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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Gefässmusculatur.
tiges Element, insofern die Contractionsverhältnisse dieser Li-
gamente, welche man gewöhnlich nicht selbst als muskulös
betrachtet, keinesweges bloss den Blutgefässen zuzuschreiben
sind, wie erst neulich James Traer nachzuweisen gesucht
hat; vielmehr finden sich mächtige Schichten von Muskeln,
welche mitten durch die Ligamente fortgehen, und welche bei
der menstrualen Erregung in gleicher Weise die Möglichkeit
zu Zusammenziehungen darbieten, wie wir sie an äusseren Thei-
len mit so grosser Deutlichkeit verfolgen können. --

Wenn man nun die Frage aufwirft, in wie weit die ein-
zelnen Elemente der Gefässe in dem Körper von Bedeutung
sind, so versteht es sich von selbst, dass für die gröberen
Vorgänge der Circulation die contractilen Elemente die wesent-
lichste Bedeutung haben, nächstdem die elastischen Theile,
und endlich die einfach permeablen homogenen Häute. Be-
trachten wir zunächst die Bedeutung der muskulösen Ele-
mente
und zwar an denjenigen Gefässen, welche hauptsäch-
lich damit versehen sind, an den Arterien.

Wenn eine Arterie irgend eine Einwirkung erfährt, wel-
che eine Zusammenziehung ihrer Muskeln bedingt, so wird
natürlich das Gefäss sich verengern müssen, da die contracti-
len Zellen ringförmig um das Gefäss herumliegen; es wird
die Verengerung unter Umständen bis fast zum Verschwinden
des Lumens gehen können, und die natürliche Folge wird
dann sein, dass in den Theil weniger Blut gelangt. Wenn
also eine Arterie auf irgend eine Weise einem pathologischen
Irritans zugänglich oder wenn sie auf physiologischem Wege
excitirt wird, so muss ihre eigentliche Thätigkeit darin be-
stehen, dass sie enger wird. Man könnte nun freilich,
nachdem man die Muskel-Elemente der Gefässwandungen
kennt, den alten Satz wieder aufnehmen, dass die Gefässe,
wie das Herz, eine Art von rhythmischer, pulsirender Bewe-
gung erzeugten, welche im Stande wäre, die Fortbewegung des
Blutes direct zu fördern, so dass eine arterielle Hyperämie
durch eine vermehrte Pulsation der Gefässe hervorgebracht
würde.


Gefässmusculatur.
tiges Element, insofern die Contractionsverhältnisse dieser Li-
gamente, welche man gewöhnlich nicht selbst als muskulös
betrachtet, keinesweges bloss den Blutgefässen zuzuschreiben
sind, wie erst neulich James Traer nachzuweisen gesucht
hat; vielmehr finden sich mächtige Schichten von Muskeln,
welche mitten durch die Ligamente fortgehen, und welche bei
der menstrualen Erregung in gleicher Weise die Möglichkeit
zu Zusammenziehungen darbieten, wie wir sie an äusseren Thei-
len mit so grosser Deutlichkeit verfolgen können. —

Wenn man nun die Frage aufwirft, in wie weit die ein-
zelnen Elemente der Gefässe in dem Körper von Bedeutung
sind, so versteht es sich von selbst, dass für die gröberen
Vorgänge der Circulation die contractilen Elemente die wesent-
lichste Bedeutung haben, nächstdem die elastischen Theile,
und endlich die einfach permeablen homogenen Häute. Be-
trachten wir zunächst die Bedeutung der muskulösen Ele-
mente
und zwar an denjenigen Gefässen, welche hauptsäch-
lich damit versehen sind, an den Arterien.

Wenn eine Arterie irgend eine Einwirkung erfährt, wel-
che eine Zusammenziehung ihrer Muskeln bedingt, so wird
natürlich das Gefäss sich verengern müssen, da die contracti-
len Zellen ringförmig um das Gefäss herumliegen; es wird
die Verengerung unter Umständen bis fast zum Verschwinden
des Lumens gehen können, und die natürliche Folge wird
dann sein, dass in den Theil weniger Blut gelangt. Wenn
also eine Arterie auf irgend eine Weise einem pathologischen
Irritans zugänglich oder wenn sie auf physiologischem Wege
excitirt wird, so muss ihre eigentliche Thätigkeit darin be-
stehen, dass sie enger wird. Man könnte nun freilich,
nachdem man die Muskel-Elemente der Gefässwandungen
kennt, den alten Satz wieder aufnehmen, dass die Gefässe,
wie das Herz, eine Art von rhythmischer, pulsirender Bewe-
gung erzeugten, welche im Stande wäre, die Fortbewegung des
Blutes direct zu fördern, so dass eine arterielle Hyperämie
durch eine vermehrte Pulsation der Gefässe hervorgebracht
würde.


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[105/0127] Gefässmusculatur. tiges Element, insofern die Contractionsverhältnisse dieser Li- gamente, welche man gewöhnlich nicht selbst als muskulös betrachtet, keinesweges bloss den Blutgefässen zuzuschreiben sind, wie erst neulich James Traer nachzuweisen gesucht hat; vielmehr finden sich mächtige Schichten von Muskeln, welche mitten durch die Ligamente fortgehen, und welche bei der menstrualen Erregung in gleicher Weise die Möglichkeit zu Zusammenziehungen darbieten, wie wir sie an äusseren Thei- len mit so grosser Deutlichkeit verfolgen können. — Wenn man nun die Frage aufwirft, in wie weit die ein- zelnen Elemente der Gefässe in dem Körper von Bedeutung sind, so versteht es sich von selbst, dass für die gröberen Vorgänge der Circulation die contractilen Elemente die wesent- lichste Bedeutung haben, nächstdem die elastischen Theile, und endlich die einfach permeablen homogenen Häute. Be- trachten wir zunächst die Bedeutung der muskulösen Ele- mente und zwar an denjenigen Gefässen, welche hauptsäch- lich damit versehen sind, an den Arterien. Wenn eine Arterie irgend eine Einwirkung erfährt, wel- che eine Zusammenziehung ihrer Muskeln bedingt, so wird natürlich das Gefäss sich verengern müssen, da die contracti- len Zellen ringförmig um das Gefäss herumliegen; es wird die Verengerung unter Umständen bis fast zum Verschwinden des Lumens gehen können, und die natürliche Folge wird dann sein, dass in den Theil weniger Blut gelangt. Wenn also eine Arterie auf irgend eine Weise einem pathologischen Irritans zugänglich oder wenn sie auf physiologischem Wege excitirt wird, so muss ihre eigentliche Thätigkeit darin be- stehen, dass sie enger wird. Man könnte nun freilich, nachdem man die Muskel-Elemente der Gefässwandungen kennt, den alten Satz wieder aufnehmen, dass die Gefässe, wie das Herz, eine Art von rhythmischer, pulsirender Bewe- gung erzeugten, welche im Stande wäre, die Fortbewegung des Blutes direct zu fördern, so dass eine arterielle Hyperämie durch eine vermehrte Pulsation der Gefässe hervorgebracht würde.

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/127>, abgerufen am 29.03.2024.