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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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kommen lahmlegte und ihn in gänzliche Apathie versenkte. Die Lektüre von
Rousseau's botanischen Briefen soll ihn endlich aus dieser Lethargie erweckt haben.
Nun warf er sich, wahrscheinlich durch Lavoisier's Arbeiten angeregt, mit Feuereifer
auf das Studium der Chemie und Physik und erhielt im Jahre 1801 für eben
diese Gegenstände eine Professur in Bourg. Von hier kam er an das Lyceum zu
Lyon und dann an die polytechnische Schule in Paris. Im Jahre 1814 ver-
schafften ihm seine ausgezeichneten Arbeiten mathematischen Inhaltes die Mitglied-
schaft der Pariser Akademie. Von dieser Zeit an beschäftigte sich Ampere wieder
mit Physik und lieferte eben jene Arbeiten aus dem Gebiete des Elektromagnetismus,
wegen welcher er hier genannt werden muß. Im Jahre 1824 wurde er Professor
der Experimentalphysik am College de France und starb auf einer Reise begriffen
in Marseille am 10. Juni 1836.

Eine der Folgerungen, welche aus der Oersted'schen Beobachtung von
Ampere gezogen wurde, war die, daß auch die Erde wegen ihres magnetischen
Verhaltens richtend auf einen vom Strome durchflossenen Leitungsdraht einwirken
müsse. Nach längeren und anfangs resultatlosen Versuchen gelang es Ampere in
der That, für diese seine Behauptung den experimentellen Beweis beizubringen.
Sein größtes Verdienst ist aber die Aufstellung der nach ihm benannten Am-
pere'schen Theorie über die elektrodynamischen Wirkungen. Als man sich Mühe
gab, die elektromagnetischen Erscheinungen auf einfache Gesetze zurückzuführen, be-
merkte man bald, daß die hier in Betracht kommenden Kräfte sich wesentlich anders
verhalten als die bisher bekannten. Man sah z. B., daß der vom elek-
trischen Strome durchflossene Draht nicht so sehr darnach strebe, die Magnetnadel
zu sich heranzuziehen, sich näher zu bringen, als vielmehr dieser eine bestimmte
Richtung zu geben; man hat es also hier nicht mit einer Kraft zu thun, die
ähnlich wirkt wie die Schwerkraft, welche bekanntlich die Körper dem anziehenden
Punkte näher zu bringen sucht, sondern mit einer nicht den Ort, sondern nur
die Stellung des Körpers richtenden Kraft. Man drückte damals diesen Unter-
schied dadurch aus, daß man die Bezeichnung transverse Kraft einführte.

Hier griff nun Ampere klärend und sichtend ein, und zwar in einer Weise,
wie sie selten zu verzeichnen ist: Nicht eine Erklärung einzelner Thatsachen, eine
Theorie, die bei jedem neuen Experimente mannigfach abgeändert und zugefeilt
werden mußte, die sich nach und nach erst zu einer gewissen Vollkommenheit ent-
wickelte, gab Ampere, sondern, die Thatsachen in ihrer Allgemeinheit umfassend,
vollkommen ausgebildet, wie einst Pallas Athene dem Haupte des Donnerers, ent-
sprang die Theorie seinem Geiste. Wenn man das Experiment betrachtet, in welchem
sich eine Magnetnadel senkrecht zu dem Leitungsdrahte des elektrischen Stromes
stellt, so könnte man für diese Erscheinung zweierlei Auslegungen annehmen. Die
eine besteht darin, daß man sich den Draht aus transversalen Magneten, also aus
Magneten, die mit ihrer Längsrichtung auf die Längsrichtung des Drahtes senk-
recht stehen, zusammengesetzt denkt; die andere Auslegung ist gewissermaßen um-
gekehrt: man denkt sich den Magnet gleichwerthig mit ihn transversal durch-
fließenden elektrischen Strömen. Die zuletzt angeführte Auslegung gab Ampere den
Experimenten und bewies sogar, daß dies die einzig mögliche Auslegung sei, wollte
man nicht bei Erklärung anderer Erscheinungen zu neuerlichen Hilfshypothesen seine
Zuflucht nehmen. Wie glücklich er in der Aufstellung seiner Theorie war, erhellt
daraus, daß diese nicht nur allen damals bekannten Thatsachen genügte, sondern
auch zur Erklärung später angestellter Experimente vollkommen ausreichte.

kommen lahmlegte und ihn in gänzliche Apathie verſenkte. Die Lektüre von
Rouſſeau’s botaniſchen Briefen ſoll ihn endlich aus dieſer Lethargie erweckt haben.
Nun warf er ſich, wahrſcheinlich durch Lavoiſier’s Arbeiten angeregt, mit Feuereifer
auf das Studium der Chemie und Phyſik und erhielt im Jahre 1801 für eben
dieſe Gegenſtände eine Profeſſur in Bourg. Von hier kam er an das Lyceum zu
Lyon und dann an die polytechniſche Schule in Paris. Im Jahre 1814 ver-
ſchafften ihm ſeine ausgezeichneten Arbeiten mathematiſchen Inhaltes die Mitglied-
ſchaft der Pariſer Akademie. Von dieſer Zeit an beſchäftigte ſich Ampère wieder
mit Phyſik und lieferte eben jene Arbeiten aus dem Gebiete des Elektromagnetismus,
wegen welcher er hier genannt werden muß. Im Jahre 1824 wurde er Profeſſor
der Experimentalphyſik am Collége de France und ſtarb auf einer Reiſe begriffen
in Marſeille am 10. Juni 1836.

Eine der Folgerungen, welche aus der Oerſted’ſchen Beobachtung von
Ampère gezogen wurde, war die, daß auch die Erde wegen ihres magnetiſchen
Verhaltens richtend auf einen vom Strome durchfloſſenen Leitungsdraht einwirken
müſſe. Nach längeren und anfangs reſultatloſen Verſuchen gelang es Ampère in
der That, für dieſe ſeine Behauptung den experimentellen Beweis beizubringen.
Sein größtes Verdienſt iſt aber die Aufſtellung der nach ihm benannten Am-
père’ſchen Theorie über die elektrodynamiſchen Wirkungen. Als man ſich Mühe
gab, die elektromagnetiſchen Erſcheinungen auf einfache Geſetze zurückzuführen, be-
merkte man bald, daß die hier in Betracht kommenden Kräfte ſich weſentlich anders
verhalten als die bisher bekannten. Man ſah z. B., daß der vom elek-
triſchen Strome durchfloſſene Draht nicht ſo ſehr darnach ſtrebe, die Magnetnadel
zu ſich heranzuziehen, ſich näher zu bringen, als vielmehr dieſer eine beſtimmte
Richtung zu geben; man hat es alſo hier nicht mit einer Kraft zu thun, die
ähnlich wirkt wie die Schwerkraft, welche bekanntlich die Körper dem anziehenden
Punkte näher zu bringen ſucht, ſondern mit einer nicht den Ort, ſondern nur
die Stellung des Körpers richtenden Kraft. Man drückte damals dieſen Unter-
ſchied dadurch aus, daß man die Bezeichnung transverſe Kraft einführte.

Hier griff nun Ampère klärend und ſichtend ein, und zwar in einer Weiſe,
wie ſie ſelten zu verzeichnen iſt: Nicht eine Erklärung einzelner Thatſachen, eine
Theorie, die bei jedem neuen Experimente mannigfach abgeändert und zugefeilt
werden mußte, die ſich nach und nach erſt zu einer gewiſſen Vollkommenheit ent-
wickelte, gab Ampère, ſondern, die Thatſachen in ihrer Allgemeinheit umfaſſend,
vollkommen ausgebildet, wie einſt Pallas Athene dem Haupte des Donnerers, ent-
ſprang die Theorie ſeinem Geiſte. Wenn man das Experiment betrachtet, in welchem
ſich eine Magnetnadel ſenkrecht zu dem Leitungsdrahte des elektriſchen Stromes
ſtellt, ſo könnte man für dieſe Erſcheinung zweierlei Auslegungen annehmen. Die
eine beſteht darin, daß man ſich den Draht aus transverſalen Magneten, alſo aus
Magneten, die mit ihrer Längsrichtung auf die Längsrichtung des Drahtes ſenk-
recht ſtehen, zuſammengeſetzt denkt; die andere Auslegung iſt gewiſſermaßen um-
gekehrt: man denkt ſich den Magnet gleichwerthig mit ihn transverſal durch-
fließenden elektriſchen Strömen. Die zuletzt angeführte Auslegung gab Ampère den
Experimenten und bewies ſogar, daß dies die einzig mögliche Auslegung ſei, wollte
man nicht bei Erklärung anderer Erſcheinungen zu neuerlichen Hilfshypotheſen ſeine
Zuflucht nehmen. Wie glücklich er in der Aufſtellung ſeiner Theorie war, erhellt
daraus, daß dieſe nicht nur allen damals bekannten Thatſachen genügte, ſondern
auch zur Erklärung ſpäter angeſtellter Experimente vollkommen ausreichte.

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[31/0045] kommen lahmlegte und ihn in gänzliche Apathie verſenkte. Die Lektüre von Rouſſeau’s botaniſchen Briefen ſoll ihn endlich aus dieſer Lethargie erweckt haben. Nun warf er ſich, wahrſcheinlich durch Lavoiſier’s Arbeiten angeregt, mit Feuereifer auf das Studium der Chemie und Phyſik und erhielt im Jahre 1801 für eben dieſe Gegenſtände eine Profeſſur in Bourg. Von hier kam er an das Lyceum zu Lyon und dann an die polytechniſche Schule in Paris. Im Jahre 1814 ver- ſchafften ihm ſeine ausgezeichneten Arbeiten mathematiſchen Inhaltes die Mitglied- ſchaft der Pariſer Akademie. Von dieſer Zeit an beſchäftigte ſich Ampère wieder mit Phyſik und lieferte eben jene Arbeiten aus dem Gebiete des Elektromagnetismus, wegen welcher er hier genannt werden muß. Im Jahre 1824 wurde er Profeſſor der Experimentalphyſik am Collége de France und ſtarb auf einer Reiſe begriffen in Marſeille am 10. Juni 1836. Eine der Folgerungen, welche aus der Oerſted’ſchen Beobachtung von Ampère gezogen wurde, war die, daß auch die Erde wegen ihres magnetiſchen Verhaltens richtend auf einen vom Strome durchfloſſenen Leitungsdraht einwirken müſſe. Nach längeren und anfangs reſultatloſen Verſuchen gelang es Ampère in der That, für dieſe ſeine Behauptung den experimentellen Beweis beizubringen. Sein größtes Verdienſt iſt aber die Aufſtellung der nach ihm benannten Am- père’ſchen Theorie über die elektrodynamiſchen Wirkungen. Als man ſich Mühe gab, die elektromagnetiſchen Erſcheinungen auf einfache Geſetze zurückzuführen, be- merkte man bald, daß die hier in Betracht kommenden Kräfte ſich weſentlich anders verhalten als die bisher bekannten. Man ſah z. B., daß der vom elek- triſchen Strome durchfloſſene Draht nicht ſo ſehr darnach ſtrebe, die Magnetnadel zu ſich heranzuziehen, ſich näher zu bringen, als vielmehr dieſer eine beſtimmte Richtung zu geben; man hat es alſo hier nicht mit einer Kraft zu thun, die ähnlich wirkt wie die Schwerkraft, welche bekanntlich die Körper dem anziehenden Punkte näher zu bringen ſucht, ſondern mit einer nicht den Ort, ſondern nur die Stellung des Körpers richtenden Kraft. Man drückte damals dieſen Unter- ſchied dadurch aus, daß man die Bezeichnung transverſe Kraft einführte. Hier griff nun Ampère klärend und ſichtend ein, und zwar in einer Weiſe, wie ſie ſelten zu verzeichnen iſt: Nicht eine Erklärung einzelner Thatſachen, eine Theorie, die bei jedem neuen Experimente mannigfach abgeändert und zugefeilt werden mußte, die ſich nach und nach erſt zu einer gewiſſen Vollkommenheit ent- wickelte, gab Ampère, ſondern, die Thatſachen in ihrer Allgemeinheit umfaſſend, vollkommen ausgebildet, wie einſt Pallas Athene dem Haupte des Donnerers, ent- ſprang die Theorie ſeinem Geiſte. Wenn man das Experiment betrachtet, in welchem ſich eine Magnetnadel ſenkrecht zu dem Leitungsdrahte des elektriſchen Stromes ſtellt, ſo könnte man für dieſe Erſcheinung zweierlei Auslegungen annehmen. Die eine beſteht darin, daß man ſich den Draht aus transverſalen Magneten, alſo aus Magneten, die mit ihrer Längsrichtung auf die Längsrichtung des Drahtes ſenk- recht ſtehen, zuſammengeſetzt denkt; die andere Auslegung iſt gewiſſermaßen um- gekehrt: man denkt ſich den Magnet gleichwerthig mit ihn transverſal durch- fließenden elektriſchen Strömen. Die zuletzt angeführte Auslegung gab Ampère den Experimenten und bewies ſogar, daß dies die einzig mögliche Auslegung ſei, wollte man nicht bei Erklärung anderer Erſcheinungen zu neuerlichen Hilfshypotheſen ſeine Zuflucht nehmen. Wie glücklich er in der Aufſtellung ſeiner Theorie war, erhellt daraus, daß dieſe nicht nur allen damals bekannten Thatſachen genügte, ſondern auch zur Erklärung ſpäter angeſtellter Experimente vollkommen ausreichte.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/45>, abgerufen am 25.04.2024.