und nach in ein zartwandiges, oft so brüchiges Gebilde, dass bei unvorsich- tiger Einwirkung des Wassers die äusseren Theile anfangen zu zerfallen und im Innern ein etwas körniger Inhalt hervortritt, welcher sich mehr und mehr lockert und innerhalb dessen ein gewöhnlich in der Theilung begriffener oder mehrere Kerne erscheinen. Das Hervortreten der letzteren ist viel schnel- ler zu erlangen, wenn man das Object mit Essigsäure behan- delt, welche die Membran durchscheinend macht, den trüben Inhalt löst und den Kern gerinnen und schrumpfen lässt. Die Kerne erscheinen dann als dunkle, scharf contourirte Körper, [Abbildung Fig. 56. Farblose Blutkörperchen aus der Vena arachnoidealis eines Geisteskranken. A. frisch, a in ihrer natürlichen Flüssigkeit, b in Was- ser untersucht. B. Nach Behandlung mit Essigsäure: a — c einkernige, mit immer grösserem, granulirtem und schliesslich nucleolirtem Kern. d einfache Kerntheilung. e weitere Kerntheilung. f — h Dreitheilung des Kerns in allmäligem Fortschreiten. i — k vier und mehr Kerne. Vergr. 280.]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/156
Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/156>, abgerufen am 20.04.2024.