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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

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Vorrede.
sey. Hierdurch lehne ich den Vor-
wurf selbst von mir ab, daß ich zu-
gleich wiederlegt und etwas neues er-
funden hätte, und folglich wird es
ohnedem klar seyn, daß ich mich noch
nicht zu einen solchen Philosophen wie-
derlegt habe, als wie es ietzo Mode
ist. Wie glücklich würde ich seyn,
wenn dieses geschähe! Meine Mei-
nung, welche schon so alt ist, würde
scheinen etwas von demienigen Ge-
heimnisse zu wissen, dessen sich die Ma-
thematick bedient, um ihr Leben zu
erhalten. Ob es nun gleich nicht an
dem wäre, so wäre doch dieser Jrr-
thum recht erwünscht vor mich; und
ich würde nimmermehr suchen, da-
durch ein neuer Philosoph zu werden,
daß ich iemanden diesen Jrrthum wie-
derlegte, und ihn zugleich des Gegen-
theils versicherte. Jndessen kan man
doch aus diesem allen sehen, warum
ich im Anfange dieser Vorrede gesagt
habe, daß ich zweifelhaft gewesen wä-
re, ob es rathsam sey, vom Einfluß
der Sele in den Körper seine Gedan-

cken

Vorrede.
ſey. Hierdurch lehne ich den Vor-
wurf ſelbſt von mir ab, daß ich zu-
gleich wiederlegt und etwas neues er-
funden haͤtte, und folglich wird es
ohnedem klar ſeyn, daß ich mich noch
nicht zu einen ſolchen Philoſophen wie-
derlegt habe, als wie es ietzo Mode
iſt. Wie gluͤcklich wuͤrde ich ſeyn,
wenn dieſes geſchaͤhe! Meine Mei-
nung, welche ſchon ſo alt iſt, wuͤrde
ſcheinen etwas von demienigen Ge-
heimniſſe zu wiſſen, deſſen ſich die Ma-
thematick bedient, um ihr Leben zu
erhalten. Ob es nun gleich nicht an
dem waͤre, ſo waͤre doch dieſer Jrr-
thum recht erwuͤnſcht vor mich; und
ich wuͤrde nimmermehr ſuchen, da-
durch ein neuer Philoſoph zu werden,
daß ich iemanden dieſen Jrrthum wie-
derlegte, und ihn zugleich des Gegen-
theils verſicherte. Jndeſſen kan man
doch aus dieſem allen ſehen, warum
ich im Anfange dieſer Vorrede geſagt
habe, daß ich zweifelhaft geweſen waͤ-
re, ob es rathſam ſey, vom Einfluß
der Sele in den Koͤrper ſeine Gedan-

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[0026] Vorrede. ſey. Hierdurch lehne ich den Vor- wurf ſelbſt von mir ab, daß ich zu- gleich wiederlegt und etwas neues er- funden haͤtte, und folglich wird es ohnedem klar ſeyn, daß ich mich noch nicht zu einen ſolchen Philoſophen wie- derlegt habe, als wie es ietzo Mode iſt. Wie gluͤcklich wuͤrde ich ſeyn, wenn dieſes geſchaͤhe! Meine Mei- nung, welche ſchon ſo alt iſt, wuͤrde ſcheinen etwas von demienigen Ge- heimniſſe zu wiſſen, deſſen ſich die Ma- thematick bedient, um ihr Leben zu erhalten. Ob es nun gleich nicht an dem waͤre, ſo waͤre doch dieſer Jrr- thum recht erwuͤnſcht vor mich; und ich wuͤrde nimmermehr ſuchen, da- durch ein neuer Philoſoph zu werden, daß ich iemanden dieſen Jrrthum wie- derlegte, und ihn zugleich des Gegen- theils verſicherte. Jndeſſen kan man doch aus dieſem allen ſehen, warum ich im Anfange dieſer Vorrede geſagt habe, daß ich zweifelhaft geweſen waͤ- re, ob es rathſam ſey, vom Einfluß der Sele in den Koͤrper ſeine Gedan- cken

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/26>, abgerufen am 25.04.2024.