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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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Stil; dies ist auch meiner; halb in Robert seinem? Weil
ich Sie, und mich Arme, gerne ermuntern, und besonders die
schwarzen Dünste aus dem schwarzen Herzen nicht will an's
Licht steigen lassen; -- und weil mir Karl Maria von Weber
diesen Mittag einen sehr schönen Brief vom Herzog von Go-
tha, in diesem Stil geschrieben, vorgelesen hat. Der Stil
selbst ist eine Manier, ein Gewandel, welches ein Launist an-,
aus- und abziehen kann; aber weh einem Andern, der sich
in dergleichen Garderobe verwickelt! Denken Sie sich, mit
Laune, allerlei komische Auswickelungen aus solchem Kleider-
haufen; Zufälle und Geschichten, mit und unter denen das ge-
schieht! Ich habe so eben dies Gewand anständig zwar noch,
aber voll Überdruß, weit weggelegt.

Es war sehr ehrlich von Ihnen, liebe Guste, mir von
Nürnberg zu schreiben: wie in Balsam eingetaucht, wirkte der
liebe unschuldige Brief mit seiner Physionomie auf mich. Er
sah aus wie Sie; und schien auch Ihnen Bedürfniß zu sein.
Das freut mich. Vorgestern Abend nach den Verwandtschaften
und dem neuen Ballet erhielt ich ihn. -- Elisa Valberg wurde
von der Schröder -- nämlich die Fürstin -- sehr schön ge-
spielt; sehr schön: auch gut angezogen; außer daß sie, als
sie zum Gemahl kömmt, nicht einmal Handschuh in der Hand
hatte; welches mich Schwächling die sehr gut gespielte Scene
hindurch störte. Einen Zusatz von ganz moderner Prinzenar-
tigkeit (mit -artigkeit mein' ich -haftigkeit; nicht die Artigkeit)
und Zartheit hätte ich dem Spiel noch gewünscht: denken Sie
aber ja nicht, daß das auffallend war, oder ganz fehlte!
Mattausch hat einen gewissen Wackel beim Schreiten durch

Stil; dies iſt auch meiner; halb in Robert ſeinem? Weil
ich Sie, und mich Arme, gerne ermuntern, und beſonders die
ſchwarzen Dünſte aus dem ſchwarzen Herzen nicht will an’s
Licht ſteigen laſſen; — und weil mir Karl Maria von Weber
dieſen Mittag einen ſehr ſchönen Brief vom Herzog von Go-
tha, in dieſem Stil geſchrieben, vorgeleſen hat. Der Stil
ſelbſt iſt eine Manier, ein Gewandel, welches ein Launiſt an-,
aus- und abziehen kann; aber weh einem Andern, der ſich
in dergleichen Garderobe verwickelt! Denken Sie ſich, mit
Laune, allerlei komiſche Auswickelungen aus ſolchem Kleider-
haufen; Zufälle und Geſchichten, mit und unter denen das ge-
ſchieht! Ich habe ſo eben dies Gewand anſtändig zwar noch,
aber voll Überdruß, weit weggelegt.

Es war ſehr ehrlich von Ihnen, liebe Guſte, mir von
Nürnberg zu ſchreiben: wie in Balſam eingetaucht, wirkte der
liebe unſchuldige Brief mit ſeiner Phyſionomie auf mich. Er
ſah aus wie Sie; und ſchien auch Ihnen Bedürfniß zu ſein.
Das freut mich. Vorgeſtern Abend nach den Verwandtſchaften
und dem neuen Ballet erhielt ich ihn. — Eliſa Valberg wurde
von der Schröder — nämlich die Fürſtin — ſehr ſchön ge-
ſpielt; ſehr ſchön: auch gut angezogen; außer daß ſie, als
ſie zum Gemahl kömmt, nicht einmal Handſchuh in der Hand
hatte; welches mich Schwächling die ſehr gut geſpielte Scene
hindurch ſtörte. Einen Zuſatz von ganz moderner Prinzenar-
tigkeit (mit -artigkeit mein’ ich -haftigkeit; nicht die Artigkeit)
und Zartheit hätte ich dem Spiel noch gewünſcht: denken Sie
aber ja nicht, daß das auffallend war, oder ganz fehlte!
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[212/0220] Stil; dies iſt auch meiner; halb in Robert ſeinem? Weil ich Sie, und mich Arme, gerne ermuntern, und beſonders die ſchwarzen Dünſte aus dem ſchwarzen Herzen nicht will an’s Licht ſteigen laſſen; — und weil mir Karl Maria von Weber dieſen Mittag einen ſehr ſchönen Brief vom Herzog von Go- tha, in dieſem Stil geſchrieben, vorgeleſen hat. Der Stil ſelbſt iſt eine Manier, ein Gewandel, welches ein Launiſt an-, aus- und abziehen kann; aber weh einem Andern, der ſich in dergleichen Garderobe verwickelt! Denken Sie ſich, mit Laune, allerlei komiſche Auswickelungen aus ſolchem Kleider- haufen; Zufälle und Geſchichten, mit und unter denen das ge- ſchieht! Ich habe ſo eben dies Gewand anſtändig zwar noch, aber voll Überdruß, weit weggelegt. Es war ſehr ehrlich von Ihnen, liebe Guſte, mir von Nürnberg zu ſchreiben: wie in Balſam eingetaucht, wirkte der liebe unſchuldige Brief mit ſeiner Phyſionomie auf mich. Er ſah aus wie Sie; und ſchien auch Ihnen Bedürfniß zu ſein. Das freut mich. Vorgeſtern Abend nach den Verwandtſchaften und dem neuen Ballet erhielt ich ihn. — Eliſa Valberg wurde von der Schröder — nämlich die Fürſtin — ſehr ſchön ge- ſpielt; ſehr ſchön: auch gut angezogen; außer daß ſie, als ſie zum Gemahl kömmt, nicht einmal Handſchuh in der Hand hatte; welches mich Schwächling die ſehr gut geſpielte Scene hindurch ſtörte. Einen Zuſatz von ganz moderner Prinzenar- tigkeit (mit -artigkeit mein’ ich -haftigkeit; nicht die Artigkeit) und Zartheit hätte ich dem Spiel noch gewünſcht: denken Sie aber ja nicht, daß das auffallend war, oder ganz fehlte! Mattauſch hat einen gewiſſen Wackel beim Schreiten durch

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/220>, abgerufen am 25.04.2024.