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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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zum Studium der Theologie, mußte jedoch wegen Mittellosigkeit diese Absicht
wieder aufgeben, und so nahm er den damals zehnjährigen Benjamin zu sich in
sein Geschäft. Der Widerwille, den aber Letzterer gegen die Seifensiederei zeigte, bewog
seinen Vater bereits nach zwei Jahren, einem älteren Bruder, der eine Buchdruckerei
besaß, den jungen Benjamin in die Lehre zu geben. Hier las er in seinen freien
Stunden mit einer wahren Leidenschaft und wurde dadurch angeregt, sich in
der Schriftstellerei zu versuchen. Das erste Resultat waren einige Balladen, die er
selbst zum Verkaufe in der Stadt herumtrug. Später schrieb er Artikel für die
von seinem Bruder herausgegebene Zeitung und übernahm schließlich auch die

[Abbildung] Fig. 3.

Benjamin Franklin.

Redaction des Blattes. Im
Jahre 1724 machte er seine
erste Reise nach London,
wo er das Nöthige zur
Einrichtung einer Druckerei
in Philadelphia einkaufen
wollte. Er führte jedoch
diesen Plan nicht aus,
sondern trat in die berühmte
Palmer'sche Druckerei ein.
Im Jahre 1728 errichtete
er endlich eine eigene
Druckerei, die er bald zu
einer sehr gedeihlichen Ent-
wicklung brachte. Nun
heiratete er auch die mit
ihm schon seit 1724 ver-
lobte Miß Read. Er ver-
größerte sein Geschäft, er-
richtete eine Buch- und
Papier-Handlung, ward
Gründer vieler humanitärer
Anstalten und betheiligte
sich überhaupt in hervor-
ragender Weise am öffent-
lichen Leben. Aus dieser
Zeit (um 1740) datiren
auch seine elektrischen Ver-
suche. Im Jahre 1753 wurde er zum Generalpostmeister aller englisch-
amerikanischen Colonien ernannt und nun faßte er den Gedanken einer Bundesver-
fassung und Vereinigung aller Colonien unter einer Centralregierung. Im Jahre 1757
trat er als pennsylvanischer Geschäftsträger seine zweite Reise nach England an und
führte als solcher die Regulirung von Steuerangelegenheiten auch zu einem befriedigenden
Ende. Im Jahre 1766 brachen in Philadelphia die Unruhen wegen der Stempelacte
aus, und Franklin ging neuerdings als Agent Pennsylvaniens und anderer Staaten
nach England. Hier vertrat er in energischer Weise die Rechte der Colonien,
wodurch er sich das Mißtrauen der englischen Regierung zuzog und seine General-
postmeisterstelle verlor. Im März 1775 finden wir ihn wieder in Philadelphia,
wo er, an der Spitze des Sicherheitsausschusses stehend, zuerst für die Unabhängig-

zum Studium der Theologie, mußte jedoch wegen Mittelloſigkeit dieſe Abſicht
wieder aufgeben, und ſo nahm er den damals zehnjährigen Benjamin zu ſich in
ſein Geſchäft. Der Widerwille, den aber Letzterer gegen die Seifenſiederei zeigte, bewog
ſeinen Vater bereits nach zwei Jahren, einem älteren Bruder, der eine Buchdruckerei
beſaß, den jungen Benjamin in die Lehre zu geben. Hier las er in ſeinen freien
Stunden mit einer wahren Leidenſchaft und wurde dadurch angeregt, ſich in
der Schriftſtellerei zu verſuchen. Das erſte Reſultat waren einige Balladen, die er
ſelbſt zum Verkaufe in der Stadt herumtrug. Später ſchrieb er Artikel für die
von ſeinem Bruder herausgegebene Zeitung und übernahm ſchließlich auch die

[Abbildung] Fig. 3.

Benjamin Franklin.

Redaction des Blattes. Im
Jahre 1724 machte er ſeine
erſte Reiſe nach London,
wo er das Nöthige zur
Einrichtung einer Druckerei
in Philadelphia einkaufen
wollte. Er führte jedoch
dieſen Plan nicht aus,
ſondern trat in die berühmte
Palmer’ſche Druckerei ein.
Im Jahre 1728 errichtete
er endlich eine eigene
Druckerei, die er bald zu
einer ſehr gedeihlichen Ent-
wicklung brachte. Nun
heiratete er auch die mit
ihm ſchon ſeit 1724 ver-
lobte Miß Read. Er ver-
größerte ſein Geſchäft, er-
richtete eine Buch- und
Papier-Handlung, ward
Gründer vieler humanitärer
Anſtalten und betheiligte
ſich überhaupt in hervor-
ragender Weiſe am öffent-
lichen Leben. Aus dieſer
Zeit (um 1740) datiren
auch ſeine elektriſchen Ver-
ſuche. Im Jahre 1753 wurde er zum Generalpoſtmeiſter aller engliſch-
amerikaniſchen Colonien ernannt und nun faßte er den Gedanken einer Bundesver-
faſſung und Vereinigung aller Colonien unter einer Centralregierung. Im Jahre 1757
trat er als pennſylvaniſcher Geſchäftsträger ſeine zweite Reiſe nach England an und
führte als ſolcher die Regulirung von Steuerangelegenheiten auch zu einem befriedigenden
Ende. Im Jahre 1766 brachen in Philadelphia die Unruhen wegen der Stempelacte
aus, und Franklin ging neuerdings als Agent Pennſylvaniens und anderer Staaten
nach England. Hier vertrat er in energiſcher Weiſe die Rechte der Colonien,
wodurch er ſich das Mißtrauen der engliſchen Regierung zuzog und ſeine General-
poſtmeiſterſtelle verlor. Im März 1775 finden wir ihn wieder in Philadelphia,
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[16/0030] zum Studium der Theologie, mußte jedoch wegen Mittelloſigkeit dieſe Abſicht wieder aufgeben, und ſo nahm er den damals zehnjährigen Benjamin zu ſich in ſein Geſchäft. Der Widerwille, den aber Letzterer gegen die Seifenſiederei zeigte, bewog ſeinen Vater bereits nach zwei Jahren, einem älteren Bruder, der eine Buchdruckerei beſaß, den jungen Benjamin in die Lehre zu geben. Hier las er in ſeinen freien Stunden mit einer wahren Leidenſchaft und wurde dadurch angeregt, ſich in der Schriftſtellerei zu verſuchen. Das erſte Reſultat waren einige Balladen, die er ſelbſt zum Verkaufe in der Stadt herumtrug. Später ſchrieb er Artikel für die von ſeinem Bruder herausgegebene Zeitung und übernahm ſchließlich auch die [Abbildung Fig. 3. Benjamin Franklin.] Redaction des Blattes. Im Jahre 1724 machte er ſeine erſte Reiſe nach London, wo er das Nöthige zur Einrichtung einer Druckerei in Philadelphia einkaufen wollte. Er führte jedoch dieſen Plan nicht aus, ſondern trat in die berühmte Palmer’ſche Druckerei ein. Im Jahre 1728 errichtete er endlich eine eigene Druckerei, die er bald zu einer ſehr gedeihlichen Ent- wicklung brachte. Nun heiratete er auch die mit ihm ſchon ſeit 1724 ver- lobte Miß Read. Er ver- größerte ſein Geſchäft, er- richtete eine Buch- und Papier-Handlung, ward Gründer vieler humanitärer Anſtalten und betheiligte ſich überhaupt in hervor- ragender Weiſe am öffent- lichen Leben. Aus dieſer Zeit (um 1740) datiren auch ſeine elektriſchen Ver- ſuche. Im Jahre 1753 wurde er zum Generalpoſtmeiſter aller engliſch- amerikaniſchen Colonien ernannt und nun faßte er den Gedanken einer Bundesver- faſſung und Vereinigung aller Colonien unter einer Centralregierung. Im Jahre 1757 trat er als pennſylvaniſcher Geſchäftsträger ſeine zweite Reiſe nach England an und führte als ſolcher die Regulirung von Steuerangelegenheiten auch zu einem befriedigenden Ende. Im Jahre 1766 brachen in Philadelphia die Unruhen wegen der Stempelacte aus, und Franklin ging neuerdings als Agent Pennſylvaniens und anderer Staaten nach England. Hier vertrat er in energiſcher Weiſe die Rechte der Colonien, wodurch er ſich das Mißtrauen der engliſchen Regierung zuzog und ſeine General- poſtmeiſterſtelle verlor. Im März 1775 finden wir ihn wieder in Philadelphia, wo er, an der Spitze des Sicherheitsausſchuſſes ſtehend, zuerſt für die Unabhängig-

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/30>, abgerufen am 29.03.2024.