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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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zu, so wird der äußeren Belegung genau ebenso viel Elektricität entzogen, welche
durch den mit der äußeren Belegung in Verbindung stehenden Leiter oder durch
die die Flasche haltende Hand abfließt. Da das Glas für Elektricität undurch-
lässig ist, kann sich das elektrische Gleichgewicht durch dieses hindurch nicht wieder
herstellen: die Flasche ist geladen. Verbindet man nun aber die äußere und innere
Belegung der Flasche durch einen Leiter, so strömt der Ueberschuß elektrischer
Materie von der einen (der positiven) Belegung zu der anderen (der negativen)
über und der ursprüngliche Gleichgewichtszustand wird wieder hergestellt, d. h. die
Flasche entladen. Diese besitzt also vor und nach der Ladung immer die gleiche
Gesammtmenge der elektrischen Materie und ändert durch die Ladung nicht die
Quantität, sondern nur die Vertheilung.

Unvergänglichen Ruhm als Physiker erwarb sich jedoch Franklin durch die
Erfindung des Blitzableiters. Er wurde darauf hingeführt durch die Ueberzeugung,
daß der Blitz eigentlich nichts Anderes sei, als ein sehr mächtiger elektrischer Funke.
Nicht daß er der Erste gewesen wäre, welcher diese Ansicht aussprach, denn wie
wir wissen, dachten schon Wall, Nollet und namentlich Winkler ebenso, aber
diese Ansicht fand erst dann die verdiente Beachtung, als Franklin sie nicht nur
klar und deutlich aussprach, sondern auch Experimente zu ihrer Prüfung vorschlug; es
geschah dies im Jahre 1750. Franklin ließ es jedoch vorläufig bei dem bloßen Vor-
schlage des Experimentes bewenden. Der Ruhm, als Erste dieses Experiment wirklich
angestellt zu haben, gebührt nach Poggendorff den Franzosen Dalibard und Delor.

"Dalibard hatte," erzählt Poggendorff, "zu Marly-la-ville, sechs Stunden
von Paris, eine 40 Fuß hohe Eisenstange mit seidenen Schnüren an Pfähle be-
festigt, die ebenso wie das untere Ende der Stange nicht vom Regen getroffen
werden konnten. Während seiner Abwesenheit hatte er einen von ihm für den Ver-
such unterrichteten Wächter Namens Coiffier angestellt, und dieser war es, der
am 10. Mai 1752 Nachmittags, als ein heftiges Gewitter vorüberzog, mittelst
eines Drahtes die ersten Funken der vom Himmel herabgebrachten Elektricität aus
der Eisenstange herauszog. Die Funken waren 11/2 Zoll lang, rochen nach Schwefel
und fuhren unter Knistern aus der Stange. Acht Tage darauf machte Delor in
seinem Hause zu Paris denselben Versuch mit einer 99 Fuß hohen Eisenstange in
Gegenwart des Königs Ludwig XV. und zu einer Zeit, wo zwar Gewitter-
wolken am Himmel standen, es aber weder blitzte noch donnerte."

Franklin ging erst im Juni des Jahres 1752 daran, die Richtigkeit seiner
Ansicht experimentell zu prüfen, allerdings noch ohne von den in Frankreich unter-
nommenen Versuchen Kenntniß zu haben. Zu seinem Versuche diente ihm ein be-
kanntes Kinderspielzeug, der fliegende Drache. Er verfertigte sich einen solchen aus
zwei gekreuzten Holzstäben, die er mit einem seidenen Taschentuche überkleidete. Der
Kopf des Drachen trug eine lange eiserne Spitze und wurde durch eine Hanf-
schnur geführt, die unten an einen Schlüssel geknüpft war. Von letzterem ging
eine seidene Schnur aus, um ihn von der Hand zu isoliren. So ausgerüstet,
gelang es ihm auf einem freien Felde bei Philadelphia in Gesellschaft seines
Sohnes, dem Schlüssel Funken zu entlocken, als er den Drachen bei vorüber-
ziehenden Gewitterwolken aufsteigen ließ. Im September desselben Jahres errichtete
er dann auf seinem Hause eine isolirte Eisenstange und machte unter Vermittlung
derselben mit atmosphärischer Elektricität die gleichen Experimente wie früher mit
Hilfe der Elektrisirmaschine. Er lud z. B. Kleist'sche Flaschen oder "zapfte den
Blitz auf Bouteillen".

zu, ſo wird der äußeren Belegung genau ebenſo viel Elektricität entzogen, welche
durch den mit der äußeren Belegung in Verbindung ſtehenden Leiter oder durch
die die Flaſche haltende Hand abfließt. Da das Glas für Elektricität undurch-
läſſig iſt, kann ſich das elektriſche Gleichgewicht durch dieſes hindurch nicht wieder
herſtellen: die Flaſche iſt geladen. Verbindet man nun aber die äußere und innere
Belegung der Flaſche durch einen Leiter, ſo ſtrömt der Ueberſchuß elektriſcher
Materie von der einen (der poſitiven) Belegung zu der anderen (der negativen)
über und der urſprüngliche Gleichgewichtszuſtand wird wieder hergeſtellt, d. h. die
Flaſche entladen. Dieſe beſitzt alſo vor und nach der Ladung immer die gleiche
Geſammtmenge der elektriſchen Materie und ändert durch die Ladung nicht die
Quantität, ſondern nur die Vertheilung.

Unvergänglichen Ruhm als Phyſiker erwarb ſich jedoch Franklin durch die
Erfindung des Blitzableiters. Er wurde darauf hingeführt durch die Ueberzeugung,
daß der Blitz eigentlich nichts Anderes ſei, als ein ſehr mächtiger elektriſcher Funke.
Nicht daß er der Erſte geweſen wäre, welcher dieſe Anſicht ausſprach, denn wie
wir wiſſen, dachten ſchon Wall, Nollet und namentlich Winkler ebenſo, aber
dieſe Anſicht fand erſt dann die verdiente Beachtung, als Franklin ſie nicht nur
klar und deutlich ausſprach, ſondern auch Experimente zu ihrer Prüfung vorſchlug; es
geſchah dies im Jahre 1750. Franklin ließ es jedoch vorläufig bei dem bloßen Vor-
ſchlage des Experimentes bewenden. Der Ruhm, als Erſte dieſes Experiment wirklich
angeſtellt zu haben, gebührt nach Poggendorff den Franzoſen Dalibard und Delor.

Dalibard hatte,“ erzählt Poggendorff, „zu Marly-la-ville, ſechs Stunden
von Paris, eine 40 Fuß hohe Eiſenſtange mit ſeidenen Schnüren an Pfähle be-
feſtigt, die ebenſo wie das untere Ende der Stange nicht vom Regen getroffen
werden konnten. Während ſeiner Abweſenheit hatte er einen von ihm für den Ver-
ſuch unterrichteten Wächter Namens Coiffier angeſtellt, und dieſer war es, der
am 10. Mai 1752 Nachmittags, als ein heftiges Gewitter vorüberzog, mittelſt
eines Drahtes die erſten Funken der vom Himmel herabgebrachten Elektricität aus
der Eiſenſtange herauszog. Die Funken waren 1½ Zoll lang, rochen nach Schwefel
und fuhren unter Kniſtern aus der Stange. Acht Tage darauf machte Delor in
ſeinem Hauſe zu Paris denſelben Verſuch mit einer 99 Fuß hohen Eiſenſtange in
Gegenwart des Königs Ludwig XV. und zu einer Zeit, wo zwar Gewitter-
wolken am Himmel ſtanden, es aber weder blitzte noch donnerte.“

Franklin ging erſt im Juni des Jahres 1752 daran, die Richtigkeit ſeiner
Anſicht experimentell zu prüfen, allerdings noch ohne von den in Frankreich unter-
nommenen Verſuchen Kenntniß zu haben. Zu ſeinem Verſuche diente ihm ein be-
kanntes Kinderſpielzeug, der fliegende Drache. Er verfertigte ſich einen ſolchen aus
zwei gekreuzten Holzſtäben, die er mit einem ſeidenen Taſchentuche überkleidete. Der
Kopf des Drachen trug eine lange eiſerne Spitze und wurde durch eine Hanf-
ſchnur geführt, die unten an einen Schlüſſel geknüpft war. Von letzterem ging
eine ſeidene Schnur aus, um ihn von der Hand zu iſoliren. So ausgerüſtet,
gelang es ihm auf einem freien Felde bei Philadelphia in Geſellſchaft ſeines
Sohnes, dem Schlüſſel Funken zu entlocken, als er den Drachen bei vorüber-
ziehenden Gewitterwolken aufſteigen ließ. Im September desſelben Jahres errichtete
er dann auf ſeinem Hauſe eine iſolirte Eiſenſtange und machte unter Vermittlung
derſelben mit atmoſphäriſcher Elektricität die gleichen Experimente wie früher mit
Hilfe der Elektriſirmaſchine. Er lud z. B. Kleiſt’ſche Flaſchen oder „zapfte den
Blitz auf Bouteillen“.

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[18/0032] zu, ſo wird der äußeren Belegung genau ebenſo viel Elektricität entzogen, welche durch den mit der äußeren Belegung in Verbindung ſtehenden Leiter oder durch die die Flaſche haltende Hand abfließt. Da das Glas für Elektricität undurch- läſſig iſt, kann ſich das elektriſche Gleichgewicht durch dieſes hindurch nicht wieder herſtellen: die Flaſche iſt geladen. Verbindet man nun aber die äußere und innere Belegung der Flaſche durch einen Leiter, ſo ſtrömt der Ueberſchuß elektriſcher Materie von der einen (der poſitiven) Belegung zu der anderen (der negativen) über und der urſprüngliche Gleichgewichtszuſtand wird wieder hergeſtellt, d. h. die Flaſche entladen. Dieſe beſitzt alſo vor und nach der Ladung immer die gleiche Geſammtmenge der elektriſchen Materie und ändert durch die Ladung nicht die Quantität, ſondern nur die Vertheilung. Unvergänglichen Ruhm als Phyſiker erwarb ſich jedoch Franklin durch die Erfindung des Blitzableiters. Er wurde darauf hingeführt durch die Ueberzeugung, daß der Blitz eigentlich nichts Anderes ſei, als ein ſehr mächtiger elektriſcher Funke. Nicht daß er der Erſte geweſen wäre, welcher dieſe Anſicht ausſprach, denn wie wir wiſſen, dachten ſchon Wall, Nollet und namentlich Winkler ebenſo, aber dieſe Anſicht fand erſt dann die verdiente Beachtung, als Franklin ſie nicht nur klar und deutlich ausſprach, ſondern auch Experimente zu ihrer Prüfung vorſchlug; es geſchah dies im Jahre 1750. Franklin ließ es jedoch vorläufig bei dem bloßen Vor- ſchlage des Experimentes bewenden. Der Ruhm, als Erſte dieſes Experiment wirklich angeſtellt zu haben, gebührt nach Poggendorff den Franzoſen Dalibard und Delor. „Dalibard hatte,“ erzählt Poggendorff, „zu Marly-la-ville, ſechs Stunden von Paris, eine 40 Fuß hohe Eiſenſtange mit ſeidenen Schnüren an Pfähle be- feſtigt, die ebenſo wie das untere Ende der Stange nicht vom Regen getroffen werden konnten. Während ſeiner Abweſenheit hatte er einen von ihm für den Ver- ſuch unterrichteten Wächter Namens Coiffier angeſtellt, und dieſer war es, der am 10. Mai 1752 Nachmittags, als ein heftiges Gewitter vorüberzog, mittelſt eines Drahtes die erſten Funken der vom Himmel herabgebrachten Elektricität aus der Eiſenſtange herauszog. Die Funken waren 1½ Zoll lang, rochen nach Schwefel und fuhren unter Kniſtern aus der Stange. Acht Tage darauf machte Delor in ſeinem Hauſe zu Paris denſelben Verſuch mit einer 99 Fuß hohen Eiſenſtange in Gegenwart des Königs Ludwig XV. und zu einer Zeit, wo zwar Gewitter- wolken am Himmel ſtanden, es aber weder blitzte noch donnerte.“ Franklin ging erſt im Juni des Jahres 1752 daran, die Richtigkeit ſeiner Anſicht experimentell zu prüfen, allerdings noch ohne von den in Frankreich unter- nommenen Verſuchen Kenntniß zu haben. Zu ſeinem Verſuche diente ihm ein be- kanntes Kinderſpielzeug, der fliegende Drache. Er verfertigte ſich einen ſolchen aus zwei gekreuzten Holzſtäben, die er mit einem ſeidenen Taſchentuche überkleidete. Der Kopf des Drachen trug eine lange eiſerne Spitze und wurde durch eine Hanf- ſchnur geführt, die unten an einen Schlüſſel geknüpft war. Von letzterem ging eine ſeidene Schnur aus, um ihn von der Hand zu iſoliren. So ausgerüſtet, gelang es ihm auf einem freien Felde bei Philadelphia in Geſellſchaft ſeines Sohnes, dem Schlüſſel Funken zu entlocken, als er den Drachen bei vorüber- ziehenden Gewitterwolken aufſteigen ließ. Im September desſelben Jahres errichtete er dann auf ſeinem Hauſe eine iſolirte Eiſenſtange und machte unter Vermittlung derſelben mit atmoſphäriſcher Elektricität die gleichen Experimente wie früher mit Hilfe der Elektriſirmaſchine. Er lud z. B. Kleiſt’ſche Flaſchen oder „zapfte den Blitz auf Bouteillen“.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/32>, abgerufen am 29.03.2024.